Bagger rollen, Kräne ragen: Konstanz wird umgebaut

In den nächsten Monaten und Jahren werden in Konstanz einige Bauprojekte voran­getrie­ben, die das Stadtbild deutlich verbessern könnten und etwa die Rosgartenstraße zu einem schmuckeren Pflaster machen sollen. Reisende erwarten im nächsten Jahr an zwei Bahnhöfen Verbesserungen. Auch in Peters­hausen tut sich etwas bei der Umgestaltung des Telekom-Areals, denn der TUA beschloss einstimmig die Aufstellung eines Bebauungs­planes und formulierte die Ziele für den Ideen- und Realisierungswettbewerb.

Wolfgang Seez vom Tiefbauamt, das innerhalb der Stadtverwaltung „die Aufgabenfelder Straßenbau/Straßenplanung und deren Erhaltung, Verkehrstechnik sowie Kunstbauten (Brücken und Unterführungen) in der Stadt“ betreut, präsentierte einen Überblick über die augenfälligsten Vorhaben der nächsten sechs Monate. Dazu zählen einige Maßnahmen, die vielen KonstanzerInnen einen Stoßseufzer entlocken dürften, wie etwa die endgültige Verfugung der Rosgartenstraße, die noch vor dem Winter im Oktober abgeschlossen sein soll. Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt will man dann – mit leichter Verspätung – mit dem Kuhgässchen fertig werden.

Ein Projekt, das auf reges Interesse stößt, ist natürlich der nächste Schritt zur Umgestaltung der Marktstätte, der vor dem Beginn des Weihnachtsmarktes getan werden soll. Konkret geht es dabei um die Sitztreppen auf beiden Seiten der Unterführung zur Marktstätte hin. Die längst beabsichtigte Sanierung dieses Bereiches wurde übrigens in einzelne Bereiche und Gewerke aufgeteilt, weil zwei europaweite Ausschreibungen in den letzten Jahren jeweils nur einen Bieter gefunden hatten, der zudem deutlich überhöhte Preise forderte.

Konstanz ohne die Unterführung? Das ging jahrhundertelang gut. Was aber wäre Konstanz ohne seine Brücken? Die turnusmäßige gründliche Hauptuntersuchung der Alten Rheinbrücke ist zwar ein unscheinbares Unterfangen, aber extrem wichtig, wie die Ereignisse in Genua zeigen. Die nächste Untersuchung ist für Oktober und November angesetzt, wenn der Schiffsverkehr ruht, so dass auch die Unterseite ungestört zugänglich ist. Nach Angaben der Verwaltung soll es oben auf der Brücke keine größeren Einschränkungen für den Verkehr geben.

Bahnhöfe werden umgebaut

Auch an den Konstanzer Bahnhöfen (und bei „Bahn“ denken Stadtplaner wohl nicht in Jahren, sondern wegen der Unbeweglichkeit der DB eher in Generationen) soll sich einiges tun. Am Hauptbahnhof verengen derzeit Baustellen die ohnehin zu schmalen Bahnsteige, aber ein Ende zumindest dieser Qualen für Bahnkunden ist in Sicht: Im Sommer 2019 soll es dort endlich die lang geforderten Aufzüge geben. Die insbesondere für mobilitätseingeschränkte Menschen hilfreiche Erhöhung der Bahnsteige allerdings verzögert sich noch bis ins Jahr 2020. Die Erhöhung soll so gestaltet werden, dass die Menschen auch weiterhin vom Bahnsteig1 barrierefrei ins Bahnhofsgebäude und darum herum kommen, und die künftige Bahnsteighöhe wurde auch bei der Planung der Aufzüge berücksichtigt. Ganz billig ist der Umbau nicht. Zu den Gesamtkosten von 4.772.100 Euro trägt die Stadt 1.527.000 Euro bei.

Der Bahnhof Petershausen hat ja vor einigen Monaten endlich seine Z-Brücke bekommen, die allerdings bei manchen RadlerInnen auf Kritik stößt, weil der Belag im Vergleich zur Fahrradbrücke als unangenehm empfunden wird und die Spitzkehren wegen der Z-Form schwer zu befahren sind. Im Jahr 2019 soll in Petershausen der nächste große Schritt unternommen werden: Es werden zwei Außenbahnsteige entstehen, die den bisherigen Mittelbahnsteig ersetzen. Das heißt etwa für von auswärts einpendelnde SchülerInnen der anliegenden Schulen, dass sie nach Schulschluss direkt auf den Bahnsteig für die Heimfahrt stürmen können, ohne sich erst durch eine Unterführung quengeln oder über die Brücke stapfen zu müssen.

