Die Tage der Pappel sind gezählt
Aller Protest vergebens: Selbst noch in der gestrigen TUA-Sitzung wetterten erboste BürgerInnen gegen die Fällung der Pappel, Turnschuhbaum genannt, am Konstanzer Winterersteig. Es half nichts: Die Mitglieder des Technischen und Umweltausschusses stimmten mit sieben zu vier Stimmen und bei einer Enthaltung für die Fällung. Damit sind die Tage des Baumes, bevor er noch zum Wallfahrtsort werden kann, gezählt – schon in den nächsten Tagen wird er umgehauen.
Die Stadtverwaltung hatte schweres Geschütz aufgefahren: Gerhard Majer von den Technischen Betrieben, für die Pflege der über 1000 Konstanzer Stadtbäume verantwortlich, hatte mit Dr. Wessoly einen – wie er sich selbst nannte – „europaweiten Baumsachverständigen, der in 13 000 Gutachten für die Erhaltung von schützenswerten Bäumen eingetreten ist“, eingeladen, um ihre Version der Baumpflege gegen die der Bürgerinitiative zu verteidigen. Die nämlich hatte mit Unterstützung des Schweizer Baumpflegers Dietrich publikumswirksam für den Erhalt der Pappel plädiert.
Mit zahlreichen Bildbeispielen wollte die städtische Abteilung „Grünpflege“ ihre Fällabsicht untermauern: Elf Pappeln am Winterersteig wurden in den letzten Jahren aus Sicherheitsgründen bereits gefällt: 2012 war eine Pappel umgefallen und auf Bootsliegeplätze gestürzt, der letzte Sturm habe dem Turnschuhaum gefährliche Risse beschert, die Pappel sei hohl, ein Pilz habe sie aufgezehrt, die Verkehrssicherheit sei kritisch. Dennoch sprach sich Baumliebhaber Wessoly für einen „Rückschnitt“ aus – „ja, man kann den Baum noch drei Jahre stehen lassen, wenn geeignete Sicherungsmaßnahmen greifen.“
Die aber kosten, wie TBK-Experte Majer betonte: Ein Rückschnitt könnte bis zu 5000 Euro kosten und „dann wäre der Baum nicht mehr derselbe“. Außerdem warnte er die RätInnen vor der Haftungsverpflichtung, die bei einem Entscheid für den Baumerhalt von der Verwaltung auf die Ausschussmitglieder überginge.
„Nächstes Jahr sind Kommunalwahlen“
Die ließen sich von dieser Drohung kaum entmutigen: Gisela Kusche (FGL), die diese TUA-Diskussion erst möglich gemacht hatte, kritisierte die Verteufelung des Dietrich-Gutachtens durch die Verwaltung und befand: „Ein Rückschnitt des Baumes, kombiniert mit verschiedenen Sicherungsmaßnahmen, lohnt sich“. Das sah Heinrich Fuchs (CDU) anders, der mit selbst gefertigten Foto-Dokumenten jüngst umgestürzter Bäume für die Fällung des Baumes stritt, der sich Alfred Reichle für die SPD anschloss. Allein Holger Reile (LLK) gab der verbissenen Diskussion eine sarkastische Note, als er empfahl, „die Protestierer sollten sich doch nicht „unter dem Absingen diverser Klagelieder an die Baum-Borke nageln lassen“. Stattdessen wünschte er sich von den ProtestierInnen „genauso viel Empathie, wenn es darum geht, gegen soziale Missstände vor Ort anzugehen, wenn unsere Stadtgesellschaft allmählich in Schieflage gerät. Zwei Termine darum zum Vormerken: Nächstes Jahr sind Kommunalwahlen, ein Jahr darauf OB-Wahlen“.
