Viele Wünsche zum neuen Quartier

Sind das Planer oder Propagandisten? Beim Bürgerforum zur Bebauung des einstigen Siemens-Geländes wurden so viele Zahlen und Fakten derart professionell präsentiert, dass man ob dieser Frage ins Grübeln kommt. Gutachter, Geschäfts­führer, Projektmanager und ein Bürger­mei­ster gaben sich jedenfalls alle Mühe, die Bauabsichten für das 70 000 m² große Areal im besten Licht darzustellen. Und zum Schluss durften auch BürgerInnen etwas beitragen.

 

Der Investor i+R aus Bregenz ist ein Familienunternehmen in 4. Generation mit rund 1000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 450 Mio. Euro, das reichlich Erfahrung mit solchen Neubauten hat, wie die Werbemappe verrät. Seine geschmackvollen, mit viel Holz (dafür gibt es eigens eine Tochtergesellschaft) verkleideten Bauwerke werden nach dem 15-Minuten-Prinzip erstellt: Kein Subunternehmer soll mehr als eine Viertelstunde vom Bauplatz entfernt sein. Da dürfen sich Konstanzer Handwerker auf satte Aufträge freuen.

Und nein, die Planung steht noch nicht – „dafür ist ja dieses Bürgerforum da, um Vorschläge und Wünsche der Anwohner einzuarbeiten“. Aber ja doch, erste Gutachten seien erstellt, erste Empfehlungen formuliert worden. So schlägt der Verkehrsgutachter zwei Anschlüsse an die Bücklestraße für Autos vor und deutlich mehr für Radfahrer und Fußgänger. „Der Kfz-Verkehr wird deutlich zunehmen“, aber nicht durch das neue Quartier, sondern durch den Ausbau der B33, Stau-Probleme erwartet der Fachmann aber nur am Kreisverkehr Oberlohn – „da müssen Ampeln hin“. Das sieht wohl auch Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn so, der ein erneuertes Wegenetz „mit sehr viel Grün“ rund um das neue Quartier ankündigte.

Sorgen wird wohl der Lärm der Bahn machen. Entlang der Gleise schlägt der Gutachter von GSA-Körner ebenso wie zur Oberlohnstraße niedrige Schallschutzmauern vor. Und die Neubauten sollten im gehörigen Abstand zu den Straßen entstehen. Damit aber ließe sich, da ist der Gutachter sich sicher, das Lärmproblem lösen.

KonstanzerInnen haben das Wort

Dann hatten die über 100 KonstanzerInnen im Wolkensteinsaal das Wort. An vier Thementischen standen die Experten Rede und Antwort, nahmen aber auch die zahlreichen Vorschläge auf. Unter dem Stichwort „Nutzung“ wurde unüberhörbar der Wunsch nach „bezahlbaren Wohnungen“ laut, für die unter Denkmalschutz stehende Shedhalle wünschten sich viele Anwohner eine Nutzung als Museum oder Markthalle („aber bitte kein neuer dm-Laden“) – vor allem aber, so viel zum Stichwort „Verkehr“, wenig Autoverkehr, vielleicht eine Car-Sharing-Station im Quartier. Und ganz wichtig: Viel freier Platz für Kinder und Jugendliche.

Das neue Quartier, so die Zusammenfassung am Schluss, solle ein kleines Dorf in der Stadt werden, das mehr Ähnlichkeit mit der Durchmischung der Altstadt hat als mit den Bausünden der letzten Jahrzehnte. Und der i+R-Vertreter versprach nach zwei Stunden solide „Handschlag-Qualität“, was wohl meint, dass man die Wünsche ernst nehmen und die Vorschläge einarbeiten will.

Im kommenden Jahr steht ein „städtebaulicher Wettbewerb“ an. Dann sind die Architekten dran, erste, konkrete Baupläne zu erstellen. Und die sollen im 3. Quartal 2018 erneut in einem Forum den BürgerInnen präsentiert werden.

hpk