Der Pappelfall
Die Ankündigung kam während der närrischen Tage, Kran und Säge kamen gestern: Der „Turnschuhbaum“ am Konstanzer Winterersteig besteht nur noch als Torso. Doch die Bürger-Initiative gibt nicht auf: Am heutigen Mittwoch lädt sie am Tatort zu einem Event mit Schweizer Gästen.
Um 11 Uhr wird Philipp Goeldlin, ein in Zürich tätiger Umweltwissenschaftler, ein Event am Pappel-Torso am Seerhein starten. Es soll eine Art von Dokumentation werden, wie die Bevölkerung über das denkt, was sie hier zu sehen bekommt. Jeder kann seine Meinung sagen, „die Bürger-Initiative Pappelallee“ organisiert dieses Event.
Die Stadtverwaltung beeilt sich übrigens mitzuteilen, dass der Öko-Torso (das Stammstück), als Habitat für Fledermäuse, Vögel und Rosenkäfer am Standort belassen wird – die Nachpflanzung von zwei Stieleichen soll unmittelbar nach dem Pappelfall erfolgen.
MM/hpk
liebe Baumfreunde,
wie zu erwarten, war der Turnschuhbaum nur einer unter vielen: Am Saubach hinter der Grenze zur Schweiz spielt sich gerade dasselbe Drama ab, wie im Tägermoos. Still und heimlich sind hier in den letzten zwei Tagen, von der Öffentlichkeit unbemerkt etliche große Pappeln gefällt worden. Der Grund: völlig unersichtlich, denn hier ist weder Weg noch Straße, die Pappeln standen rechts und links vom Saubach. Das Argument der Wegesicherung ist hier keines. Wieso wurden sie gefällt? Wann stoppen wir den Irrsinn dieser Baumhasser in der Verwaltung? Schaut euch das Schlachtfeld an…
Volle Zustimmung euch Allen, danke, dazu gibt es eigentlich nichts mehr zu sagen.
Ich habe meiner Trauer und Wut bei der am Tag der Fällung nachmittags stattfindenden traditionellen „“Goschete“ auf dem Obermarkt Ausdruck verliehen, hier der Ausschnitt zur Pappel(falls nicht zu lang):
Pappel am Rhein:
Und jetzt no kurz zu dem selle „Turnschuhbaum“:
der isch so ganz eigen und wenn er grün isch, ein Traum.
Viele wend vu Pappeln nix meh höre,
dennoch will ich euch kurz belehre:
Wer die Gschichte verfolgt, dem isch längst bekannt:
der Baum isch gesund, der isch it krank,
im Gegenteil, der isch so was von vital,
der könnt no Jahrzehnte wachse, allemal.
Selbst der Gutachter im Auftrag vu de Stadt
hot zugebe, dass diese Pappel noch Säfte hat,
mit em Kroneschnitt und der richtigen Pflege,
steht die no guet do und isch niemand im Wege.
Für Baumexperte us de Schweiz isches klar,
dass das „Todesurteil“ ein fataler „Irrtum“ war.
Diessell Pappel scheint eine der schönsten Europas zu sein,
und die steht einfach so rum, seit Jahrzehnten am Rhein…
Schon einmal wurde eine Aktion gestört,
2015 haben sich Menschen gegen die Willkür gewehrt,
mit der 116 Bäume, lt. OB „alle totkrank“,
der Säge zum Opfer fallen sollten, doch Gottseidank
hat damals die Öffentlichkeit davon Wind bekommen
und 75 Pappeln sind diesem Schicksal entronnen.
Auch damals war´s klar, es ging nur um s´Geld,
denn dieses regiert in der Konstanzer Welt.
Pflegt man die Bäume zur richtigen Zeit,
dann kostet´s it viel und s´gibt konn Streit.
Was sind 5000.00 Euro für en Kronenschnitt
gegen des Bofo-Millionen-Defizit?
Der Baum ist ein Spielball, damit´s jeder kapiert,
durch ihn wird ein Exempel statuiert.
Wer glaubt, dass dies gerechtfertigten Widerstand bricht,
der wird sich täuschen: mit uns spielt man nicht!