Nach einigem formalen Hin und Her kamen auch BürgerInnen zu Wort: Franz-Josef Stiele-Werdermann monierte das „ingenieurmäßige Herangehen“ der Gutachter, das der Natur nicht gerecht würde, und Christel Thorbecke, Sprecherin der Bürgerinitiative, kritisierte die Stadtverwaltung, deren Argumentation allzu sehr der vor drei Jahren bei der Baumfällung im Tägermoos ähnele: „Damals wurden 41 gesunde Bäume gefällt, die von der TBK zuvor als krank erklärt worden waren.“
Nach der Abstimmung – sieben für Fällung, vier von FGL und LLK dagegen, eine Enthaltung – verkündete Baubürgermeister Langensteiner-Schönborn unumwunden: „Der Baum wird gefällt“.
hpk
P.S. Über die übrigen Ergebnisse der TUA-Sitzung erfahren Sie alles morgen auf seemoz.
Heute auf meinem Spazierweg am Seerhein: Viele Konstanzerinnen und Konstanzer mit Kindern, ohne, alte, jungen … bleiben stehen. Sie schauen sich diesen, einen Baum an, sind interessiert, ob da Neues zu lesen ist?
Mit Einigen spreche ich, die meisten sind gut informiert. Unverständnis darüber, warum die Behörde so vorgeht, wie sie vorgeht: bürokratisch- betonköpfig!
Mitsprache, Beteiligung der BürgerInnen, kurzum Demokratie ist scheint es noch immer oder wieder wenig gewünscht und spielt nur in Sonntagsreden z. B. beim Jahresempfang eine Rolle!
Diejenigen, die sich für Leben (auch das für Bäume) in der Stadt einsetzen, werden diesmal mit physikalischen Lee(h)rformeln ausgebootet.
Das ist und bleibt einfach schäbig, unwürdig und kleingeistig!
@Helmut Dietrich
Zum letzten Mal:
„Bäume werden seit der Steinzeit gefällt, und jeder Baum hat eine endliche Lebensspanne.“
Das sind in einem Satz zwei Paar Schuhe.
Bzgl. Verkehrssicherheit sind Sie mir noch die Antwort schuldig, ob die Pappel oder die Verkehrsfläche früher da war.
Daß „eine Fällung zugunsten einer Verjüngung endlich die bessere Lösung“ ist, ist alleine durch den Vergleich junger vs. alter Baum klimatisch als absurd zu bezeichnen.
„Letztlich macht die eine Pappel das Kraut nicht fett.“
– Es geht darum: „Damals wurden 41 gesunde Bäume gefällt, die von der TBK zuvor als krank erklärt worden waren.“
Das wars meinerseits, wenn auch noch einiges anzumerken wäre. Das soll hier nicht zur endlosen Geschichte verkommen.
Wen es interessiert: das Gutachten kann man jetzt hier einsehen:
http://www.konstanzerblog.de
@ Peter Stribl
Bäume werden seit der Steinzeit gefällt, und jeder Baum hat eine endliche Lebensspanne.
Darüber dass hier ein Eingriff nötig ist , ist doch konsens
Wenn im Kulturland nun Bäume gegen Ende ihrer Existenz nur noch durch Pflege und Sicherungen vor ihrem natürlichen Ende erhalten werden können, ist eine Fällung zugunsten einer Verjüngung endlich die bessere Lösung. Erschwerend kommt dazu noch die Verkehrssicherheit. Der eine Experte spricht von 3 , der andere von 5-10 Jahren Perspektive . Und was dann ?
Letztlich macht die eine Pappel das Kraut nicht fett. Wichtiger sind ganze Areale wie der Büdingen- Park. Jetzt ist vielleicht noch Zeit dort Pflöcke einzuschlagen.
In Baden-Württemberg sind Bannwälder Totalreservate, in denen jegliche Nutzung per Rechtsverordnung verboten ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bannwald
und zuletzt : das Panorama von Nikolaus Hug von 1826 bildet ongefähr in dieser Gegend die Türkischroth- Fabrick von Sulzberger ab.
@Helmut Dietrich
„Sie halten eine Baumfällung für „widernatürlich“ ? –
Diese Zuspitzung habe ich gewählt, weil Sie von
„das nicht wahr- haben-wollen des einfachsten biologischen Vorgangs, dem Werden und Vergehen einer Pflanze“
schwadroniert haben. Das Fällen eines Baumes hat nichts, aber auch gar nichts mit dem natürlichen Ende desselben zu tun.
