Burchardt widerspricht eigener Anordnung
Diese Wahlkampfhilfe stößt den Linken in Konstanz immer noch auf: Gemeinsam plädierten OB Burchardt und MdB Jung (beide CDU) auf einer öffentlichen Veranstaltung für mehr Videoüberwachung und eine Aufstockung von Ordnungskräften – so wird diffuse Kriminalitätsangst ausgenutzt. Dass Uli Burchardt mit diesem Auftritt nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen eigene Vorgaben verstieß, ärgert die Linke besonders, wie aus ihrer Medienmitteilung hervorgeht.
Was auch immer den Konstanzer Oberbürgermeister dazu bewogen hat, seinem CDU-Parteifreund Andreas Jung im Wahlkampf zur Seite zu springen, Unkenntnis über die Rechtslage kann es nicht gewesen sein. Denn Uli Burchardt höchstpersönlich richtete schon am 10. Mai einen Brief an die Führungskräfte der Stadtverwaltung und der städtischen Eigenbetriebe, in dem er seine Spitzenleute mit Blick auf die Bundestagswahl auf die „Neutralitätspflicht und (das) Gleichbehandlungsgebot im Vorfeld der Wahlen“ hinwies, die „ab sofort in allen Dienststellen zu beachten“ seien. In dem persönlich von ihm unterzeichneten Schreiben heißt es dazu wörtlich:
„Zur Wahrung der Neutralität der Stadtverwaltung gegenüber politischen Parteien und Gruppierungen sind alle städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab sofort gehalten, vor der Bundestagswahl nicht mehr in dienstlicher Eigenschaft (Hervorhebung im Original) als Rednerin/Redner oder Auskunftsperson an Veranstaltungen politischer Parteien und Vereinigungen teilzunehmen.“
Der CDU-Bundestagskandidat Jung hatte Burchardt am 9.8. jedoch ausdrücklich in ebenjener „dienstlichen Eigenschaft“ als Konstanzer Oberbürgermeister aufs Podium gebeten, als kommunalen Fürsprecher für die von ihm geforderte verschärfte Gangart auf dem Feld der „Inneren Sicherheit“.
Denn obschon alle statistischen Werte belegen, dass von Sicherheitsdefiziten in den Städten und Gemeinden am See ernsthaft nicht die Rede sein kann, will die CDU eine auch in der Region verbreitete diffuse Kriminalitätsangst ausnutzen: Sie propagiert mehr Videoüberwachung und eine Aufstockung von Ordnungskräften. Mit OB Burchardt, der erst jüngst einen „Kommunalen Ordnungsdienst“ gegen erheblichen Widerstand im Gemeinderat durchgesetzt hatte, kann sie einen prominenten Befürworter dieser harten Linie präsentieren. Die damit verbundene Einschränkung von Bürgerrechten schert die Konservativen ebenso wenig wie die Gefahr einer verstärkten Stigmatisierung von als Störfaktor betrachteten Randgruppen, die nicht ins eigene Weltbild passen.
Das Verhalten des Oberbürgermeisters ist doppelt zu kritisieren. Nicht nur macht Burchardt damit deutlich, dass er bei der Lösung von Problemen im öffentlichen Raum vornehmlich auf administrativ-repressive Maßnahmen setzt; der OB meint zudem, sich im Wahlkampf selbstherrlich über geltendes Recht hinwegsetzen zu können, dessen Einhaltung er bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schriftlich angemahnt hat. Die Linke Liste prüft Schritte gegen diesen Rechtsverstoß.
Anke Schwede, Holger Reile (Stadträte Linke Liste Konstanz)
Simon Pschorr (Bundestagskandidat DIE LINKE Konstanz)
@Christel Thorbecke,
…zu glauben dass das Personal mal endlich die Initiative ergreift sich über den „Chef“ zu äußern wird wohl leider ein Wunsch bleiben, bei diesem (Ober Bürger) Meister, leider….
Skandalös
Im letzten Artikel über die gleiche Sache fehlte die Information über den Brief des OB an das städtische Personal, aus dem jetzt zitiert wird. Das jedoch wirft für mich ein schärferes Licht auf den Auftritt des OB beim Bundestagskandidaten. Dachte ich damals noch, diese Teilnahme könnte man auch ironisch beurteilen, nämlich auch als Eigentor, so ändert das die Sachlage total.
Es ist nicht möglich, dass der Chef eines Kollegiums ausdrückliche Anweisungen gibt, die er selbst nicht einhält. Das ist skandalös. Und zeugt nicht gerade von Führungsqualität. Was sagt das Personal dazu?