Alle Busse stehen still
Ganz so schlimm wird es für die Fahrgäste nicht werden, wenn am morgigen Freitag die Busfahrer der Konstanzer Stadtwerke in einen eintägigen Warnstreik treten – zwei Linien werden vom Streik ausgenommen. Aber immerhin: Der von 04:50 Uhr früh bis Mitternacht anberaumte Streik dürfte für viele Berufstätige zum ernsten Problem werden, denn alle BusfahrerInnen in Konstanz wollen sich am Streik beteiligen: Zug und Fahrrad sind als Alternative für Fahrgäste angesagt.
Die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) Baden-Württemberg waren am Mittwoch ergebnislos vertagt worden. Ver.di-Verhandlungsführer Rudolf Hausmann betont aber, dass „die Verhandlungen noch nicht offiziell für gescheitert erklärt sind; beide Seiten trennten sich jedoch ergebnislos“. Daraufhin rief ver.di für Freitag zum Warnstreik auf: Neben Konstanz sind die Städte Heilbronn, Karlsruhe, Esslingen, Baden-Baden, Freiburg und Stuttgart betroffen. Nach Schätzungen der Gewerkschaft müssen sich Hunderttausende von Pendlern auf empfindliche Einschränkungen gefasst machen.
Für Konstanz gilt das besonders: „Denn alle Busfahrer werden sich an dem Streik beteiligen“, so Berthold Maier, Geschäftsführer im ver.di-Bezirk Schwarzwald-Bodensee. Das bestätigt Stadtwerke-Sprecherin Silke Rockenstein und empfiehlt den Fahrgästen, auf Fahrrad oder Zug umzusteigen. Einen Notfallplan haben die Stadtwerke nicht; die Stadtwerke wollten weiteren Tarifverhandlungen zwischen KAV und ver.di, so Silke Rockenstein, nicht vorgreifen und derzeit die Verhandlungen nicht kommentieren.
– Das Monatsbrutto liegt etwa zwischen 2.300 Euro und 2.540 Euro
– Mit Zulagen kommen die Fahrer auf maximal knapp 3.000 Euro brutto
– Berufsanfänger haben mit Zulagen nicht mehr als 2.700 Euro brutto
– Je nach Alter gibt es zwischen 26 und 30 Tagen Urlaub
– Die Regelarbeitszeit pro Woche beträgt 39 Stunden
Ausgenommen sind vom Streik nur zwei Linien: Der Bus 908 nach Kreuzlingen (weil die Stadt Kreuzlingen auch finanziell am Betrieb beteiligt ist) und die Linie 4, die den Verkehr eingeschränkt aufrecht erhalten wird (weil die SBG-Fahrer nicht zum Streik aufgerufen sind). Vom Warnstreik nicht betroffen ist zudem der Städteschnellbus nach Friedrichshafen sowie der Fähr- und Schiffsverkehr.
Für Berthold Maier ist der Streik längst überfällig: „Die Tarifabschlüsse während der Krise 2010 waren mit im Mittel 1,2 Prozent Lohnzuwachs unterdurchschnittlich schlecht. Deshalb muss in den laufenden Verhandlungen zum Manteltarifvertrag (MTV) bei den Arbeitsbedingungen nachgebessert werden.“ Und ein zweites, strategisches Ziel verfolgt die Landes-Gewerkschaft: Sie will einen Abschluss auf Landesebene und sich so vom Bundesergebnis abkoppeln. „Häufig schon haben wir erlebt, dass wir in Ba-Wü bessere Ergebnisse für unsere Mitglieder hätten herausholen können – das wollen wir jetzt nutzen“. Die aktuellen Tarifverhandlungen finden dann auch mit KAV auf Landesebene statt.
Die Gewerkschaft fordert dann auch kürzere Schichten, eine volle jährliche Sonderzahlung und 30 Tage Urlaub für alle Beschäftigten unabhängig vom Alter. Ein weiterer Streitpunkt sind die Zulagen für Pausen zwischen geteilten Schichten, wenn der Fahrer beispielsweise zwischen zwei Abfahrten warten muss – solche Wartezeiten wurden bislang nicht entlohnt. Diese Lücken von manchmal zwei oder drei Stunden sollen bezahlt werden, fordert ver.di.
Bei der Sonderzahlung, dem 13. Monatsgehalt, habe der KAV am Mittwoch nur 85 statt der geforderten 100 Prozent angeboten, berichtet Gewerkschafter Hausmann. Auch bei anderen Forderungen läge man „noch meilenweit auseinander“, so der ver.di-Verhandlungsführer. Man darf sich also auf einen Tarifstreit bis in den Herbst – die nächste Verhandlungsrunde steht für den 14. September an – einstellen. Und wir Fahrgäste dürfen mit weiteren Streikausfällen rechnen.
Autor: hpk