Die Fällung dieses Baumes ist ein weiteres Symbol für die nahezu Trump´sche Dummheit und Kurzsichtigkeit, für die Verantwortungslosigkeit, mit der die Stadt Konstanz und die Mehrheit unserer Interessenvertreter den unumstrittenen Klimawandel ignorieren, Umwelt- und Natur-Schutz sowie den der Artenvielfalt missachten und so die Konstanzer Bevölkerung der lebensnotwendigen grünen Frei- und Lebensräume berauben.
Ohne intakte Umwelt wird es keine lebenswerte Zukunft geben.
Deshalb ist auch dieser Baum unbezahlbar.
Ein weiterer „Skandal“ liegt m.M. nach auch darin, dass die Stadt für sich selbst ein anderes Recht in Anspruch zu nehmen scheint, als sie ihren Bürgern selbst zugesteht. Nach der Konstanzer Baumschutzsatzung wäre die Pappel geschützt und es wäre erst einmal schlichtweg verboten sie zu fällen. Ansonsten gälte für Bürger:
„Die geschützten Bäume sind zu pflegen und zu unterhalten, damit eine gesunde Entwicklung und der Fortbestand langfristig gesichert bleiben.“
„Die Stadt Konstanz kann anordnen, dass der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte eines Grundstücks bestimmte Maßnahmen zur Pflege, zur Erhaltung und zum Schutz von gefährdeten Bäumen im Sinne von § 1 dieser Satzung trifft.“
Eine Befreiung wäre möglich, wenn
– „von dem Baum Gefahren für Personen oder Sachen ausgehen und der Mangel nicht mit zumutbarem Aufwand zu beheben ist“
– „der Baum krank ist und die Erhaltung nicht mit zumutbarem Aufwand möglich ist“
Diese Befreiung hätte – für den Normalbürger – also erst erteilt werden können, wenn Pflegemaßnahmen oder Rückschnitte nicht zu einer Sicherung hätten führen können. Also selbst nach dem stadteigenen Gutachten doch erst nach 3 Jahren. Auch müsste man sich die Frage stellen, ob die Stadt Konstanz den Baum bisher so gepflegt hat, wie sie es von ihren Bürgern verlangt hätte?
Auch für den Normalbürger können solche Pflegemaßnahmen teuer werden. Für den Normalbürger muss aber ein Härtefall oder die Unzumutbarkeit nachgewiesen werden, damit ein Baum gefällt werden darf. Dass solch eine Härte für die im Prinzip reiche Stadt vorliegt, kann ich hier nicht erkennen.
Gleiches Recht für alle gilt offensichtlich nicht in Konstanz. Das ähnelt dem Salzstreuverbot für Normalbürger, bei dem die Stadt sich einmal mehr selbst ausnimmt. Aus wirtschaftlichen und praktischen Erwägungsgründen. Solch ein rechtliches Zweiklassensystem führt zu berechtigtem Unmut. Wenn dann noch Natur vernichtet wird oder zu Schaden kommt, ist das besonders schlimm.
Wünschen würde ich mir von der Stadt Konstanz, dass sie in Naturangelegenheiten mit gutem Beispiel voran geht, Vorreiter und Vordenker ist und nicht hinterherhinkt.
Das eigentliche Kapital und Alleinstellungsmerkmal von Konstanz ist die Natur. Das gilt es zu schützen – nicht nur auf dem Papier.
@henning und alle Baumfreunde
Am Mittwoch, 21.Februar 2018, um 19:30 Uhr, wird sich die BÜRGERINITIATIVE PAPPELALLEE – um viele neue Baumfreundinnen und Baumfreunde bereichert – treffen und mit neuen Aufgaben und altem Namen neu gründen! Sozusagen eine Wiederbelebung!
Auf zu neuen Taten:
Über das ganze Jahr hinweg: Kulturveranstaltungen in Konstanz zu unserem Verhältnis zu Bäumen/
Harte Arbeit: Rechtliche Grundlagen erkämpfen gegen willkürliche Fällung von Bäumen/ Und last not least: uns um aktuelle Fälle von Baumfrevel in Konstanz kümmern!
Das haben wir uns vorgenommen, weil wir uns das Verhalten, das Henning so treffend beschreibt, nicht gefallen lassen wollen!
Wer solche Riesenbäume fällt, ist und bleibt trotzdem ein Zwerg!