Auf einen Widerspruch in Ihren Ausführungen wollte ich noch hinweisen. Sie erwähnen eine
„natürliche Umgebung, wie dem Bannwald neben der Uni.“
– Ein Bannwald ist eine zielgerichtete, also kultivierte Aufforstung.
Zum Schluß noch eine Frage:
„Hier haben wir eine Verkehrsfläche.“
– Was war früher da, der Baum oder die Verkehrsfläche?
Wie schon erwähnt, einige der Probleme, die in dieser Diskussion erkennbar wurden, möchte ich nicht haben.
@Frau Thorbecke
wo genau habe ich „alles “ besser gewusst als Hr. Fabian Dietrich ?
Wo ich noch nichtmal von der Existenz seines Gutachtens wusste ?
Ich versuche meine Meinung hier mit Argumenten sachbezogen und nachvollziehbar zu belegen – ohne den Anspruch auf 100 % Richtigkeit. Und bitte darum die Diskussion auf dieser Ebene zu führen.
@helmut Dietrich
Gerade wollte ich Sie fragen, ob Sie eigentlich von Beruf Baumpfleger sind und ein heimliches Gutachten erstellt haben, da Sie alles besser wissen als Fabian Dietrich?
Natürlich gibt es ein fundiertes schriftliches Gutachten nach einer fachgerechten Untersuchung. Kann man von mir bekommen.
@ Peter Stribl ich bin mir nicht ganz sicher ob ich ihren Einwand verstanden habe : Sie halten eine Baumfällung für „widernatürlich“ ?. OK, das kann man so sehen. Aber dazu braucht es auch eine natürliche Umgebung, wie dem Bannwald neben der Uni.
Hier haben wir eine Verkehrsfläche. Da kann man nicht warten bis ein Baum von allein zusammenkracht weil der Stamm innen fault.
Das Problem sind ja nicht die relativ jungen stabilen Äste, sondern das alte, vielleicht hundertjährige Holz aus den ersten Wachstumsjahren im Innern.
Bleibt die Pflege : Jedes Jahr ein einige Meter kürzer und einige Kilo Eisen mehr, immer verbunden mit Kosten, bis das sich ständig erhöhende Risiko schliesslich untragbar wird, während in der gleichen Zeit ein junger Baum schon längst Schatten spenden würde.
Natürlich könnte man den gefällten Stamm als Totholz an Ort und Stelle liegen lassen, Ökologisch sicher ein Gewinn, aber mit dem Risiko dass die dort vermehrten Insekten und Pilze auch die gesunden Bäume befallen könnten, ganz abgesehen von der mangelnden Akzeptanz in der Bevölkerung
@ Christel Thorbecke
gibt es denn ein schriftliches Gutachten des schweizerischen Baumpflegers ?
Ich will ganz deutlich sagen, warum der Vorgang um den „Turnschuhbaum“ ein Skandal ist:
1. Die sorgfältige Prüfung eines sehr qualifizierten Baumpflegers, der zu völlig anderen Ergebnissen gekommen war als die TBK, wurde total ignoriert.
2. Die statt dessen herangezogene Beurteilung von Dr. Wessolly, der lediglich die „Sturmfestigkeit“ eines Baumes prüfen kann, weil er kein Baumpfleger sondern ein Physiker ist, wurde nicht öffentlich gemacht und im eigenen Interesse interpretiert.
3. Die Tatsache, dass zwei heftige Stürme in jüngster Vergangenheit dem Baum nicht das Geringste angetan haben, wird nicht in die Beurteilung mit einbezogen.
4. Das seriöse Angebot ein wirklichen Baumpflegers, den Baum für 5000 Franken so zu schneiden, dass er für die nächsten 5 bis 10 Jahre verkehrssicher ist, trotzdem seinen eigenen Charakter erhält und dabei noch die Garantie für seine Sicherheit zu übernehmen, wurde ignoriert und verschwiegen.
