„… mit sonnigen und windarmen Grüßen“
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Gestern veröffentlichte seemoz den „Offenen Brief“ der grünen Kreistagsfraktion zur Auseinandersetzung um das Windkraftprojekt „Chrooberg“, heute antwortet Christoph Vestner für die Bürgerinitiative Landschaftsschutz Schienerberg, die von den Grünen vehement angegriffen worden war. Auch Vestner teilt in seinem Schreiben heftig aus und erspart uns auch einige Unwahrheiten nicht. Aber urteilen Sie selbst:
Sehr geehrte Frau Dr. Overlack,
in alarmistischem Ton und mit der ihnen eigenen Faktenresistenz greift die Grüne Kreistagsfraktion in ihrem Offenen Brief vom 14.10.2017 unsere Bürgerinitiative Landschaftsschutz Schienerberg an. Mit Verdrehungen und falschen Behauptungen wird versucht, unser Engagement für eine sinnvolle Energiewende zu diskreditieren. Wir pflegen keine „grundsätzliche Verhinderungskultur“, wie die Grünen behaupten. Vielmehr unterstützen wir jede Form nachhaltiger Energieerzeugung, sofern sie Rücksicht auf Natur, Landschaft und Menschen nimmt. Diese Werte werden wir – im Interesse unser Kinder und Enkel – auch weiterhin gegen die unheilige Allianz aus Energiekonzernen, Grünen und Subventionsgewinnlern verteidigen. Es ist in diesem Zusammenhang sehr aufschlussreich, dass der Offene Brief der Grünen von Prof. Luick unterzeichnet wurde. Dieser Herr ist Aufsichtsratsvorsitzender der Solarcomplex AG, hat also persönlich ein großes finanzielles Interesse am Bau des Windparks Chroobach. Sind wir im Kreis Konstanz auf dem Weg zu sizilianischen Verhältnissen?
Offensichtlich sind den Grünen einige Tatsachen zum Chroobach entgangen: Der Windpark wird auf derselben bedeutenden Vogelzugroute liegen, an der erst im September der Windpark Kirnberg gescheitert ist. Die Brutdichte des windkraftempfindlichen Rotmilans am Chroobach ist so hoch, dass eine Genehmigung bei uns ausgeschlossen wäre (übrigens aufgrund von Artenschutz-Richtlinien der Grünen Landesregierung!). All das sind doch eigentlich urgrüne Anliegen! Ist es nicht grotesk, dass wir Bürger den Naturschutz jetzt ausgerechnet gegen die Grüne Kreistagsfraktion verteidigen müssen?
Doch der Naturschutz ist nicht das einzige Problem des Chroobach-Projekts: Der Tourismus und somit die regionale Wirtschaft werden geschädigt. Der Klosterinsel Reichenau droht wegen der drastischen Landschaftsveränderung womöglich die Aberkennung des UNESCO-Weltkulturerbe-Titels. Anwohner werden belastet, weil Lärmschutzstandards nicht eingehalten werden, der Mindestabstand zum nächsten Wohngebäude viel zu gering ist (450 Meter) und Immobilien an Wert verlieren werden.
Die gigantischen Chroobacher Industrietürme sollen mitten im Wald gebaut werden. Durch die umfangreichen Waldrodungen wird also CO2 freigesetzt, kann später beim Betrieb aber kaum eingespart werden. Grund: Der Anteil fossiler, klimaschädlicher Stromerzeugung liegt in unserer Region bei unter 6%.
Auch sollten die Grünen endlich die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass die Windenergie im Südwesten wegen ihrer Wechselhaftigkeit die saubere, landschaftsschonende Wasserkraft nicht etwa ergänzt, sondern sie kannibalisiert; bei optimalem Wind müssen nämlich die Wasserkraftwerke am Rhein zum Ausgleich ihren Betrieb reduzieren. Das ist paradox und zeigt, wie widersinnig der Ausbau von Windenergie in unserer Region ist.
Apropos Wasserkraft: Erneuerbare Energien (ganz überwiegend regionale Wasserkraft vom Rhein) decken schon heute rund 60% unseres regionalen Strombedarfs. Das ist deutschlandweit vorbildlich! Wir sind also keineswegs das Schlusslicht, wie die Grünen fälschlich behaupten (Belege für alle unsere Aussagen findet man auf unserer Homepage). Trotz dieser schon heute hervorragenden Zahlen befürworten wir den weiteren Ausbau nachhaltiger Energieformen in unserer Heimat, allerdings angepasst an die lokalen Gegebenheiten. So ist der Bodenseeraum nachweislich eine der windärmsten aber sonnenreichsten Gegenden Deutschlands. Windenergie macht daher hier wenig Sinn, die Nachteile überwiegen eindeutig. Die Nutzung von Sonnenenergie sollte dagegen verstärkt werden, ähnliches gilt für Erdwärme. Höchste Priorität hat aber die Energieeinsparung, denn am umweltschonendsten ist die Energie, die gar nicht erst erzeugt werden muss.
