Der seltsame Rücktritt des Landrats
KreisrätInnen, Mitarbeiter der Verwaltung und das zahlreiche Publikum waren gleichermaßen überrascht, als Frank Hämmerle am letzten Montag zu Beginn der Kreistagssitzung seinen Rücktritt als Konstanzer Landrat zum 30. April 2019 ankündigte. In seiner Erklärung versicherte ein merklich bewegter Hämmerle: „Ich bin nicht krank, nicht vergrämt und nicht amtsmüde“. Warum aber dann dieser Rücktritt zu diesem Zeitpunkt?
Ein Blick auf den vorgesehenen Ablaufplan gibt vielleicht Aufschluss: Demnach soll ein neuer Landrat am 25. März nächsten Jahres gewählt werden, um dann am 1. Mai sein Wahlamt anzutreten – also deutlich vor der Wahl eines neues Kreistages, die gemeinsam mit den Gemeinderatswahlen am 26. Mai 2019 stattfindet. Also nur ein wahltaktisches Manöver?
Einiges deutet darauf hin. Frank Hämmerle, Jurist, CDU-Mitglied und seit 1997 im Amt, ist offensichtlich daran gelegen, den Landratsposten in konservativer Hand, am besten in der eines CDU-Mitglieds, zu wissen. Bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im 68köpfigen Kreistag scheint das einigermaßen gesichert. Aber würde das auch für den neu gewählten Kreistag gelten?
Zweifel sind angebracht, denn viele alt gediente KreisrätInnen werden dem neuen Gremium nicht mehr angehören. So kandidiert der einstige Allensbacher Bürgermeister und ausgewiesene Verkehrsexperte Helmut Kennerknecht (CDU) nicht mehr, auch das Konstanzer SPD-Ehepaar Brigitte und Jürgen Leipold hat seinen Rückzug angekündigt. Aber wer wird nachrücken? Womöglich AfD’ler? In jedem Fall ist die Zusammensetzung des neuen Kreistages, angesichts auch der bundesweiten Verwerfungen in der Parteien-Landschaft, ebenso wenig abschätzbar wie die neuen Mehrheitsverhältnisse.
Da geht der alte Taktik-Fuchs Hämmerle doch lieber auf Nummer sicher und hantiert mit den Mehrheiten, wie sie jetzt sind: CDU: 23, Freie Wähler: 13, FDP: 5 erbringen eine ausreichende Mehrheit für eine/n konservative Kandidatin oder Kandidaten. Allerdings hat sich bislang kein Aspirant aus der Deckung gewagt. Doch im Kreistag, häufig als Bürgermeister-Parlament tituliert, werden sich sicherlich einige Oberbürgermeister oder Bürgermeister finden, die sich den lukrativen Posten vorstellen könnten. Gerüchte gibt es genug …
hpk (Fotos: hpk und Landratsamt Konstanz)
Es ist eine alte Forderung der LINKEN und anderer, Landräte vom Wahlvolk wählen zu lassen. Damit haben wir uns bis jetzt nicht durchsetzen können. Also wird auch der nächste Konstanzer Landrat alleine vom Kreistag gewählt.
@Jens Löffler: Da könnten Sie leider recht haben. An oberster Stelle steht der Machterhalt, um jeden Preis. Der Nachfolger wurde intern bestimmt schon auserkoren. Als Nächstes geht es darum, ihn der Öffentlichkeit optimal zu verkaufen, zwei Quoten-Kandidaten als Bauernopfer zu benennen, und dann darf – wer noch will, wählen.
Unfassbar, welches Demokratieverständnis hier an den Tag gelegt wird. Ich könnte wetten, daß wir somit bald eine OB-Wahl in Konstanz haben.