Schottenplatz: Ein Sahnestück wird verplant
Die Verwaltung macht Druck beim Vincentius-Areal und dem angrenzenden Schottenplatz. Nach dem viel kritisierten Verkauf des Geländes an die LBBW Immobilien Development GmbH muss jetzt zügig ein Bebauungsplan her. Und der Technische und Umweltausschuss (TUA) soll in seiner Sitzung am Donnerstag grünes Licht dafür geben. Immerhin geht es um die Überbauung eines der letzten Sahnestücke in der Innenstadt mit Folgen für die gesamte Stadtplanung.
Der LBBW-Komplex wird sieben unabhängige Häuser mit teilweise sechs Stockwerken umfassen; insgesamt sind 126 verschieden große Wohnungen geplant, von denen gerade mal ein Zehntel als „preisgedämpfter Wohnungsbau“ ausgewiesen ist. Anträge von FGL und LLK, den Anteil günstigerer Wohnungen zu erhöhen (seemoz berichtete mehrfach), waren schon im Vorfeld von einer bürgerlichen Mehrheit im Gemeinderat abgelehnt worden – vom Investor und der Stadtverwaltung ganz zu schweigen..
Sorgen bei Bewohnern der Schottenstraße
Nach einer Planungskorrektur ist nunmehr eine Begradigung des Gebäudekomplexe zur Laube hin vorgesehen, was unter anderem einen Ausbau und eine Verlegung des heutigen Frieda-Siegrist-Weges zur Folge hat. Der soll durch Poller zur Laube und zur Schottenstraße hin abgesperrt werden, um Schleichverkehr zu vermeiden. Für die zukünftigen Bewohner des Prachtbaus allerdings zählt das nicht, denn denen soll eine Tiefgarage mit 162 Kfz-Stellplätzen frei Haus geliefert werden – ob die in einer früheren Anhörung laut gewordenen Bedenken zahlreicher Bewohner der Schottenstraße, solche Grabungsarbeiten könnten Auswirkungen auf die Stabilität ihrer Hausfundamente haben, tatsächlich Eingang in die Planungen gefunden haben, lässt sich aus der umfangreichen Vorlage für den TUA nicht herauslesen.
Gutachten fordern Anpassungen
Ablesen lässt sich allerdings, dass die Umsetzung einiger Gutachten noch Probleme bereitet. So belegt ein schalltechnisches Gutachten, dass die Lärmbelästigung durch die Untere Laube und die Tiefgarage zusätzliche Lärmschutz-Maßnahmen nötig machen; und eine Verkehrsuntersuchung hat ergeben, dass die Tiefgaragen-Ausfahrt zu Behinderungen sowohl für Fußgänger als auch für den fließenden Verkehr führen dürfte – an einer Beseitigung dieser Schwachpunkte wird noch zu arbeiten sein. Auch formale Änderungen eines Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans „Paradies I“ stehen noch auf der Tagesordnung.
Wo bleibt der große Wurf?
Noch viel Diskussionsbedarf also für die TUA-Sitzung am kommenden Donnerstag, bis ein vorhabenbezogener Bebauungsplan „Schottenplatz“ aufgestellt werden kann. Und es werden sich wieder Kritiker zu Wort melden, denen die Überbauung dieses Sahnestücks in der Altstadt ein stadtplanerischer Sündenfall ist: Warum nicht endlich Wohnungen für Einkommensschwache und junge Familien? Wieso wieder nur ein Investoren-Projekt, wie es schon so viele in der Stadt gibt? Und wo bleibt eine mutige Neuausrichtung der städtischen Wohnungspolitik, wo der große Wurf?
hpk
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Der eigentliche Skandal ist, neben der Tatsache, daß auf dem Sahnestück mal wieder Reiche für Reiche bauen dürfen, doch wohl, daß die Stadt hier keinerlei Anstalten macht die selbstgesteckten Klimaschutzziele der 2000Watt Gesellschaft umsetzen zu wollen. Wer derart priviligiert wie die Made in der Innensatdt bauen und wohnen darf, von dem kann man eigentlich durchaus etwas Bewegung in Sachen klimafreundlichem Bauen und Lebensstil erwarten.
Eines ist klar, wenn wir nicht spätestens jetzt endlich mal anfangen 2000 Watt gerecht zu bauen – und zwar in allen neuen Baugebieten – dann wird es sicher nichts mit dem Ziel der 2000 Watt Gesellschaft bis 2050. Denn dann soll ja jeder Bürger, also auch derjenige der im Altbau wohnt, nur noch durchschnittlich 2000Watt Dauerleistung benötigen. Und in diesen Energieverbrauch wird die Erstellung der ganzen Bauwerke mit eingerechnet.
Wenn wir das selbstgesteckte Ziel als Stadt aber aufgeben, dann sollten wir wenigstens so ehrlich sein uns und unseren Kindern dieses Versagen JETZT einzugestehen und nicht erst im Jahr 2050.