4. Die Einreichung eines Antrags der BI für die Eintragung der Pappel auf die Liste der Naturdenkmale mit sorgfältiger Aufzählung aller notwendigen Kriterien wurde ebenfalls total ignoriert.
Das Eintreffen des Antrages bei der Stadtspitze wurde der Antragstellerin weder bestätigt noch irgendwelche Ergebnisse einer Prüfung des Antrages mitgeteilt.
Dabei wird gegen die rechtliche die Tatsache verstoßen, dass dieser Baum erst gefällt werden kann, wenn der Antrag eine offizielle und begründete Ablehnung erfahren hat. Gegen diese Ablehnung kann die Antragstellerin Einspruch erheben. Erst dann ist der Vorgang abgeschlossen. Auch das kümmert die Stadtverwaltung nicht.
Fazit: Hier handelt eine dem Umweltamt untergeordnete Behörde vollkommen selbständig ohne Rücksicht auf die vorhandenen seriösen Gutachten, ohne Rücksicht auf die Tatsache, dass keine Gefahr von diesem Baum ausgehen muss und ohne rechtliche Vorgänge zu beachten.
Darin besteht der wirkliche Skandal.
@Helmut Dietrich
Sind Sie sicher, daß sie den gleichen Artikel kommentieren wie die User davor?
Sie schreiben:
„das nicht wahr- haben-wollen des einfachsten biologischen Vorgangs, dem Werden und Vergehen einer Pflanze“
– Im Artikel heißt es:
„Die Mitglieder des Technischen und Umweltausschusses stimmten mit sieben zu vier Stimmen und bei einer Enthaltung für die Fällung.“
Es geht also nicht um das Verrotten einer Pflanze, sondern um ihre – widernatürliche – Beseitigung.
Was allenfalls noch als Argument Ihrerseits gelten kann, ist der „Unsinn“, den Baum durch Maßnahmen zu erhalten. Das wird natürlich teuer. Speziell, wenn Lokalaugenscheine durch die teuersten „Experten“ massenhaft veranstaltet werden.
Ehrlich, einige der Probleme, die in dieser Diskussion sichtbar wurden, möchte ich nicht haben.
am erstaunlichsten ist für mich welche Gefühlsregungen und weltpolitische Betrachtungen das nicht wahr- haben-wollen des einfachsten biologischen Vorgangs, dem Werden und Vergehen einer Pflanze – hervorrufen.
Offensichtlich ist für einige nicht die Natur sondern die Politik am Tod schuld.
Das Stutzen und Armieren mit Eisen der Pappel für einige Jahre ist ökologisch und finanziell unsinnig , denn das Ende ist nunmal absehbar; so unübersehbar wie das grosse Loch im Stamm am Boden durch das die Fäule ungehindert eindringen kann.
Dieser Baum wächst nicht mehr bindet damit auch kein CO2 in nennenswertem Umfang mehr. Was jetzt noch aufgenommen wird geht in die Blattmasse und wird beim verotten umgehend wieder freigesetzt. Hier sind die oft zitierten 100 jungen Bäume als Kohlenstoff – Speicher eindeutig im Vorteil.
Wenn wir in Konstanz wirklich ein ökologisches Problem haben, dann wäre an erster Stelle die Haffner- Bebauung zu nennen. Hier wird ein ganzes zusammenhängendes Areal (mit Bäumen ! ) unwiderruflich ohne Ersatz geteert und planiert. Die Pappel hingegen lässt sich ersetzen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Weissagung_der_Cree
Fazit der Entwicklung in der BRD der letzten 20-25 Jahren ist, dass von den Politikverantwortlichen mehrheitlich größere Gefahren für die Mehrheit der in Deutschland und weltweit lebenden Menschen ausgingen und noch ausgehen als von sogg. gefährlichen Riesenpappeln.