Konkrete Initiativen in diesem Sinne unterstützen wir gerne und hoffen, dass die Grünen ihre ideologische Fixierung auf die Windkraft bald überwinden und den Weg für sinnvolle Alternativen freimachen, die Natur, Landschaft und Menschen schonen. So können wir „der nächsten Generation noch lebenswerte Existenzgrundlagen hinterlassen“, wie die Grüne Kreistagsfraktion es zu Recht formuliert.
Sonnige und windarme Grüße vom Schienerberg
Christoph Vestner
Kann mir mal jemand auf die Sprünge helfen? Ich verstehe nicht, inwiefern Windräder bei Hemishofen (Chroobach) die Einstufung der Reichenau als Weltkulturerbe gefährden sollten. Die Distanz zwischen Reichenau und Chroobach scheint mir jetzt doch entschieden zu gross, als dass Windräder – auch wenn sie 200 Meter hoch werden – die Reichenauer Klosteransichten beeinträchtigen könnten.
@Martin Fehringer
„Seemoz beteiligt sich leider nur mit Ideologien anstatt mit Fakten:
Das Aus für den Kirnberg hat bewiesen, dass auch dort wenig Wind weht.“
Allein schon die (ich unterstelle beabsichtigte) Verwechslung von Ursache und Auswirkung stellt Ihnen ein Armutszeugnis aus. Nimmt man noch die – blindwütige – „Argumentation“ und die Fehler darin dazu, ergibt das ein erbärmliches Bild. Das erbärmliche Bild einer Lobby, die den Anblick von Windrädern nicht verkraften kann, aus welchen Gründen auch immer.
Seemoz beteiligt sich leider nur mit Ideologien anstatt mit Fakten:
Das Aus für den Kirnberg hat bewiesen, dass auch dort wenig Wind weht. Es gibt für beide Fälle kein Windgutachten. Das hat der Projektierer Solarcomplex AG sich gespart. Der Windmessmast, der mal auf dem Schienerberg stand, stand zu kurz und hat damit nicht den Standard des Bundesverbandes Windenergie BWE entsprochen. Warum wohl werden die Steomerträge von Veranfohren nicht wie angekündigt veröffentlicht. Der Tourismus am Untersee wird leiden. Bisher hat er geboomt. Die Vogelwarte in Möggingen hat schon beim Kirnberg bewiesen, dass der Rotmilan und Zugvögel über den Kirnberg in Massen fliegen. Das ist über dem Schienerberg/Chroobach nicht anders. Die Waaserkraftwerke am Hochrhein müssen immer mehr abgeregelt werden. Wirtschaftliche Speicher gibt es für EFH und kleinere MFH jetzt schon. Für Windkraft nicht. Die Winddaten vom Kirnberg weisen Werte von deutlich weniger als 75% gegenüber dem Windatlas BW auf:3,48m/s Durchschnitt der Tageshöchstgeschwindigkeiten!