Weitere Informationen zu Bauvorhaben finden sich in der städtischen Vorhabenliste.

An der Moltkestraße geht es weiter

Das Telekom-Hochhaus in Petershausen ist (leider) weit über die Konstanzer Stadtgrenzen hinaus sichtbar – und als brutales Stück Architektur, das in Petershausen wie von einem anderen Planeten herbeigebeamt erscheint. Es ist mit seiner in die Jahre gekommenen Fassade nicht gerade ein Schmuckstück für Konstanz und einfach noch nicht alt genug, um Kultstatus beanspruchen zu können. Zum sogenannten Telekom-Areal, das jetzt neu genutzt werden soll, zählen außerdem der Pavillon mit dem Postamt, das Technikgebäude der Telekom, das auch künftig die Konstanzer Telefontechnik beherbergen wird, ein Wohnhaus, eine Turnhalle mit einer Tiefgarage darunter sowie ein Spielplatz. Es geht also um immerhin 19.000 Quadratmeter im Bereich der Moltke-/Jahnstraße, von denen 13.000 Quadratmeter Baugrundstücke sowie Verkehrsflächen sind.

Die Besitzverhältnisse sind auf den ersten Blick chaotisch, denn ein Teil des Geländes gehört der Stadt Konstanz, wobei es aber ein Dauernutzungsrecht an der Tiefgarage unter der Turnhalle für den Besitzer der bisherigen Telekom-Gebäude gibt. Der Rest des Geländes wurde bekanntlich 2017 von der PBD Immobilienentwicklungs GmbH erworben, die dort anderes plant: Während die Telekom weiterhin das Technikgebäude und das Dachgeschoss und Dach des Hochhauses für ihre Technik nutzen will, soll der Rest das Hochhauses in Wohnraum umgebaut werden, der in Konstanz ja zum Leidwesen der MieterInnen derzeit höchst profitabel ist.

Für das Gebiet gibt es noch keinen gültigen Bebauungsplan, deshalb wurde jetzt beschlossen, für den ganzen Bereich Moltke-/Jahnstraße, also auch die Verkehrsflächen rundherum, einen Wettbewerb auszuschreiben. An einer solchen Umnutzung eines großen Gebäudes hängt natürlich viel: Der Umbau in Wohnraum wird auch den Verkehr stark beeinflussen, Stellplatzschlüssel müssen geändert werden, man muss sich überlegen, ob die zahlreichen Neubewohner nicht eventuell eine eigene Kindertagesstätte benötigen, wo sie parken sollen usw. Der Wettbewerb soll bis April 2020 abgeschlossen sein, so dass bis Mitte 2021 der Bebauungsplan stehen kann. Das Hochhaus könnte ab 2020, der Rest ab 2022 umgebaut werden. Es ist übrigens nicht auszuschließen, dass auch Post und Postbank weiterhin an diesem Standort bleiben, verlautete bei dieser Gelegenheit. Damit ginge natürlich ein Wunsch vieler KonstanzerInnen in Erfüllung.

Keine städtischen Grundstücke mehr an Investoren?

Anne Mühlhäußer (FGL) forderte bei der Debatte über dieses Vorhaben im Technischen und Umweltausschuss, die Stadt solle das Turnhallen-/Tiefgaragengrundstück nicht wie geplant an PBD verkaufen, sondern als Reservefläche für die angrenzende Schule und die Feuerwehr behalten oder für Wobak-Wohnungen reservieren. Sie erinnerte daran, wie oft man den Verkauf städtischer Grundstücke am Ende bereut habe. Die Verwaltung hingegen war mit ihrem Vorschlag nicht glücklich: Die Stadt besitzt nur den oberen Teil des Gebäudes (siehe Foto), während die – übrigens wohl leckende – Tiefgarage von PBD genutzt werden darf und das Gebäude in seiner Insellage mit einem motorisierten Fahrzeug ohnehin nur über PBD gehörende Grundstücke zu erreichen sei. Damit seien die städtischen Möglichkeiten, das Ding sinnvoll zu verwenden, sehr begrenzt.