Als gefährlich eingestuft werden muß: Waffenproduktion und -handel, klimaschädliche Produktionsweise, Massentierhaltung, Glyphosat, Machtkonzentration der globalen Player, Elektrosmog, Verdummung des homo öconomicus, Überwachungsstaat, fehlende Investitionen in Bildung, „Mittelmeerlösung“, Abschiebepraxis, Steuerpolitik zugunsten von Superreichen, desolate Autobahnbrücken, Dieselgate, die „schwarze Null“, millionenteure Megaprojekte (Deutsche Bahn …), Privatisierung von öffentlichem Eigentum, Vermüllung unserer Umwelt und Welt, …
Und hier in Konstanz?
Das menschliche Talent,
sich einen Lebensraum zu schaffen,
wird nur durch jenes übertroffen,
ihn zu zerstören.
Theodor Heuss (1884-1963), deutscher Politiker, FDP
Nach diesem Motto haben die Verantwortlichen der TBK erneut gehandelt und die Mehrheit im Ausschuss entschieden. Die Entscheidungsgrundlage hierbei wurde nicht geleitet von der Expertise eines (Sach)-Verständigen, der einen Baum eben nicht als ›Ding‹, vielmehr als lebendigen Gesamtorganismus betrachtet, sondern von der reduktionistischen Methode eines Technokraten. Als gäbe es einen Mangel an Stürmen als Testfall, werden hier mit der mechanistischen Methode der Schulbuch-Physik 7. Klasse die Vitalität eines lebendigen Organismus bewertet, Ergebnisse konstruiert und den Entscheidungsträgern als ›objektiv‹ verkauft. ›Aussagen über die Natur sagen viel mehr aus über den Betrachter selbst als über das zu betrachtende Objekt‹ (Ahne 2016). Glaubt die Mehrheit des TUA tatsächlich, sie hätten auf Basis von Rationalität entschieden?
@Dieter Heise: Was wollen Sie der geneigten Leserschaft denn nun sagen? Dass auch ein als sicher begutachteter Baum umfallen kann? Ich selbst bin mit 80 in einen umgestürzten Baum gefahren mit Totalschaden – und setze mich trotzdem für jeden Baum ein, der aus Angst, es könnte etwas geschehen, abgesägt wird. Selbst das Verbleiben in den eigenen vier Wänden hilft nichts, hier geschehen die meisten Unfälle. Das Leben ist lebensgefährlich. Wer damit nicht klar kommt, wird überall Probleme sehen.
Die „alte, kranke, gefährliche, perspektivlose“ Riesen-Pappel (das haben wir doch schonmal bis zum Überdruß anhören müssen…) am Winterersteig soll nun doch entgegen dem vernehmlichen Rumoren der Bürgerschaft gefällt werden. Heute vormittag, 2 Tage nach der Ablehnung des Erhalts durch die überängstliche Mehrheit des TUA, erfolgte eine kleine, m.E. längst überfällige Pflegemaßnahme: Der als Sicherheitsrisiko angeführte, weit ausladende Ast wurde eingekürzt.
Der Winterersteig scheint nun auch „offiziell“ wieder sicher genug für die radfahrenden Schulkinder, die im Dezember noch ungefragt als eine der Begründungen für die Fällabsicht herhalten mussten.
Nachdem die TBK durch die Präsenz ihrer gesamten Führungsriege und den externen Ingenieur Herrn Wessolly die panikanfällige Mehrheit des TUA erfolgreich mit ihrer Dampfwalzentechnik überfahren haben, drängt sich eine Nachprüfung der behaupteten Zahlen förmlich auf – wenn das Angebot eines anerkannten und eidgenössisch diplomierten Baumpflegers trotz Preisgefälle CH/D um 50% unter den behaupteten Zahlen der TBK liegt, sollte das zu denken geben.
Noch mehr zu denken geben sollte der finanzielle Aufwand, den die Stadtspitze betrieben hat für die erfolgreiche „Bearbeitung“ des TUA durch die Präsenz der TBK-Führungsriege und externer Unterstützung.
Geschätzte 2.500,00 Euro verplempern, nur um eine Fällung zu „zementieren“, halte ich für unanständig – damit wäre bereits 1/4 des Pflegeaufwands für die nächsten 10 Jahre bezahlt.