Die Mehrzahl der Bürger will die Energiewende, aber nicht für 24 Mrd€ pro Jahr; NETZENTGELTE steigen zum 1.1. um 16%; Flächen auf Dächern sind versiegelt; Solaratlas BW zeigt die Potenziale zu jedem auf: Potential riesig; es gibt im Landkreis bereits mehrere autarke Gewerbebetriebe z.B. Gottmadingen und Engen Wir brauchen keinen Flatterstrom, sondern Grundlast. Die geht mit EE nur mit Speichern. Steißlingen versorgt sich seit 10 Jahren mit Strom aus Wasserkraft vom Hochrhein und Schwarzwald; endlich darf ein privater Investor nach 7 Jahren Wartezeit in einer ehemaligen Kiesgrube endlich seinen Solarpark bauen, damit hat Steißlingen allein aus Solar rund 10,5 Gwh bei einem Bedarf von rund 15Gwh; Wer braucht da Windkraft; für den Solarpark hat eine Bürfergruppe Jahre hat gekämpft und musste von den Regierenden einiges ertragen
Ja, Sonne und Temperaturen meinen es gerade gut mit unserem schönen Landstrich hier am Untersee: Wahrhaft goldenes Oktoberwetter, das wir allerdings Hurrikan Ophelia zu verdanken haben, dessen Wucht große Verwüstungen in Irland anrichtete, die jüngsten Waldbrände in Spanien und Portugal begünstigte und über 40 Todesopfer forderte … Und es ist gar nicht so unwahrscheinlich, dass wir hier im Südwesten von der Klimaerwärmung sogar profitieren werden – zumindest eine gewisse Zeit: Mittelmeertemperaturen in den Sommern und lange milde Herbste lassen den Tourismus boomen, die schöne Bodenseelandschaft wird als Erst-, Zweit- oder Alterswohnsitz noch attraktiver, für all jene, die es sich leisten können. Kurzfristig also beste Aussichten für die Profiteure in den Immobilien- und Tourismusbranchen – für sie kann alles so weitergehen wie bisher, sie können Energieversorgung und Klimaschutz leichten Herzens Sache der anderen sein lassen … Vielleicht … doch bei weiter und schneller fortschreitender Klimaerwärmung können auch bei uns verheerende Unwetter zum sich jährlich wiederholenden Szenario werden. Aber die Windkraft-Verhinderer wissen anscheinend schon heute ganz sicher – vielleicht vom heiligen Sankt Florian – dass unsere Gegend für alle Zeiten eine Schwachwind-Zone bleiben wird und dass unser UNESCO-Weltkulturerbe, das wir angeblich vor Windrädern schützen müssen, nie von einem Tornado fortgeblasen werden kann …
Zur o.g. Behauptung, dass 60% unseres regionalen Strombedarfs von erneuerbaren Energien (hauptsächlich Wasserkraft aus dem Rhein) gedeckt werden und wir damit vorbildlich seien: Der kleine Kanton Schaffhausen mit 80.000 Einwohnern produziert rd. 50% seiner elektrischen Energie über diverse Wasserkraftanlagen. Weitere erneuerbare Energien wie Wind und Photovoltaik gibt es bislang nicht. Strom hat aber nur einen Anteil von rd. 30% an unserem Gesamtenergieverbrauch (das gilt für den Kanton Schaffhausen wie für den Landkreis Konstanz), d.h. die erneuerbaren Energien decken nur einen Anteil von 15% am Gesamtenergiebedarf! Hinzu kommt, dass der in der Schweiz über Wasserkraft genutzte und verbrauchte Strom nur den dortigen Verbrauchern zugerechnet und nicht auch noch auf den Landkreis Konstanz übertragen werden kann. Wer in diese Materie tiefer einsteigen möchte, siehe: https://www.sh.ch/fileadmin/Redaktoren/Dokumente/Tiefbauamt/WB_Wasserkraftstrategie.pdf…
Und sollten wir es nicht besser begrüßen, dass die Schweiz ihre „Energiestrategie 2050“ beschlossen hat? Dafür dass vier Atomkraftwerke – alle in Hauptwindrichtung Südwest zu unserer Region vorgelagert – bis dahin abgeschaltet werden sollen, müssten doch vier Windräder auf dem Schienerberg zumutbar sein.
Ferner: Die solarcomplex AG ist kein Großkonzern, sondern eine Bürgergesellschaft und wer diese unterstützt, ist damit noch kein Subventionsgewinnler! Und der geplante Windpark Chroobach ist ein alleiniges Projekt der beiden Schaffhauser Energieversorger EKS AG und SHPower (siehe http://www.chroobach.ch).
Richtig ist aber: Diskurs und Kritik zur Energiewende sind notwendig, nur so werden Veränderung und Innovation ausgelöst. Auch die Gestaltungskraft der Zivilgesellschaft wird gebraucht, an Einsicht in die Notwendigkeit zur Energieeinsparung und dem Willen dazu mangelt es nach wie vor. Allein Windkraft-Verhinderungs-Aktivist zu sein, mag ausreichen, um sich als Bewahrer des Landschaftsbildes feiern zu lassen, es macht aber noch keinen Naturschützer.
Dieter Heise
…so sollte man, lieber Ekkehard Greis, dem Herrn Luick z. B. nicht unterstellen, er habe „ein großes finanzielles Interesse am Bau des Windparks Chroobach“. solarcomplex, als dessen AR-Vorsitzender Luick auch fungiert, ist am fraglichen Projekt gar nicht beteiligt.
Wo sollen denn die „Unwahrheiten“ sein? Ich erkenne keine.