Christliche Heuchler und Denunzianten auf dem Vormarsch
Die Konstanzer Stadträte Wolfgang Müller-Fehrenbach und Roger Tscheulin von der CDU-Altherrenriege haben zur Zeit wenig zu tun. Um wieder mal auf sich aufmerksam zu machen, nehmen sie die Initiative „Freiburg ohne Papst“ (FoP) ins Visier. Nicht ohne Grund: Denn unter den prominenten Unterstützern haben sie den Konstanzer Grünen-MdB Till Seiler entdeckt. Es gilt, das nächste Sommerloch zu füllen. Diesmal mit Jauche aus dem Rückhaltebecken ewig Gestriger.
Die kirchenkritische Initiative FoP will nicht einsehen, dass der Steuerzahler für den Besuch von Josef Ratzinger, der am 24. und 25.9 Freiburg besucht, auch noch blechen soll. Mindestens fünf Millionen Euro Mehrkosten entstehen alleine für die Sicherheitsvorkehrungen der baden-württembergischen Polizei. Andere FoP-Unterstützer protestieren gegen den Besuch des Papstes, weil dieser ihrer Meinung nach für eine „menschenfeindliche Geschlechter- und Sexualpolitik“ steht. In Ratzinger sehen sie zudem einen der „Hauptverantwortlichen für die Unterdrückung von Lesben, Schwulen und Transgender in der ganzen Welt“. An diesen Fakten gibt es auch gar nichts zu rütteln, denn die rechtliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare bezeichnete der rechtslastige, katholische Hardliner aus dem Vatikan als „Legalisierung des Bösen“.
Unlängst haben die CDU-Räte Fehrenbach und Tscheulin unter den FoP-Unterstützern den neuen MdB Till Seiler ausgemacht. Hatte der sie nicht schon während seiner Zeit als Stadtrat der Konstanzer FGL mehrmals auf die schwarze Palme getrieben? Also setzten sie sich zusammen, formulierten einen Brief an den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und forderten ihn auf, sich von seinem Parteikollegen zu distanzieren. Seiler, so die CDU-ler unter anderem, bezeichne Ratzinger als Unterdrücker der Menschenrechte. So ginge das nun wirklich nicht und außerdem verletze die FoP mit ihrer Außendarstellung (das Freiburger Münster wird mit einem übergestülpten Kondom verziert) die religiösen Gefühle vieler Katholiken. Ein ähnliches Geschwurbel sonderte Müller-Fehrenbach vor fast einem Jahr ab, als es darum ging, Lenks Päpstlein aus dem Konstanzer Bahnhof zu schaffen.
Nun könnte man gelangweilt zur Tagesordnung übergehen, aber hinter der Attacke von Fehrenbach und Tscheulin stecken ziemlich widerwärtige Bösartigkeiten, die mit einem christlichen Weltbild, das die beiden vor sich hertragen, nur wenig zu tun hat. Scheinheilig lassen sie über den „Südkurier“ verlauten, Till Seiler habe sich durch seine FoP-Unterstützung als Pädagoge erneut disqualifiziert. Sie spielen dabei auf seine ironisch-flapsige und auch unnötige Bemerkung in einer Abizeitung an, in der Seiler erklärte, nervige Schüler, Kollegen und Eltern könne man erschießen. Hinter diesem Hinweis der beiden empörten Konservativen steckt Denunziantentum der übleren Art. Sollte Seiler irgendwann in den Schuldienst zurück kehren wollen, was er für vorstellbar hält, dann sei dem schon mal ein Riegel vorgeschoben.
Müller-Fehrenbach und Tscheulin sollten ehrlich sein, auch wenn es ihnen schwer fällt. Die Aufforderung an Kretschmann, er möge seinen Parteikollegen in den Senkel stellen, könnte erst der Anfang sein für ihre billige Anti-Seiler-Kampagne. Dass ein bekennender Schwuler und Papstkritiker eventuell in zwei Jahren wieder in den Schuldienst zurück kehrt, passt den Denunzianten wohl auch nicht. Sagen würden sie das so erstmal nicht. Noch nicht. Anschwärzen könnte man den forschen Seiler ja auch anderweitig, da ist noch viel Luft nach oben. Während der Sommerpause wird dem Duo fatale schon noch was einfallen.
Vorab könnten sie aber eine Frage beantworten, die der Psychologe und Kabarettist Josef Wermuth in seinem Programm zu stellen pflegt: Wie nahe muss ein Hundehaufen an einer Kirche liegen, um als Heiliger Stuhl zu gelten? Strengen Sie sich an, meine Herren.
Autor: H.Reile
Nachtrag: seemoz hat sich ebenfalls der Aktion von FoP angeschlossen. Verkünden dürfen wir heute schon, dass es uns gelungen ist, den bundesweit bekannten Kirchenkritiker Carsten Frerk nach Konstanz zu holen. Der genaue Termin wird noch bekannt gegeben.