Wie ich bereits monierte, höre ich die Stadtspitze und ihre Vertreter zu oft jammern von den Gefahren, die von Bäumen ausgehen, anstatt zu loben, was diese Bäume tagtäglich für uns Menschen tun.
Franz-Josef Stiele-Werdermann
@Dieter Heise
Sie werfen Frau Thorbecke vor, daß „Ihnen Ihre Selbstdarstellung wichtiger ist, als Leben und Gesundheit Ihrer Mitbürger.“ Auch bei genauerem Hinsehen kann mir nichts dergleichen auffallen. Sie legt bloß engagiert dar, wie die Truppe eines Oberförsters gegen ein Element der Natur sinn- und hirnlos vorgeht.
Selbst wenn es sich um ein kultiviertes Ergebnis, einen planvoll gepflanzten Baum handelt, bleibt die Fällung unter den geschilderten Umständen ein Frevel. Der Mensch hat seit Marx einerseits und der Weissagung der Cree andererseits eigentlich Zeit genug gehabt, sinnvoll zu handeln. Herausgekommen ist die Vorrangstellung der „Wirtschaft“ gegenüber der Natur. Überflüssig zu erwähnen, daß die Wirtschaft in der gewohnten, kapitalistischen Form nur einigen wenigen tatsächlich zugute kommt. Die übergroße Mehrheit darf sich damit begnügen, zu zerstören und das Zerstörte notdürftig zu reparieren.
Auch wenn es reichlich abgedroschen wirkt: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ – Einfach mal zum Nachdenken, Entschleunigen, Innehalten.
Lieber Herr Heise,
so bedauerlich und tragisch Unfälle auch sind, so sind diese doch Bestandteil des Lebens. Den Angriff auf Frau Thorbecke halte ich in diesem Zusammenhang nicht für angemessen.
Jegliche Gefahr auszuschließen ist nicht möglich. Wie Sie selbst schreiben, kann auch ein standfester Baum umstürzen. Soll wirklich jeder Baum gefällt werden, weil eine minimale potentielle Gefahr damit verbunden ist? Bei einem Orkan kann jeder – auch gesunde Baum – umstürzen. Jede in diesem Bereich ach so kleine Gefahr auszuschließen würde doch in letzter Konsequenz auch dazu führen, dass dann sogar Millionen Menschen sterben, denn ohne Bäume wird das Überleben auf der Erde äußerst schwer werden. Die Gefahr, die von umfallenden Bäumen ausgeht, ist z.B. im Vergleich zu einem Todesfall im Strassenverkehr immer noch äußerst gering. Im Gegensatz zum Auto trägt ein Baum aber sehr positiv zur Gesunderhaltung der Menschen bei.
Die Bewertung von einzelnen Unfall- oder Todesrisiken ist leider geprägt von der Berichterstattung in den Medien. Gerade über besonderes seltene Einzelfälle wird unverhältnismäßig stark berichtet. Pro Tag sterben in Deutschland mehr als 2.500 Menschen.
Übliche Todesfälle wie z.B. Autounfälle schaffen es kaum noch in die Medien, hingegen würde z.B. ein Terroropfer über Wochen, die Schlagzeilen bestimmen.
Gerade bei Eingriffen in die Natur sollte man deshalb die realistischen Gefahren, anhand von Statistiken berücksichtigen und nicht vergessen, dass die indirekte – u.a. auch durch Baumfällungen verursachte – schleichende Gefahr von Toten durch Klimaveränderungen viel realer und auch größer ist, auch wenn die Auswirkungen erst Jahre später zu spüren sind.
Sehr geehrte Frau Thorbecke,
als jemand, der selbst schon in Konstanz unter einem umgestürzten Baum lag, dem ein Gutachter Standfestigkeit bescheinigt hatte – ein
dreijähriges Kind verlor damals dabei sein Leben – kann ich ihren Kommentar nur als äußerst zynisch betrachten und mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ihnen Ihre Selbstdarstellung wichtiger ist, als Leben und Gesundheit Ihrer Mitbürger. Dazu fällt mir dann wirklich nichts mehr ein.
