Tanzlizenz an Karfreitag
Discothekenbesitzer aufgepasst: Laut einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 gilt das in einigen Bundesländern strikt verfolgte „Tanzverbot an Karfreitag“ nicht, wenn der Tanz „Ausdruck eines weltanschaulichen Bekenntnisses“ ist.
Auf Grundlage dieses Urteils haben der bfg München (Bund für Geistesfreiheit) und die Giordano-Bruno-Stiftung 2017 eine „zünftige Karfreitagssause“ veranstaltet. In diesem Jahr erweitern sie das Angebot und erteilen allen Veranstaltern in Deutschland den „humanistischen Tanzsegen“, sofern sie die Anforderungen einer „Heidenspaß-Party“ erfüllen.
Voraussetzung für die kostenfreie und unbürokratische Erteilung einer „humanistischen Tanzlizenz an Karfreitag“ ist, dass die Tanzveranstaltung offiziell als „Heidenspaß-Party“ ausgewiesen wird. Außerdem sollten die Besucherinnen und Besucher vor dem Betreten des Veranstaltungsortes durch ihre Unterschrift auf der Eintrittskarte bestätigen, „a) dass sie einer humanistischen Weltanschauung folgen, b) weder an Götter noch an Elfen, Kobolde oder Dämonen glauben und c) dass jede noch so kleine rhythmische Zuckung ihres Körpers auf der Heidenspaß-Party Ausdruck dieses weltanschaulichen Bekenntnisses ist“.
Um die Ernsthaftigkeit des weltanschaulichen Bekenntnisses gegenüber den staatlichen Ordnungshütern zweifelsfrei zu dokumentieren, ist es zudem erforderlich, vor dem Tanzvergnügen das 5-minütige Video „Das Wort zum Karfreitag“ zu zeigen, in dem der Philosoph und gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon den „humanistischen Tanzsegen“ erteilt. Das Video kann über diesen Link bei YouTube heruntergeladen werden.
Weitere Hinweise: Um zu verdeutlichen, dass der Tanz (wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert) aus weltanschaulicher Überzeugung erfolgt, ist es sinnvoll, humanistische Broschüren vor Ort auszulegen (die zum Beispiel über diesen Link kostenfrei bestellt werden können). Wer ganz sicher gehen möchte, kann zusätzlich noch einen „Ablassbrief“ des bfg München erwerben (weiteres hierzu auf www.bfg-muenchen.de). Für die bloße Erteilung des „humanistischen Tanzsegens“ werden keine Gebühren erhoben (was nicht heißt, dass die gemeinnützigen Organisationen gbs und bfg nicht gerne Spenden entgegennehmen). Eine offizielle Genehmigung durch die gbs oder den bfg München ist nicht erforderlich.
Die Veranstaltung sollte rechtzeitig bei den staatlichen Behörden angemeldet werden. Sollte die für Sie zuständige Behörde eine von Ihnen organisierte „Heidenspaß-Party an Karfreitag“ nicht genehmigen wollen, obgleich die oben beschriebenen Bedingungen erfüllt sind, verweisen Sie die Verantwortlichen bitte auf das einschlägige Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das aufgezeigt hat, dass ein ausnahmsloses Tanzverbot verfassungswidrig wäre. Für den Fall, dass die Behörde der Rechtsprechung des obersten deutschen Gerichts nicht folgen sollte, wenden Sie sich bitte an das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw), das 2017 von der Giordano-Bruno-Stiftung gegründet wurde, um der Missachtung des Gebots der weltanschaulichen Neutralität des Staates entgegenzuwirken.
MM
Wofür steht eine humanistische Ideologie? Statt allein das Christliche zu monieren, wünsche ich mir einen selbstbewussten Säkularismus, der sich nicht an seinem Gegenüber abarbeitet, sondern der mit eigenen Inhalten zu punkten versucht. Sich über Lehren und Dogmen der Anderen lustig zu machen, dafür braucht es nicht viel. Imponieren könnte der Humanismus dagegen, wenn er nicht allein auf die „Anti“-Karte setzt. Als „Trittbrettfahrer“ ist nicht viel Einfallsreichtum vonnöten. Im Gegenteil: Dem Kirchlichen einen neuen Anstrich zu verpassen, das wirkt wie pure Anbiederung. Dabei bin überzeugt, dass Atheismus und Freidenkertum etwas zu sagen hätten. Wo bleibt die Botschaft, die das Säkulare zu einer echten, fundierten Alternative macht?