Osners letzter Auftritt?

Es wird eng für den Konstanzer Sozial- und Kulturbürgermeister Andreas Osner. Das Gutachten über das Theaterstück „Mein Kampf“, das er in Auftrag gegeben hat, könnte ihm zum Verhängnis werden. Morgen tagt der Kulturausschuss zu eben diesem Thema in einer öffentlichen Sondersitzung ab 16 Uhr im Rathaus. Muss Osner rund zwei Jahre vor Ende seiner Amtszeit seinen Hut nehmen? Ein Kommentar.

Wer in den vergangenen Tagen Bürgermeister Osner durch die Stadt hat schleichen sehen, musste nicht zwei Mal hinschauen, um zu merken: der Mann hat schon bessere Tage erlebt. Und wer sich in der Stadt bei den Bürgerinnen und Bürgern umhört, der vernimmt immer öfter: „So geht das nicht, eigentlich ist der Osner fällig“.

Klar ist längst, dass Osner im Alleingang ein (mindestens) 13 000 Euro teures Gutachten in Auftrag gegeben hat, das herausfinden sollte, ob das Theaterstück „Mein Kampf“ mit seiner Vorgeschichte der Stadt und auch dem Theater geschadet habe. Was soll das, fragten sich viele, denn „Theaterskandale“, deren Haltbarkeit in der Regel nicht mal einen Monat überdauert, gab es hierzulande schon viele. Die Idee mit der Hakenkreuzbinde war überflüssig. Sie wurde zu Recht kritisiert, auch von Osner, interessiert aber heute kaum mehr jemanden.

Dem Vernehmen nach sollen mehrere Mitglieder aus dem Arbeitskreis Kultur, dem etwa Sarah Müssig vom Kulturbüro, Noch-Philharmonie-Intendant Beat Fehlmann und Museumsleiter Tobias Engelsing angehören, Osner nahezu beschworen haben, keine unnützen Aktionen in Gang zu setzen, denn das bringe nichts. Außerdem sei es nicht seine Aufgabe, so argumentierten andere, mit Steuergeldern einen persönlichen Rachefeldzug gegen Christoph Nix zu führen. Doch der SPD-Bürgermeister erwies sich als völlig beratungsresistent und kämpft nicht erst seit gestern erfolglos mit einer ausgewachsenen Profilneurose.

Nun steht er mit ziemlich abgesägten Hosen da und wird bei der morgigen Sondersitzung unangenehme Fragen beantworten müssen. Wie hoch ist das Honorar für das umstrittene Gutachten tatsächlich, denn mittlerweile ist von zwei Unternehmen die Rede, die daran mitgewirkt haben? Und aus welchen Töpfen stammt das Geld? Fragen, die auch seemoz an Osner bereits letzte Woche gestellt hat, die er aber unbeantwortet ließ. Er übt sich in nonverbaler Kommunikation und glaubt, er könne das von ihm angerichtete Chaos aussitzen.

Auch von delikaten Mails ist neuerdings zu hören, die zwischen Osner und Mitgliedern des AK Kultur hin und hergegangen sein sollen und die der schwer angeschlagene Bürgermeister auf keinen Fall veröffentlicht sehen möchte. Auch darüber wird zu reden sein. Interessant wird sicher auch, wie sich die SPD-RätInnen im Kulturausschuss zu ihrem Parteigenossen Osner verhalten. Sie waren alles andere als begeistert, als dieser seinen irrlichternden Weg einschlug. Zupass kommt ihnen Osners kulturpolitischer Veitstanz wirklich nicht, denn die Kommunalwahlen stehen vor der Türe.

H. Reile

Anmerkung: Nach Druck von allen Seiten wurde das Gutachten, das Osner lange unter Verschluss hielt, nun öffentlich gemacht. Allerdings nicht auf der Webseite der Stadt, wo es eigentlich hingehört. Einsehbar ist es über das städtische Informationssystem Allris, versteckt bei den Sitzungsunterlagen für die kommende Sitzung. Da nur wenige diesen Informationsweg einschlagen, geht’s hier zur Medienanalyse.

Ergänzung: Na also, geht doch. Gerade eben wurde das Gutachten nun doch auf die Seite der Stadt gestellt und ist dort nun auch nachzulesen.