@ Dietrich von Bern
Dieses typische Gutmenschen-Gelaber geht mir so langsam echt auf den Zeiger! Auf SK-online können Sie Ähnliches seitenweise lesen – es nervt nur noch. Zum Mitschreiben: EINE ABI-ZEITUNG IST KEIN MANIFEST und eine unbedachte ironische Bemerkung mit dem Thema Winnenden zu verknüpfen ist das Hinterletzte!!
Ich habe Till Seiler in zwei Pol.-Wiss. Seminaren an der Uni KN (die ich zeitgleich mit ihm besuchte) erlebt – Till ist durch und durch grün, menschenfreundlich und engagiert – bei Aktionen, die andere meiden, weil sie mit Arbeit verbunden sind, bringt er sich ein.
Ich hätte in einem Interview für eine Abi-Zeitung auf die selbe Frage auch gesagt: Nervige Schüler? Die gehören auf den Mond geschossen – und nichts anderes hat Till gemeint. Hören Sie doch endlich auf mit ihren blödsinnigen Konstruktionen – die nur das Ziel haben, jemanden zu demontieren, den sie nicht kennen und der das nicht verdient.
Seemotz:
„Sie spielen dabei auf seine ironisch-flapsige und auch unnötige Bemerkung in einer Abizeitung an, in der Seiler erklärte, nervige Schüler, Kollegen und Eltern könne man erschießen.“
Nur unnötig ? Da sollte Seemotzreile wohl besser mal die grünen Kollegen von Till Seiler zitieren:
„Doch der grüne Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Konstanz, Siegfried Lehmann, hat umso mehr zu sagen. Auch er ist Lehrer. „Ich hätte so etwas nie geschrieben, denn als Lehrer hat man eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion“, sagt Lehmann. Nach dem Amoklauf in Winnenden war er in einem Sonderausschuss und hat mit vielen betroffenen Schülern und Lehrern gesprochen. „Ich bin bei diesem Thema sehr sensibilisiert. Die Gesellschaft ist in vielen Bereichen heute verroht. Da brauchen Schüler besondere Aufmerksamkeit, vor allem durch Lehrer“, meint Lehmann.“
Nur unnötig ? Beim Thema erschiessen und Schule ?
Ach Reile, sie kleiner Sommerloch Polemiker:) soviel Grosszügigkeit lassen doch sonst bei anderen nicht gelten ?
werter kollege lichtwald,
gibt es eine erklärung/übersetzung für ihren letzten satz? wäre ja spannend, sie würden unseren leserInnen erklären, was die sed mit der aktuellen diskussion zu tun hat. meines wissens war ratzinger nie in der sed, aber in jungen jahren in der hj. haben sie da was verwechselt?
grüße
h.reile
Zwischen christlicher Toleranz und einem bösen Feindbild gibt es viele Schattierungen. Damit sollte man leben können. Ich gehöre zu den ungläubigen Ratzingers, also zu den Evangelen. Das ist aber für mich kein Grund, Andersdenkende zu denunzieren: Rosa Luxemburg wollte das auch nicht die SED?
Weshalb sollte die Stadt Freiburg gezwungen werden einen Kredit von 5 Mio. Euro für den Besuch einer Person aufzunehmen, welche die überwiegende Mehrheit der Freiburger aus genannten Gründen nicht mag? Ihn abzulehnen ist ihr gutes Recht. Ich lade in meine Wohnung auch niemand ein, den ich lieber von hinten als von vorn sehe.
Ich schließe mich ausnahmsweise mal unserer herzallerliebsten Angela an, die da letztens sagte: Das C in der Abkürzung CDU steht nicht nur für christlich, sondern hauptsächlich und überwiegend für Conservativ. Dies ist vermutlich die neue Bezeichnung für Erzkonservativ https://secure.wikimedia.org/wikipedia/de/wiki/Konservatismus .
Die Wahrung veralteten Gedankengutes hat übrigens noch nie eine Revolution bewirkt, sondern lediglich ausgelöst.
Da sitzt endlich mal ein echter Typ im Bundestag, der eben nicht den wachsweichgespülten und pseudogrünen Mainstream-Clown macht, sondern sich über das Absitzen hinaus engagiert, schon wittert die CDU Verrat am gemeinschaftlich vereinbarten Kohle abholen und Klappe halten. Wenn Meister Roger Proper und Thilo Müller-Fehrenbach auch sonst nichts auf die Reihe kriegen, das mit der Selbstentlarvung als blamabel schlechte Verlierer klappt noch. Respekt und Halleluja, sag i!
Die Konzilparty naht! Irgendein Opfer muss man sich halt zurechtdenunzieren. So sind die christlichen Heuchler nun mal. Sabbernd und geifernd dem politischen Gegner vermeintliche Kacke ans Zeug flicken und gleichzeitig selber den Saubermann spielen. Was für Blender!