„Schau mal, da brennt der Hus“

Der Historienkitsch Asisi-Panorama wird kommen. Der Südkurier frohlockt vorab in den höchsten Tönen und schwadroniert von einer „emotional fesselnden wie intellektuell lehrreichen Erfahrung“. Und: Hat Konstanz bald drei Ehrenbürger weniger und einige neue Straßennamen mehr?

Es war zu befürchten, dass der Konstanzer Gemeinderat den Panoramaturm durchwinkt und dem Künstler Yadegar Asisi mit tatkräftiger Unterstützung von Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau schon mal den roten Teppich ausrollt. Das freut die Investoren Scheidtweiler/Ruppaner ungemein, denn mit ihrer Geschäftsidee lässt sich flotte Kasse machen. Bald also dürfen Besucher aus nah und fern einen Blick ins historische Konstanz werfen, denn Asisi entwirft ein Panoramabild, das an das Konstanz zu Zeiten des Konzils (1414-1418) erinnern soll. Damit die Gäste dieses Spektakels nicht auf die Idee kommen, sich beispielsweise im Rosgartenmuseum tatsächlich mit Konstanzer Geschichte zu beschäftigen und danach im Stadtzentrum die örtliche Gastronomie zu beglücken, wird oben im Turm ein Panorama-Restaurant eingerichtet. Die Speisekarte könnte in etwa so aussehen: Wolkensteinteller für die Kleinen, Kalbsgulasch à la Sigismund, oder ein leckeres Hus-Rinderhüftsteak, leicht durchgebraten. Darauf ein Schimmele – natürlich von Ruppaner.

Es ist guter Brauch, dass sich die Ratsdamen und -herren benachbarter Städte bisweilen treffen, um kommunalpolitische Gemeinsamkeiten auszuloten. Vergangenes Jahr pilgerten Konstanzer RätInnen Richtung Hohentwiel, nun wurden die KollegInnen aus Singen für Freitag, den 14.9., von OB Burchardt zum „freundschaftlichen Austausch“ nach Konstanz geladen. Ein Blick auf den Tagesablauf zeigt, dass man durchaus bereit ist, wichtige Themen anzugehen. 15 Uhr Treffpunkt im Bodenseeforum (solange es das noch gibt) mit anschließender Führung. Dann mit dem Schiff zum Konstanzer Hafen und Teilnahme am Festumzug des Konstanzer Oktoberfestes. Um 18 Uhr „Gemeinsamer Fassbieranstich“, unter anderem mit Landrat Frank Hämmerle und Stadtpräsident Thomas Niederberger aus Kreuzlingen. Dirndl- und Lederhosenausgabe mit dazu gehörigem Casting erfolgt bereits im Bodenseeforum.

Gerd Zahner, Rechtsanwalt und Autor, darf sich für sein neues Theaterprojekt über einen satten Zuschuss aus Stuttgart freuen. Er bekommt für sein Stück „Die Reis´“ eine Landesförderung in Höhe von 28.000 Euro. Auch die Stadt Singen unterstützt das Vorhaben mit 9000 Euro. Zahner hat sich die Geschichte der Jenischen vorgenommen, einer Volksgruppe, die nicht nur während der NS-Zeit unter Verfolgung und Stigmatisierung zu leiden hatte. Auch nach 1945 wurden die Jenischen, alleine in Singen leben rund 800 von ihnen, schikaniert und drangsaliert. Bis in die siebziger Jahre hinein wurden in der Schweiz vielen jenischen Familien die Kinder weg genommen und in Heime gesteckt. Man darf gespannt sein, wie Zahner dieses Thema aufbereitet. Die künstlerische Leitung übernimmt das Stadttheater Konstanz. Insgesamt acht Aufführungen sind im Oktober dieses Jahres geplant. Die Premiere, wie alle anderen Aufführungen auch, findet am 5. Oktober in der Singener Scheffelhalle statt, das Kulturzentrum GEMS ist Kooperationspartner.

Lange schon wird darüber debattiert, ob vor allem die Herren Conrad Gröber, Franz Knapp und auch Paul von Hindenburg angesichts ihrer Verwicklungen mit dem Nationalsozialismus weiter Ehrenbürger der Stadt Konstanz bleiben können. Auch Straßen sind nach ihnen benannt. Eine Expertenkommission, bestehend aus den Historikern Tobias Engelsing, Lothar Burchardt und Jürgen Klöckler, hat recherchiert und legt ihre Erkenntnisse kommenden Mittwoch der Straßenbenennungskommission vor, in der alle Fraktionen vertreten sind. Sollte es eine Mehrheit für die Umbenennung von Straßen geben, plant man vorab eine Anhörung der BürgerInnen, die von der Umbenennung als Anwohner direkt betroffen wären. Schlußendlich entscheidet dann der Gemeinderat.

H. Reile