Mein Gott, Salomon

20110924-002533.jpg4500 Freiburgerinnen und Freiburger protestieren auf einer Unterschriftenliste gegen einen Eintrag des Papstes in das Goldene Buch der Stadt. Rechtzeitig vor dem Papst-Besuch am Wochenende wollen die Aktivisten von „Freiburg ohne Papst“ diesen Protest am heutigen Freitag überreichen. Doch OB Salomon lehnt die Annahme ab. In einem Offenen Brief erläutern die Protestierer ihre Gründe. Und erklären, warum sie die Unterschriften dennoch zum Rathaus bringen werden.

Offener Brief vom Bündnis Freiburg ohne Papst

Sehr geehrter Herr Dr. Salomon,

vielen Dank für Ihren Brief vom 15.09.2011. In diesem Brief erklären Sie, dass kein Vertreter
des Bürgermeisteramtes für die Übergabe der Unterstützerunterschriften von „Freiburg ohne
Papst“ zur Verfügung stehen wird.

Wie Sie dem Aufruf des Bündnisses Freiburg ohne Papst entnehmen konnten, richtet sich
der Protest des Aufrufes dagegen, dass ein Eintrag des Papstes in das Goldene Buch der
Stadt vorgesehen ist. Die in dem Aufruf weiter ausgeführte Kritik an der Politik des Papstes
begründet diesen Protest.

Inhaltlich sind die Kritikpunkte unvermeidlich auch eine Kritik an den Dogmen und Lehrmeinungen der Katholischen Kirche, die er als „Bischof von Rom, Nachfolger des hl. Petrus und Stellvertreters Christi“ nicht nur vertritt, sondern über die er auch die „volle, höchste und
allgemeine Vollmacht“ hat. Unsere Belange zielen allerdings nicht vorrangig auf den religiösen, sondern vielmehr auf den politischen Aspekt der Katholischen Kirche, vertreten durch Papst Benedikt.

Das Erzbistum wäre folglich der falsche Empfänger für unser Anliegen. Da Sie in Ihrer politischen
Funktion diesen Staatsgast empfangen, sind auch Sie der Adressat unseres Aufrufes. Dass es die diplomatische Höflichkeit gebietet, dass Sie als Oberbürgermeister der Stadt Freiburg ein Staatsoberhaupt einer absoluten Monarchie begrüßen müssen, ist nachvollziehbar. Daraus ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig die Verpflichtung, dieses Staatsoberhaupt um einen Eintrag in das Goldene Buch der Stadt zu bitten.

In wie weit es sich bei Ihrer „Bitte“ um den Eintrag das Goldene Buch der Stadt tatsächlich
um eine Bitte handelt, erscheint sehr fraglich, wenn in Ihrem Brief darauf verwiesen wird, es
wäre „verletzend“, dem Papst den Eintrag „verweigern“ zu wollen. Verweigern kann man nur
eine Bitte, die von außen an einen herangetragen wird. Auch innerhalb allgemeiner diplomatischer Gepflogenheiten gibt es Spielraum zwischen Zurückhaltung und Ehrerbietung. Wenn eine Bundeskanzlerin ein Staatsoberhaupt eines Staates empfängt, in welchem es zu Menschenrechtsverletzungen kommt, liegt es in ihrem Ermessen, dies anzusprechen oder nicht. Hier auf mögliche „Verletzungen“ Rücksicht zu nehmen, hieße, die Empfindlichkeiten des Gastes über die Wichtigkeit der Werte zu stellen, die zu verteidigen Aufgabe eines jeden demokratisch gewählten Repräsentanten einer Bevölkerung oder eines Bevölkerungsteils ist.

Dass der Großmufti von Damaskus sich in das Goldene Buch der Stadt eintragen durfte, ist
kein Argument für die Eintragung des Papstes in eben dieses. Käme der Großmufti heute,
würde sicherlich eine breite Masse der Freiburgerinnen und Freiburger von den Repräsentanten
der Stadt deutliche Worte zur politischen Situation in Syrien gegenüber dieser Person einfordern. Wäre in diesem Fall die Stadt auch nicht die richtige Adresse?

Zweifellos gibt es in Freiburg auch Menschen katholischen Glaubens, die sich auf den Besuch
ihres geistlichen Oberhauptes freuen. Diese Freude sei den Menschen unbenommen.
Kritikwürdig ist aber, wie Stadtverwaltung und FWTM versuchen, den Eindruck zu vermitteln,
„ganz Freiburg“ und somit alle Bürgerinnen und Bürger würden sich über den Besuch dieses
Papstes freuen!

Dem ist nicht so: Wir durften im Laufe unserer Aktivitäten von vielen Freiburgerinnen und
Freiburgern erfahren, dass sie der Haltung der Katholischen Kirche sowie deren Einfluss auf
unsere Politik kritisch gegenüberstehen – übrigens auch von Menschen katholischen Glaubens.
Den UnterzeichnerInnen unseres Aufrufs war es wichtig, mit Ihrer Unterschrift der Kritik an
der Haltung der Stadtverwaltung Ausdruck zu verleihen.

Daher ist es auch an der Stadtverwaltung, diese Kritik anzuhören und ernst zu nehmen. Die
Nicht-Entgegennahme der gesammelten Unterschriften kann nichts anderes als die Ignoranz
dieser Kritik bedeuten. Die mehreren tausend UnterzeichnerInnen unseres Aufrufs, denen wir Monate lang eine Möglichkeit des legitimen Protestes geboten haben, nachdem klare Worte unserer Repräsentanten leider ausblieben, haben wohl kaum Verständnis für Ihre Verweigerungshaltung.
Sie haben die Gelegenheit genutzt, einen unserer Repräsentanten an seine Pflicht zu klaren
demokratischen Positionen zu erinnern. Wir haben daher die Pflicht, diese Unterschriften an
Sie weiterzuleiten.

Wir werden uns deshalb, wie angekündigt, am Freitag um 12.00 Uhr mittags vor dem Rathaus
einfinden. Dass die gesammelten weit über viertausendfünfhundert Unterschriften bei
Ihnen an der richtigen Adresse sind, steht für uns jedenfalls außer Frage.

Mit freundlichen Grüßen,

Aktionsbündnis FREIBURG OHNE PAPST

Arno Ehret, Mathias Falk (Beauftragte)