Intrigen bei der vhs: Reinhard Zahn kämpft um seine Existenz
Sein Bild prangt noch auf der website der Volkshochschule Konstanz/Singen (vhs), obwohl ihm bereits in der Probezeit ohne Angabe von Gründen gekündigt wurde. Als Strippenzieherin im Hintergrund gilt Dorothee Jacobs-Krahnen, VHS-Vorstandsmitglied und Stadträtin der FGL. Doch Reinhard Zahn, seit August neuer Hauptstellenleiter der VHS Konstanz, will nicht klein beigeben. „Ich werde kämpfen“ erklärt er gegenüber seemoz im Exklusivinterview
Herr Zahn, in Konstanz rätselt man, warum Sie noch während der Probezeit geschasst wurden. Was wirft man Ihnen eigentlich konkret vor?
Der Vorgang ist unglaublich. Vor Ende der Probezeit im Januar 2012 wird mir bereits zum November 2011 gekündigt, ohne mir die Gründe mitzuteilen. Ich denke, ich habe meine Arbeit zur Zufriedenheit aller erledigt. Auch mit den MitarbeiterInnen und DozentInnen bin ich bestens zurecht gekommen. Darüber hinaus habe ich für die vhs Konstanz-Singen ein Projekt gemeinsam mit der IHK und dem vhs-Verband vorbereitet. Die Unterstützung sowohl der IHK wie auch des vhs-Verbandes war fest zugesagt. Noch am 26.10. haben wir in der Geschäftsstelle der IHK gemeinsam mit den DozentInnen des Fachbereichs „Berufliche Weiterbildung“, das ist mein Fachbereich, und dem vhs-Verband über Einzelheiten des Projekts gesprochen. Ein Projekt dieser Art wäre einzigartig im Land Baden-Württemberg. Das heißt, man kann mir bezüglich meiner Arbeitsleistung und Loyalität nichts vorwerfen.
Wie schätzen Sie das persönlich ein, was Sie hier in Konstanz gerade erleben?
Bestürzend ist für mich die Tatsache, dass hier eine „öffentliche“ Einrichtung einem Mitarbeiter kündigt, ohne ihm die Chance zu geben, sich zu den ihm nicht bekannten Vorwürfen zu äußern. Die soziale Kälte, die mir hier entgegen schlägt, ist ein Skandal. Ich habe in an der Volkshochschule in Weil am Rhein einen sicheren Arbeitsplatz aufgegeben, elf Jahre war ich dort, und bin das „Abenteuer“ Konstanz eingegangen. Selbstverständlich wusste ich um die nicht ganz einfachen Verhältnisse in Konstanz. Dessen ungeachtet habe ich den Schritt gewagt, weil ich eine neue Herausforderung suchte und glaubte, sie in Konstanz zu finden. Nun will man mir zum 30.11.2011 kündigen, ohne zu berücksichtigen, was das für mich persönlich bedeutet. Der Vorstand vergeht sich an den Idealen, auf welche sich die Volkshochschulen verpflichten. Sie bekennen sich zu einer Kultur des Miteinanders, des Austausches, des kritischen Diskurses. Das Menschenbild ist ein humanes, soziales und zutiefst geprägt von Solidarität.
In einer Presseerklärung behaupten die Vorstandsmitglieder Nikola Ferling und Dorothee Jacobs-Krahnen, man habe mit Ihnen eine Vereinbarung getroffen, über die Hintergründe der Kündigung nichts nach außen dringen zu lassen…
Es gibt und gab keinerlei Absprachen. Ich habe mich auf nichts, aber auch auf gar nichts eingelassen und verpflichtet. Einen wie immer gearteten „Maulkorb“ hätte ich niemals akzeptiert. Das sind nur zweifelhafte Erklärungsversuche, um irgendwie aus dieser unsäglichen Geschichte heraus zu kommen. Diese angebliche Vereinbarung weise ich entschieden zurück.
Wie geht es nun weiter? Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen?
Ich bin in eine schwierige Situation geraten, denn hier wird anscheinend ohne darüber nachzudenken meine Existenz gefährdet. Sind sich die Damen und Herren eigentlich im Klaren darüber, was das alles für mich bedeutet? Diesen Vorgang werde ich so nicht hinnehmen. Aber ich kann Ihnen versichern: Ich werde kämpfen.