Außerdem sei unklar, ob man auf die Tiefgarage anstelle der Turnhalle überhaupt etwa anderes setzen könne, ohne die Stabilität des Ganzen zu gefährden. Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn sagte schließlich, nachdem auch Holger Reile (LLK) sich gegen das Verhökern städtischen Grundes ausgesprochen hatte, zu, das alles noch einmal abzuklären. So erfährt man denn schon vielleicht in dieser Woche im Gemeinderat, wie es sich mit Grundstück und draufgesattelter Sporthalle genau verhält. Der im Eck zur Theodor-Heuss-Schule hin gelegene Spielplatz jedenfalls wird nicht verkauft, sondern bleibt in städtischer Hand den kurzhalsigen Ungeheuern für Kurzweil und Spiel erhalten. Der Baubürgermeister kündigte für den Herbst eine öffentliche Informationsveranstaltung vor Ort an, nachdem man sich schon einmal mit der Bürgergemeinschaft Petershausen dort getroffen habe.

Gewerbe statt Wohnungen?

Unzufrieden mit dem Konzept des Hochhausumbaus in Wohnungen zeigte sich Thomas Buck (JFK), der als Vertreter einer „evidenzbasierten“ Politik die Moltkestraße in eine schmucke Einkaufsstraße umgestalten will, in der auch das Hochhaus in den unteren drei bis vier Etagen Praxen, Kanzleien, Läden usw. beherbergen könne, um neue Gewerbeflächen zu schaffen und das Quartier kommerziell zu beleben. Angesichts dieses wirtschaftsfreundlichen Vorschlages dürfte selbst so manchem gläubigen FDPler vor Neid die Spucke weggeblieben sein. Karl Langensteiner-Schönborn erläuterte allerdings, dass es im Hochhaus rechtlich durchaus die Möglichkeit gebe, Büros, Arztpraxen, Anwaltskanzleien und eventuell auch ein Café oder Restaurant unterzubringen. Der untere Teil des Technikgebäudes allerdings werde auch künftig für die Telekommunikationseinrichtungen der Telekom gebraucht, so dass man dessen Erdgeschoss auf keinen Fall in Läden oder ähnliches umbauen könne, ohne die gesamte Telekommunikationstechnik in Konstanz umzuziehen.

Was im Hochhaus und den anderen PBD gehörenden Gebäuden geschehe, und damit verwies der Baubürgermeister den Stadtrat Buck ganz evidenzbasiert auf das Baurecht, das sei nun einmal Sache des Immobilienbesitzers. Der habe den festen Willen, dort nur Wohnungen zu schaffen, weil er auf diesem Markt in Konstanz die größte Nachfrage sehe. Was so viel meint, aber das sagte Langensteiner-Schönborn natürlich nicht, wie dass man mit Wohnungen derzeit einfach den irrsten Reibach machen kann.

Eine Institution ist bedroht

Holger Reile wurde zum Schluss der Diskussion ungewohnt gefühlig. Er erinnerte daran, dass mit dem Umbau der Gebäude die Sammlung von Hans-Dieter Schmidt ihre Heimstatt verlieren wird. Schmidt hat mit viel privatem Engagement rund 1000 Apparate sowie 2500 Bücher zum Thema zusammengetragen und damit eine einmalige Dokumentation der analogen Telekommunikation geschaffen. Wer erinnert sich denn in Zeiten der E-Mail noch daran, wie ein Fernschreiber aussah oder was der Mondscheintarif aus den Menschen machte? Wer hat noch den moderigen Formaldehyd-Geruch von Bakelit in der Nase oder kann eine von der Wählscheibe abrasierte Fingerkuppe vorweisen? Wer bekundet denn noch, welch alltägliche Todesart es war, über das verhedderte Telefonkabel zu stolpern und mit dem Kinn ein letztes Mal auf den Couchtisch zu knallen? Hier bleiben diese goldigen Zeiten lebendig.

Noch hat diese Sammlung eine Gnadenfrist, aber was bei Beginn des Umbaus mit ihr geschehen wird, ist absehbar – und damit wäre ein gutes und liebevoll gepflegtes Stück Geschichte bald unwiederbringlich verloren.

O. Pugliese (Fotos: Harald Borges)