Wie groß darf das Pflegeheim Zoffingen werden?
Kurz vor der endgültigen Abstimmung in der heutigen Sitzung des Gemeinderates (GR) melden sich Befürworter und Kritiker noch einmal zu Wort: Der Stadtseniorenrat spricht sich deutlich für das Heim in der Niederburg aus – für die Interessen-Gemeinschaft „Zukunft Zoffingen“ warnt Hartmut Lingner, durchaus ein Fachmann, vor „den alle Dimensionen sprengenden Anbau.“ Und Alternativen nennt er auch.
Hartmut Lingner zitiert in seinem Brief, der vorgestern an alle GR-Fraktionen sowie an das Baudezernat und die Presse ging, aus einer Studie der Schweizer Beratungsgesellschaft OrgaVisit, wonach „ein nennenswerter Zusammenhang zwischen der Größe von Pflegeheimen und den Kosten sowie der Effizienz nicht nachgewiesen werden kann.“ (s. dazu auch den Link am Artikelende). Er widerspricht damit dem Caritas-Chef Andreas Hoffmann, der immer wieder argumentiert, ein Pflegeheim Zoffingen müsse über 104 Pflegeplätze verfügen, ergo brauche es den massigen Anbau, um wirtschaftlich betrieben werden zu können.
„Alternativen prüfen“
Die Gegenposition der Interessen-Gemeinschaft „Zukunft Zoffingen“: Laut Gesundheits-Berichterstattung des Bundes liege aber die durchschnittliche Anzahl der verfügbaren Plätze für vollstationäre Dauerpflege in stationären Pflegeeinrichtungen derzeit bei nur 63 Plätzen.
Klar ist demnach für Hartmut Lingner, dass auch ein kleineres Pflegeheim in der Niederburg gebaut und wirtschaftlich betrieben werden könnte. Und er regt an zu prüfen, ob nicht eine Aufteilung der Pflegeplätze möglich sei, indem außer dem umgebauten Schulgebäude weiterhin noch eine kleinere Einheit von Pflegeplätzen im Marienhaus beibehalten werden könnte.
Stadtseniorenrat unterstützt die Caritas-Pläne
Ganz anders sieht das der Konstanzer Stadtseniorenrat. Sein Sprecher Hans-Peter Klauda hat einen Leserbrief an den Südkurier formuliert, in dem er eindeutig Position bezieht. Bislang ist diese Stellungnahme nicht veröffentlicht worden, was seemoz an dieser Stelle nachholt:
„Es gehört zu den in unserer Satzung festgelegten Aufgaben, die Schaffung von Pflegeplätzen zu fördern und zu unterstützen.
Heute leben in Baden-Württemberg rund 21% der Pflegebedürftigen in Heimen. Unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung unserer Bevölkerung ist klar vorherzusehen, dass weiterer Bedarf an Heimpflegeplätzen entstehen wird.
Der Stadtseniorenrat unterstützt ausdrücklich die Pläne der Caritas, das Kloster Zoffingen zu pachten und Pflegeplätze zu errichten. Dass dazu im Marienhaus nach der Verlagerung Plätze für Betreutes Wohnen entstehen, ist ebenso begrüßenswert.
Die vorliegenden Umbau- bzw. Neubaupläne sind aus unserer Sicht gut durchdacht und sehr sensibel an den Standort in der Niederburg angepasst.
Mit der Verwirklichung des Projektes wird für viele Konstanzer Senioren der Wunsch erfüllt, in der Stadtmitte und nicht irgendwo am Rande den Lebensabend – wenn es schon sein muss – im Pflegeheim zu verbringen.
Sollte das geplante Projekt scheitern, sind wir in großer Sorge, dass auf Grund der Altersstruktur in unserer Stadt bald Hunderte von Pflegeplätzen fehlen werden.
Stadtseniorenrat Konstanz
Hans-Peter Klauda“
hpk
Dass Herr Klauda die Caritas-Pläne für „sensibel an den Standort in der Niederburg angepasst“ hält, mag daran liegen, dass die Caritas mit falschen Informationen arbeitet: Die Visualisierungen, die den zukünftigen Zustand zeigen sollen, sind aus mindestens 3 Fotos (erkennbar an in unterschiedliche Richtung fallenden Schatten) zusammengestzt. Durch die so erreichten, nicht der Realität entsprechenden perspektivischen Verschiebungen, entsteht ein völlig daneben liegender Eindruck von Weite, den es so nicht einmal jetzt, ohne den geplanten Betonklotz gibt!
Ansonsten ist Herrn Klauda grundsätzlich zuzustimmen: Die Schaffung von Pflegeplätzen ist ohne Frage zu fördern. Allerdings sollte auch der Kreisseniorenrat sich die Frage stellen, ob es allein um die Zahl der Plätze geht, oder ob nicht auch Qualität gefordert werden sollte: Auch wenn ich als Anwohner es (in kleineren Ausmaßen!) für wünschenswert halte – ist ein Pflegeheim in der Niederburg, deren enge, ansteigende und gepflasterte Straßen den Bewohnern die nahe Innenstadt unerreichbar machen, optimal? Wenn die beschränkte Außenfläche dann auch noch durch einen Betonklotz ungeheuren Ausmaßes zugebaut wird, möchte ich da nicht wohnen.
Auch über den erwähnten Vorteil kleinerer Pflegeheime sollts sich der Kreisseniorenrat Gedanken machen