Kleinmütige Kleingeister, kommunale Sicherheitshysteriker vernichten ein Lebewesen (keinen Gegenstand!) mit der Begründung nicht ausreichender Sicherheit!
Das ist naturverachtend, das ist menschenverachtend, denn wir Menschen sind (immer noch) ein Teil der Natur.
Das ist der Stil von Trump: selbstgefällig.
Auf kommunaler Ebene zerstören soziopathische Handlungsweisen demokratische Reste und demoralisieren uns alle weiter.
Worüber können wir uns noch wundern, wenn die Wunder der Natur rundum systematisch vernichtet werden aus Profitmaximierung, Sicherheitswahn und für eine glatte, stromlinienförmige Umwelt in der Rauhes, Borstiges, Vitales, Unberechenbares, Altes … keinen Platz mehr haben darf?
Hoffentlich fällt den Verantwortlichen, die diese Zerstörung, diesen Mord (mit Vorsatz gefällt!) zu verantworten haben, nicht ein Dachziegel ihres Hauses, ihres Lofts oder des historischen Rathauses auf den Kopf.
Hoffentlich wehren sich endlich mehr und auch mehr junge Menschen gegen dieses falsche System: Denn die Welt, in all ihrer noch bestehenden Schönheit, gehört Allen!
ZWISCHEN BAUM UND BÜRGER
Jetzt ist der Turnschuhbaum am Winterersteig
gefällt, eine kritische Bürger-Initiave ist hiermit
auch zurückgestutzt und kann entsorgt werden.
In der Berichterstattung wie in anderen Medien
wird stets über Umweltschützer, Pappelfreunde,
Baumaktivisten geschrieben. Aber hinter dieser
Wortwahl verschwindet der politische Aspekt der
Auseinandersetzung damals um die Tägermooser
Pappelallee und jetzt auch um die alte, vitale
Schwarzpappel am Rhein.
2015 erlebten wir bei unserem Einsatz für unsere
einmalig schöne Pappelallee, dass die Verwaltung
in Hoffnung auf Desinteresse der Bürger und im
Vertrauen auf loyale Nachlässigkeit vieler
Stadträte, baumpflegerisch unbegründet
und kurzsichtig aber mit schamloser Über-
rumpelung 41 gesunde alte Bäume niedermachte.
Im Kampf um das Überleben der verbleibenden 75
Pappeln hatten wir unter anderem Erfolg, weil
die reichen demokratischen Traditionen unsrer
Schweizer Mitstreiter bei Bürgerbeteiligung
mit einfliessen konnten.
An vielen Orten in Deutschland gab es zu dieser Zeit
Auseinandersetzungen um Baumfällungen zwischen
Bürgern und Verwaltungen. Diese wurden stets
von den Gemeindeverwaltungen gewonnen – aber
nicht in Konstanz. Unser ehrgeiziger und “schneidiger”
Oberbürgermeister zog den kürzeren und erfuhr so
schlechte Presse, vermutlich Anfragen von oben
und Häme durch Amtskollegen.
Nun beim Turnschuhbaum durfte so etwas keinesfalls
wieder geschehen. So wurde mit “windiger” Begründung,
mit bestelltem Gutachten und unter Zustimmung
vieler Stadträte diese Fäll-Aktion durchgezogen.
Man wollte sich nicht dem Druck der Strasse beugen
und sich auch nicht von cleveren, beharrlichen und
engagierten Bürgern auf der Nase herumtanzen lassen.
Dieser Baum musste unbedingt klein gemacht werden
und mit ihm eine wichtige, fruchtbare Bürgerinitiative
am besten mit Stumpf und Stiel ausgerottet.
Wie wird es nach diesem Vorgehen mit Bürgerbeteiligung
in Konstanz weitergehen können?
Dr.Henning Hülsmeier
Nun sehen wir das eigentliche Motiv zur Fällung:
Dieser Baumriese war dafür verantwortlich, dass der Blick auf das Bodensee-Forum vom linksrheinischen Ufer her behindert und verstellt war – und ist somit mitverantwortlich für die defizitäre Situation der Einrichtung. Nun gibt es endlich eine klare südliche Sichtachse. So sieht erfolgreiches Stadt-Marketing aus!