Wird die Sankt-Gebhard-Straße zur Fahrradstraße?

Für die Stadt Konstanz schlägt die FGL die Einrichtung einer weiteren Fahrradstraße vor, die den Weg zwischen der neuen Z-Brücke und der Stadt sicherer machen soll – die Verwaltung sieht diesen Vorschlag eher kritisch. Das Thema Radverkehr findet auch beim Landkreis in Zukunft stärkere Beachtung: Bereits seit 1. Oktober ist dort Claudia Bierbaum als erste hauptamtliche Radverkehrs­koordinatorin tätig – sie sieht einem Berg Arbeit gelassen entgegen.

Sie ist zwar neu in Konstanz, das Thema Radfahren aber ist der gelernten Geografin und Ingenieurin Claudia Bierbaum (Foto) schon lange ein Herzensanliegen, wie sie gestern als Gast im Konstanzer Arbeitskreis Radverkehr zu berichten wusste. Im Rahmen der Bemühungen des Landes Baden-Württemberg um eine Steigerung des Radverkehrsanteils am gesamten Verkehrsmix hat bekanntlich auch der Landkreis sein Radverkehrskonzept verabschiedet, das jetzt professionell umgesetzt werden soll. Claudia Bierbaum, die bisher schon im Fichtelgebirge als Klimaschützerin für den Radverkehr mitverantwortlich war, will bis Jahresende das Konzept des Kreises so ausgefeilt haben, dass die ersten Förderanträge gestellt werden können. Außerdem plant sie bis dahin auch den Beitritt des Landkreises zur Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e.V. (AGFK-BW), der die Stadt Konstanz bereits angehört. In den nächsten Jahren dürfte es ihre Hauptaufgabe werden, das Radverkehrskonzept des Landkreises in Zusammenarbeit mit den Städten und Orten zu verwirklichen und anzupassen, um die gesamte Region fahrradfreundlicher zu machen. Dieser Katalog sieht derzeit rund 350 Einzelmaßnahmen vor, die bereits beschlossen wurden und nun der Umsetzung harren.

Konstanz und seine Fahrradstraßen

Die Jahnstraße soll bekanntlich die nächste Konstanzer Fahrradstraße werden und die Radfahrerbrücke über den Ebertplatz mit dem Zähringerplatz verbinden. Die Arbeiten an dieser neuen Radverkehrsachse gehen aber langsamer voran als ursprünglich geplant, wie Gregor Gaffga, bei der Stadt Konstanz für das Handlungsprogramm Radverkehr zuständig, mit hörbarem Bedauern kundtat. Die Arbeiten an der Petershauser Fahrradstraße sollen nach derzeitigem Stand erst im Frühjahr 2018 beginnen, je nach meteorologischer Lage Ende Februar/Anfang März, wenn sich das Wetter wieder für Markierungsarbeiten eignet und die Asphaltwerke nach der Winterpause ihren Betrieb wieder aufnehmen.

Die FGL schlägt mit Blick auf die absehbare Eröffnung der Z-Brücke am Petershauser Bahnhof eine weitere Fahrradstraße vor und will dazu im Dezember einen eigenen Antrag im Technischen und Umweltausschuss (TUA) einbringen. Mit der Eröffnung dieser Brücke, die dann auch den direkten Weg zwischen der Gemeinschaftsschule und der Stadt bilden wird, dürfte der Radverkehr entlang der Bahn und in der Gebhardstraße erheblich zunehmen, so dass dann durchaus Bedarf für eine weitere Radstraße vor allem für SchülerInnen entstehen könnte. Die Fahrradstraße soll vom Bahnradweg über den Brückenplatz (das ist der breite Platz zwischen den Häusern mit dem länglichen Brunnenbecken aus Beton) und die Gebhardstraße bis zum Ebertplatz reichen, in den ja auch die andere Fahrradstraße einmündet.