Dieter Heise
Keine Chance für den „Turnschuhbaum“
Angekündigt für 18 Uhr, wurde endlich so gegen 20:30 Uhr der Punkt 8 der Tagesordnung, „Baumfällungen der Pappel am Winterersteig“aufgerufen. Das Publikum war inzwischen fast zur Gänze verschwunden.
Durch die Türe schritten die beiden Herren, die schon an die zweiundeinhalb Stunden draußen gewartet hatten, Herr Majer und der Überraschungsgast des Abends, Herr Dr. Wessoly. Er lässt sich gut googeln. Er ist Physiker – nicht Baumpfleger – und hat als solcher eine tolle Erfindung gemacht: Eine Anlage mit der man die Standfestigkeit eines Baumes errechnen kann. Mit Seilen und künstlichen Winden aller Stärkegrade.
Mit ihm hatten wir nicht gerechnet. Er durfte unsere Pappel am Seerhein für die TBK 2014 zum ersten und 2017 zum zweiten Mal auf diese Weise untersuchen. 2014 war alles gut, 2017 hatte der arme Baum etwas Kraft gelassen und an Standfestigkeit verloren. Bis Sturmstärke 10 wäre alles gut, aber ab Sturmstärke 11 könnte es zum Crash kommen. Anders als unser Fachmann aus dem Berner Oberland sieht er das als Grund an, ihn abzusägen. Obwohl er, so steht es bei ihm schwarz auf weiß, ihm auch noch einige Jahre gönnen würde. Mit einem tüchtigen Schnitt. Dieser Punkt ging jedoch völlig unter, weil der auf seine physikalischen Gesetze festgelegte Baumprüfer schon gleich zu Beginn zeigte, dass er hier war, um das alte Lied der gefährlichen Bäume und ihrer armen städtischen Baumpfleger zu singen, die dann ins Gefängnis kommen, wenn jemandem ein Ast oder der ganze Baum auf den Kopf fällt. Herr Majer hat dann auch den Stadträtinnen und Stadträten gedroht, es gäbe eine namentliche Abstimmung und dann wären sie statt seiner verantwortlich. Das Thema des Abends war wieder einmal die Gefährlichkeit von Bäumen im allgemeinen.
Alles, was heute überall erkannt und diskutiert wird, wozu es Bestseller gibt und wissenschaftliche Untersuchungen, was die Menschen so an die Bäume bindet, endet vor der Türe der Stadtverwaltung. Der Wert eines ausgewachsenen Baumes, seine Schönheit, seine Bedeutung für die Menschen der Stadt, der Umgang mit der manchmal sperrigen und lebensnotwendigen Natur, kein Thema.
Man kann machen was man will. Die Bäume werden weiter abgesägt. Auch wenn ein renommierter Baumpfleger sie vor Ort untersucht und sie für vital und standsicher erklärt hat. Ihm verweigerte man einfach jegliches Gehör und Gespräch.
Stattdessen haben sich die Technischen Betriebe ein starkes Sprachrohr von außen geholt. Gutachten hin oder her, Aktionen in der Stadt, Briefe und Bitten an die Stadtverwaltung: gegen diese Inszenierung hatten wir Baumfreunde keine Chance.
Achtsamkeit und Empathie gilt für alle Lebewesen!
Unsere Lebensgrundlage ist Natur, die schön und auch erschreckend sein kann, Lebenslust und lebensfeindlich zugleich.
Jeder Baum kann umfallen, gesund oder krank.
Die menschenverursachte Klimaveränderung und damit die Zunahme von Stürmen, Orkanen, zuviel Regen auf einmal … macht es möglich das die Natur mit einer Zunahme von Katastrophen antwortet.
Vielleicht fallen zukünftig mehr Bäume um, als uns lieb und teuer ist?!
Vielleicht würde gerade dieser Baum noch durchhalten.
Wie sooft: Geld entscheidet!
Warum wird das BoFo weiterfinanziert wie so manches andere Unsinnige?