Godot kann kommen

Einen mutigen Saisonstart legt das Theater Konstanz am kommenden Wochenende hin: Mit dem Neoklassiker „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett und dem Dissidenten-Stück „Hundeherz“ von Michail Bulgakow proben die Regie-Urgesteine des Stadttheaters, Christoph Nix und Andrej Woron, die Umsetzung des Spielzeit-Mottos „vom Glück des Stolperns“. Und das Konstanzer Theater wäre nicht das Konstanzer Theater, wenn da nicht aktuelle, politische Bezüge vorkämen.

Die Theaterleute machen, was sie am besten können: endlich wieder klassisches Theater im Theater Konstanz. „Das Konstanzer Publikum verträgt solche ambitionierte Kost“, weiß Intendant Nix, der sich über 65 neue Abonnenten zur neuen Spielzeit freut, und eine weitere Neuigkeit ankündigt: Man bereitet eine Benefiz-Schau vor – die Künstler spenden ihre Gage an soziale Projekte der Stadt -, die 17.000 Euro einspielen soll: Honi soit qui mal y pense.

„Warten auf Godot“: Das Beckett-Schauspiel – Premiere ist am Freitag, 28.9.,im Großen Haus, 20 Uhr – spricht Nix, der auch Regie führt („Ich hätte hier viel mehr inszenieren sollen“), aus dem Herzen. Die Parabel von der Einsamkeit, die im Schweigen liegt, und die mit clownesker Komik ein absurdes Ende findet, ist seit ihrer Uraufführung 1951 skandalumwittert. Eine Bühne, ein Baum, zwei Figurenpaare – mehr brauchte Beckett nicht, um die Fantasie des Publikums ein halbes Jahrhundert lang zu fesseln.

Die beiden Clowns Wladimir und Estragon (s. Foto) warten auf einer Landstraße auf Godot. Sie wissen nichts über ihn, wissen nicht, ob er überhaupt kommt. Aber das Warten ist ihnen wichtig, selbst marode Schuhe und heftige Schläge können sie nicht vom einsamen Warten abhalten. Mit Pozzo und seinem Diener Lucky taucht ein zweites Figurenpaar auf, das bei einem zweiten Treffen blind und stumm ist. Alles wiederholt sich, nur schlimmer. Und die Erkenntnis bleibt: wir alle warten, warten immer – also worauf warten wir noch?

Ein Marketinggag überall in der Stadt

Nicht nur Stellwände und Plakate mit absurden Motiven machen auf die Godot-Premiere aufmerksam, auch Kreide­zeichnungen auf dem Straßenpflaster wollen ins Theater locken: „Guerilla-Marketing“ nennt Lutz Rauschnick das, wenn Slogans und Symbole rund um die Straßenlaterne überall in der Innenstadt auftauchen und auf das Beckett-Stück aufmerksam machen. Aber keine Angst: Der nächste Regenguss spült die Malerei wieder weg.

„Hundeherz“: Andrej Woron führt Regie im zweiten Stück zum Spielzeit-Start (Samstag, 29.9. in der Spiegelhalle, 20 Uhr): „Hundeherz“ nach dem Roman des russischen Dissidenten Michail Bulgakow war während der Stalin-Ära in der Sowjetunion verboten und konnte erst nach dem 2. Weltkrieg in Polen seine Premier feiern. Erzählt wird die abartige Geschichte des Chirurgen Preobrashenski, der menschliche Organe in einen Hundekörper verpflanzt und dadurch eine ewige Verjüngung des Menschen bezwecken will – eine Verballhornung der kommunistischen Idee vom „neuen Menschen“. Doch das Experiment läuft aus dem Ruder – der Hund überlebt und entwickelt menschliche Züge, aus Lumpi wird Lumpikow, der seinem Schöpfer zum Alptraum wird und ins Unglück stürzt.

hpk (Fotos: Theater Konstanz/Ilja Mess, Lutz Rauschnick)