Konstanzer Anwälte: Strafantrag gegen Dobrindt

Scharfes Geschütz fahren die Konstanzer Rechtsanwälte Tobias Lutze und Rudy Haenel auf: Gestern ging bei der Staatsanwaltschaft Konstanz ihre Strafanzeige gegen den CSU-Politiker Alexander Dobrindt ein – der hatte in einem Interview mit „Bild am Sonntag“ über eine „Anti-Abschiebe-Industrie“ gehetzt und damit offensichtlich Anwälte gemeint, die sich wie Haenel und Lutze auf Widersprüche gegen abgelehnte Asylanträge spezialisiert haben.

„Eine unsägliche Allianz von Zwangsideologen und Partikularinteressen, die durch Klagewellen versucht, Abschiebungen zu verhindern und die Durchsetzung des Rechtsstaates zu sabotieren. Diese Allianz arbeitet nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden.“ So ein Dobrindt-Zitat aus „Bild am Sonntag“ vom 12. Mai. Diese Aussage des CSU-Landesgruppen-Chefs und ehemaligen Verkehrsministers brachte neben anderen „Bild“-Zitaten die Konstanzer Anwälte auf die Palme.

„Offensichtlich fremdenfeindlich“

„Die Äußerungen von Herrn Dobrindt sind offensichtlich fremdenfeindlich motiviert, da sie sich offen für eine Einschränkung des Rechtsweges bei Zuwanderern aussprechen“, analysiert Haenel und erläutert damit seine Strafanzeige wegen Verleumdung, übler Nachrede und Beleidigung, die er in einem neunseitigen Schriftsatz detailliert begründet.

Die beiden Konstanzer Juristen, die sich als die einzigen Rechtsanwälte in der Stadt Konstanz mit einem überwiegenden Tätigkeitsschwerpunkt im Asyl- und Migrationsrecht bezeichnen, werfen dem CSU-Politiker zudem „einen Angriff auf den Rechtsstaat“ vor, wenn der betroffenen Anwälten „industriell organisierte Staatssabotage“ nachsagt, nur weil sie grundgesetzlich garantierte Rechtsmittel anwenden.

Anfangsverdacht einer Volksverhetzung

Wenn Dobrindt, so meinen die Konstanzer Anwälte weiter, die betroffenen Rechtsvertreter, aber auch Hilfsorganisationen, die sich um Geflüchtete und deren Rechtsansprüche kümmern, des Landfriedensbruchs beschuldigt, sei der Anfangsverdacht einer Volksverhetzung gegeben. Denn nichts anderes kann der CSU-Scharfmacher meinen, wenn er den Anwälten vorwirft, „bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates zu sabotieren.“

Lutze und Haenel sind mit ihrem Protest nicht alleine. Mit ganz ähnlicher Argumentation haben Rechtsanwälte aus Göttingen bereits vor Tagen einen Strafantrag gegen Dobrindt gestellt; auch der Vorsitzende der Rechtsanwaltskammer und die Justizministerin Katarina Barley aus Berlin werfen dem CSU-Politiker eine gewollte „Schwächung des Rechtsstaates“ vor. Mittlerweile ist eine bundesweite Strafanzeigen-Flut entstanden, der sich die beiden Anwälte aus Konstanz anschließen.

Erläuternd fügt Haenel an: „Geklagt wird in großer Mehrzahl gegen ablehnende und fehlerhafte Asylbescheide des BamF. Dort geht es nicht um eine eventuelle Abschiebung, sondern um die Frage der Gewährung von Rechtsschutz gegen die Ablehnung des Asylrechts. So beträgt die Erfolgsquote von Syrern gegen die Ablehnung des Flüchtlingsschutzes bei den Verwaltungsgerichten derzeit bundesweit zwischen 60 und 70 Prozent. Die Verwaltungsgerichte sind also vor allem überlastet, weil das BamF sich aus politischen Gründen nicht an die herrschende Meinung der Verwaltungsgerichte halten will“.

Nach Auskunft von Rudy Haenel wird die Konstanzer Staatsanwaltschaft nun wohl prüfen, ob sie für diesen Strafantrag überhaupt zuständig ist – möglich sei auch, dass das Verfahren an Berliner Staatsanwälte abgegeben wird. Immerhin ist Dobrindt Bundestagsabgeordneter mit Wohnsitz in Berlin.

hpk