900 Hotelbetten, aber keine neuen Wohnungen

Obwohl schon zu Beginn der gestrigen Gemeinderatssitzung um 16 Uhr Roger Tscheulin von der CDU mahnte, man solle sich kurz fassen, um ja das Fußballspiel vier Stunden später nicht zu verpassen, ergingen sich die RätInnen in ellenlangen Reden mit ebenso langen Wiederholungen zu fast jedem der 25 Tagesordnungspunkte. Wir beschränken darum unsere Berichterstattung auf drei Themenkreise, werden morgen aber nachlegen. Roger Tscheulin übrigens zählte wie immer zu den eifrigsten Dampfplauderern.

Bei den Preisen wollen sich die Stadtwerke nicht bewegen

Trotz eines großartigen Geschäftsjahrs 2017 – die Stadtwerke erwirtschafteten in den meisten ihrer Geschäftsfelder positive Zahlen und führen gut 12 Millionen Gewinn an die Stadt ab – sparten die RätInnen nicht mit Anregungen oder gar Kritik. Nach Anne Mühlhäußer (FGL) sollten die Stadtwerke tatkräftiger auf den ökologischen Umbau setzen und schneller als geplant Busse mit Elektroantrieb anschaffen. Vor allem aber kritisierte sie die Preisgestaltung im Busbetrieb: Warum, fragte sie, gibt es immer noch keinen Kurzstreckentarif und warum greifen die Stadtwerke die FGL-Anregung nach einem Nulltarif am Samstag nicht auf?

Holger Reile (LLK) ging das nicht weit genug: Was hat der Fahrgast davon, samstags kostenlos trotzdem im Stau zu stehen, fragte er hämisch und forderte stattdessen nicht zum ersten Mal eine generelle Preissenkung. Er mahnte längst versprochene, aber bislang nicht gelieferte Zahlen an, was denn eine Preisgestaltung nach Radolfzeller Vorbild (dort kostet der Einzelfahrschein jetzt einen statt 2,30 Euro; die Fahrgastzahlen haben sich seitdem fast verdoppelt) in Konstanz kosten würde.

Mehr Engagement bei der WLAN-Ausrüstung forderte Jürgen Ruff (SPD) sowie den Bau von Betriebswohnungen, und Gaby Weiner (JFK) verlangte von der Geschäftsführung der Stadtwerke, endlich für einen Glasfaser-Anschluss an jeder Schule zu sorgen. Die Geschäftsführer Kuno Werner und Norbert Reuter wiegelten ab: Über die Preisgestaltung berate derzeit ein Arbeitskreis, mit Ergebnissen sei alsbald zu rechen; die anderen Anregungen nehme man gerne auf. Das reichte den meisten GemeinderätInnen – bei zwei Enthaltungen von der LLK wurde der Geschäftsabschluss gutgeheißen und der Geschäftsführung wie dem Aufsichtsrat artig Entlastung erteilt.

WOBAK: Jetzt Nägel mit Köpfen, jetzt in Wohnraum investieren

„Es wird nicht ohne Hilfe der Stadt gehen“, meinte Herbert Weber (SPD). Jetzt müsse die Kapitaldecke der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBAK erweitert und müssten Grundstücke von der Stadt zur Verfügung gestellt werden, um die Wohnungsnot zu lindern.

Er griff damit eine Kritik von Anke Schwede (LLK) am WOBAK-Geschäftsbericht (s. seemoz: „Schatzkammer WOBAK“) auf. Sie hatte gefordert; „Wir brauchen mehr öffentlich geförderte Wohnungen als bisher geplant. Und wir brauchen sie vor allem schnell. Deshalb halten wir die Absicht, den im letzten Jahr erwirtschaften Gewinn den Rücklagen zuzuführen, für die falsche Entscheidung. Der Gewinn muss angesichts der Lage umgehend in den sozialen Wohnungsbau reinvestiert werden“. Sie kleidete diese Forderung in einen Antrag, der allerdings gegen die beiden Stimmen der LLK abgelehnt wurde.

Die Bürgerlichen im Gemeinderat mochten sich dem nicht anschließen. Jürgen Faden von den Freien Wählern sprach gar von „Panikmache“ und meinte, die Stadt unterstütze die WOBAK schon genug, indem sie keine Gelder aus dem Gewinn entnehme. Jan Welsch (SPD) unterstütze die neoliberale Denke, dass eine Auffüllung der Rücklagen zur Absicherung von Krediten unumgänglich sei, und OB Burchardt konnte die Kritik überhaupt nicht verstehen, weil doch die WOBAK „Spitze unter den Wohnungsbaugesellschaften in Baden-Württemberg beim sozialen Wohnungsbau ist“.

Vier Hotels mit 900 Betten

Mithilfe einer externen Agentur hat Eric Thiel, Chef der Marketing und.Tourismus Konstanz GmbH, ein „Tourismuskonzept und die Hotelbedarfsanalyse“ erstellen lassen. „Das soll ein strategisches Handlungskonzept sein“, so Thiel, „und keine konkrete Bauvorschrift“. Danach sind bis 2026 maximal vier neue Hotel mit höchstens 900 zusätzlichen Hotelbetten vorgesehen. Die sollen dem „sanften Tourismus“ verschrieben sein und „Medical Wellness“ sowie „Sport“ zum Schwerpunkt haben.

Dennoch warnte Till Seiler (FGL) vor „einer Schieflage“ in dieser Studie, die hochpreisigen Tourismus bevorzugen könnte, und Anselm Venedey (Freie Wähler Konstanz) befürchtete, dass nach einer Reduzierung von Ferienwohnungen nun Familien als Feriengäste ausbleiben könnten. Gleichwohl stimmte bei zwei LLK-Nein-Stimmen der Gemeinderat dem Konzept zu.

hpk