Linke werfen OB Burchardt Rechtsbruch vor
(red) Diese Woche hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung, der erneut in den Bundestag will, im Rahmen seiner Wahlkampftour zum „Bürgergespräch“ über die Innere Sicherheit geladen. Mit auf dem Podium saß aber auch der Konstanzer CDU-OB Burchardt. Linke Liste und Linkspartei werfen ihm deswegen „Rechtsbruch“ vor – hier die Medien-Mitteilung im Wortlaut:
Mit großer Irritation haben wir zur Kenntnis genommen, dass der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt auf Einladung des lokalen Bundestagskandidaten Andreas Jung am 8. August auf einer Wahlkampfveranstaltung der CDU aufgetreten ist, bei der es um die Zusammenarbeit von Bund, Land und Kommunen in Fragen der staatlichen Sicherheitspolitik ging.
Sowohl der CDU-Kandidat als auch der Oberbürgermeister haben damit gegen den verfassungsrechtlichen „Grundsatz der freien Wahl“ (Art. 38 Abs. 1 Satz 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen, nach dem „der Wähler in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung ohne jede unzulässige Beeinflussung von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite zu seiner Wahlentscheidung“ finden können muss. Das Gebot der freien Wahl untersagt es demnach staatlichen und gemeindlichen Organen – also auch Oberbürgermeistern –, sich in amtlicher Funktion vor Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlbewerberinnen und Wahlbewerbern zu identifizieren und sie als Amtsträger zu unterstützen oder zu bekämpfen.
Mit seiner Teilnahme an der CDU-Veranstaltung haben Oberbürgermeister Burchardt und sein Einlader Jung klar gegen diesen Grundsatz verstoßen. Dass ein solcher Rechtsbruch begangen wurde, um ausgerechnet beim Thema „Innere Sicherheit“ punkten zu können, wirft kein gutes Licht auf das Verhältnis der Beteiligten zu geltendem Recht und Gesetz. Es ist allerdings nicht das erste Mal, dass die Union auf juristische Vorbehalte pfeift, um den Bürgerinnen und Bürgern die Einschränkung von Schutz- und Freiheitsrechten als angebliches Patentrezept für „größtmögliche Sicherheit“ (Jung in der Einladung) zu verkaufen.
Anke Schwede, Holger Reile (Stadträte Linke Liste Konstanz)
Simon Pschorr (Bundestagskandidat DIE LINKE Konstanz)
…übrigens tritt Sigmar Gabriel nicht in seiner Funktion als Bundesminister des Auswärtigen bei einer Wahlveranstaltung der SPD auf, sondern als MdB oder Mitglied im Bundesvorstand der SPD (ist er das überhaupt?), sonst gälte für ihn genau das gleiche wie für Uli Burchardt (Stichwort „Amtsträger“)
Bürgermeister und öffentliche Einrichtungen müssen sich in Wahlkämpfen neutral verhalten. Das gilt für alle Amtsträger im Kreis Konstanz, nur für einen offensichtlich nicht: den Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt. Burchardt war auf einer Wahlveranstaltung des CDU-Abgeordneten Andreas Jung aufgetreten, zu der ausschließlich CDU-Politiker als Referenten geladen waren. Jung sitzt seit 12 Jahren im Bundestag und ist Südbaden-Boss seiner Partei . Wenn es einen gibt, der demokratische Regeln im Wahlkampf kennen müsste, dann er. Warum hält sich die CDU nicht daran? Darauf kann es nur zwei Antworten geben: Die Einladung an den Konstanzer OB war entweder unprofessionell oder eine unfaire Wahlkampfaktion.
@Christel Thorbecke: Ja, meistens schmeckt es beiden.
Ich bekenne mich schuldig! Im Rahmen meines Wahlkampfs zur Bundestagswahl 2005 als Direktkandidat der Grünen (lang ist’s her) hat der damalige OB Horst Frank eine Podiumsdiskussion zur Europapolitik mit dem damaligen Grünen Parteivorsitzenden Reinhard Bütikofer moderiert. Horst Frank hat den Auftritt wie Uli Burchardt heute nicht dazu genutzt, in „amtlicher Funktion“ zur Wahl einer Person oder Partei aufzurufen. Damals gab es übrigens keinerlei Kritik. Ich finde es ärgerlich, dass Diskussionen um juristische Spitzfindigkeiten ablenken vom eigentlichen poltitischen Problem: Andreas Jung und die CDU tragen offenbar aus wahltaktischen Motiven dazu bei, Kriminalitätsfurcht noch weiter zu verbreiten, die in unserer Region ohnehin weit höher ist als die reale Kriminalität (unabhängig von schrecklichen Einzelereignissen wie zuletzt im „Grey“). Kriminalitätsfurcht wiederum führt zum Abbau von Bürgerrechten und zur Suche nach Sündenböcken (vgl. Flüchtlingsdebatte).
Das „G`schmäckle“, Herr Riehle, könnte aber auch andersherum wehen. Unser streitbarer OB hat sich ja nicht nur Freunde in der Stadt geschaffen und so gesehen könnte sich vielleicht eher Herr Jung fragen, ob es klug war, ausgerechnet Herrn Burchardt in diesen für Konstanz kritischen Zeiten für seinen Wahlkampfauftritt einzusetzen.
Das sollte man nicht so eng sehen. Die Leute hören zu und machen sich ihre eigenen Gedanken. Das ist doch gut so.
Die Argumentation der linken Stadträte und des Bundestagskandidaten ist gut geführt. Sie orientiert sich klar an den Gesetzestexten und belegt durch deren Eindeutigkeit, dass hier zumindest der Verdacht im Raum steht, dass sich der Oberbürgermeister, der in seiner Position ja nicht nur als Vertreter der Legislative, sondern vor allem auch der Exekutive gelten dürfte, nicht ganz korrekt verhalten haben könnte. Denn eine klare Trennung seiner Aufgaben ist kaum möglich, vor allem nicht, wenn er als Oberbürgermeister undifferenziert in Personalunion auftritt, was ja in diesem Falle sogar gewünscht gewesen sein dürfte, bei einem Thema, das vornehmlich auch die Verwaltung ansprechen sollte. Insofern bleibt auch hier dieses dauernde „G’schmäckle“…