Die Verwaltung allerdings hält diesen Vorschlag für nicht sinnvoll. Sie führt einige Gründe ins Feld: Dieser Bereich sei bereits eine relativ sichere Tempo-30-Zone, so dass man durch die Ernennung zur Fahrradstraße kaum etwas gewinnen würde, denn die Straße müsse auf jeden Fall für den Anliegerverkehr geöffnet bleiben. Wegen des Busverkehrs müsse die Markgrafen-/von Emmichstraße auch weiterhin Vorfahrt gegenüber der Gebhardstraße haben und der Brückenplatz sei auf ausdrücklichen Wunsch der Bevölkerung als Mischzone mit hohem Freizeitwert auch für spielende Kinder angelegt worden, so dass man darüber schlecht eine reine Fahrradstraße führen könne. Außerdem könne man den VelofahrerInnen durchaus die paar Meter Umweg über die künftige Fahrradstraße Jahnstraße zumuten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussion entwickeln wird.

KonstanzerInnen lieben das Fahrrad

Anlässlich einer bundesweiten Umfrage zur Fahrradnutzung hat die Stadt Konstanz auch 309 KonstanzerInnen zwischen 14 und 69 Jahren gezielt zu ihrer Zufriedenheit mit den lokalen Radverkehrsbedingungen befragen lassen. Auch wenn die Zahlen nicht unbedingt repräsentativ sind, erfreut sich das Radeln in Konstanz offenbar im Bundesvergleich einer überdurchschnittlich großen Beliebtheit. Dieser Fahrradmonitor wird dem Technischen und Umweltausschuss am 5. Dezember ausführlicher vorgestellt, hier schon einige Ergebnisse vorab.

Die KonstanzerInnen sind sich einig: Das Fahrrad ist ihr liebstes Verkehrsmittel, 92% der Haushalte in der Konzilstadt besitzen mindestens eins, und 72% der Menschen benutzen es mehrmals pro Woche, so etwa 68% der Berufstätigen und 87% der Auszubildenden zumindest auf einem Teil ihres Arbeitsweges. Die Menschen wünschen sich aber viel mehr und viel sicherere Abstellanlagen für ihre Göpel und fordern mehr Radwege, Fahrradstraßen und Schutzstreifen für ein Radeln mit erhöhtem Wohl-, Selbstwert- und Sicherheitsgefühl.

Paul Brühl, als Verkehrssicherheitsexperte der Konstanzer Polizei Mitglied des Arbeitskreises Radverkehr, vertrat den Standpunkt, dass baulich abgesetzte „klassische“ Radwege erheblich unfallträchtiger seien als nur farblich auf der Fahrbahn markierte Schutzstreifen, weil die Autofahrer die Radfahrer auf den Schutzstreifen besser wahrnähmen. Gregor Gaffga widersprach ihm: Baulich durch einen Bordstein abgesetzte Radwege böten die bessere Sichtbarkeit und vermittelten ein erhöhtes Sicherheitsgefühl – dies allerdings nur, wenn zwischen Fahrbahn und Radweg keine Autos parkten, sondern beide direkt aneinander grenzen. Paul Brühl hingegen nannte als wesentliche Ursache für die Gefährlichkeit richtiger Radwege, dass sie Radfahrer dazu verleiteten, als Geisterfahrer gegen die Fahrtrichtung zu radeln, was dann besonders an Einmündungen zu Unfällen mit Autofahrern führe.

Das Hauptproblem für den Radverkehr ist aber auch in Konstanz ein ganz anderes, betonte Marco Walter: Kommunen versuchen sich in letzter Zeit angesichts der Beliebtheit und handgreiflicher Vorteile des Drahtesels lauthals als fahrradfreundlich zu profilieren. In Wirklichkeit werden aber nur vergleichsweise geringe Finanzmittel für die Entwicklung des Radverkehrs eingesetzt, und auch die Flächen werden immer noch weit überproportional für Autos und deren Abstellplätze verwendet. Solange sich hieran nichts Grundlegendes ändert, klingt alles Gerede von Fahrradfreundlichkeit ziemlich hohl.

Harald Borges