Das Gespräch führte Holger Reile
Aus der Berichterstattung der vergangenen Tage geht hervor, dass es in den letzten Jahren bereits mehre „unverhältnismässige“ Personalentscheidungen gab, die von einer unakzeptablen Rücksichtslosigkeit der Führungsebene bei VHS und den zuständigen Kommunal- und Landkreisvertretern gekennzeichnet waren. Von einer Stadt, die im Übrigen von einem grünen Bürgermeister geführt wird und der somit für Nachhaltigkeit steht, darf man verlangen, dass auch Kultur ganz groß geschrieben wird. Nachhaltige Kultur bedeutet aber zuallererst, wie wir miteinander umgehen. Was ich bislang erkennen kann, ist das genaue Gegenteil davon. Wird hier plötzlich deutlich, dass die Grundstruktur dieses andersartigen VHS-Konglomerats disfunktional ist und geändert gehört? Und zeigt sich nicht einmal mehr, wohin Intransparenz führt? Mit welcher Qualifikation haben sich die beiden amtierenden Vorstandsdamen – darunter eine Frau Dr. Bio von der „Freien Grünen Liste“ für dieses wichtige Amt empfohlen? Oder wer oder was hat sie dann dazu empfohlen? Leben wir nicht in einer Demokratie und gehört auch die Achtung der Mitarbeiter nicht zum Normalen? Was man aber liest: hohe Akzeptanz sowohl bei den Mitarbeiterinnen als auch den seit langem frustrierten DozentInnen für den neuen (alten) Leiter, der wie man erfährt 11 Jahre sehr gute Arbeit an anderer Stelle geleistet hat?
Es gibt nun Menschen, die das Ganze betroffen macht und sicherlich die Betroffenen selbst noch viel mehr und es gibt Beteiligte, bei denen die Abwesenheit von Betroffenheit und die Unfähigkeit zum Eingeständnis, dass man eben einen Fehler gemacht hat, klar hervortritt. Es ist die neue Welt, die die alte ablöst, aber die alte will bleiben, sie hat ja viel davon.
Konstanz braucht seine eigene VHS und eine VHS braucht auf allen Ebenen qualifizierte Mitarbeiter bis zur Leitung, die über ein hohes Maß an sozialer und emotionaler Intelligenz und Kompetenz verfügen muß. Das haben die Amtierenden im Amt offensichtlich nicht. Sie haben die Sache verbockt: nun darf der Bock nicht länger zum Gärtner gemacht werden.
@Hans Paul Lichtwald
Das klingt für mich etwas kryptisch. Wer sind denn die Brötchengeber und warum sind die Strukturen nicht mehr kontrollierbar? Wenn Ihre Kenntnisse von der VHS so viel weiter reichen, (als die der Foristen hier), wollen Sie unserer Unkenntnis nicht ein wenig abhelfen? In meinen Augen kann es gar keinen Betrieb geben, dessen Strukturen nicht mehr kontrollierbar sind, es sei denn ein Irrenhaus, in dem die Aufsicht auch irre ist.
Die VHS sollte man kennen, um darüber zu urteilen. Es geht nicht um einen Betriebsrat im Frauenhaus sondern um die Frage der Rechtsform und der Brötchengeber. Das sind keine kontrollierbare Strukturen mehr.
Das ist schon richtig, was in beiden Zuschriften steht. Dem Beschäftigten müssen keine Gründe genannt werden, dem Betriebsrat gegenüber wohl. Wenn der sein Amt ordentlich führt, teilt er dem Kollegen natürlich die Gründe mit, die dieser oder sein Anwalt auf Rechtmäßigkeit hin überprüfen kann.
Allerdings sind die Kündigungsgründe meist recht formal und in der Regel nicht angreifbar; das haben die Arbeitgeber natürlich längst gelernt. Trotzdem: Wenn die vhs betriebsratsfähig ist, sollte sie auch einen gründen. Manchmal wird der Betriebsrat „aus Versehen“ nicht angehört, was auch im Fall R.Zahn dazu führen würde, daß die Kündigung nicht wirksam wäre. Das Prozedere geht dann von vorne los. Hat man Glück, ist die Probezeit inzwischen verstrichen, was dann auf jeden Fall Kündigungsschutz bedeuten würde.
Ohne in einen juristischen Disput abzugleiten (ich denke mal, weder Hannes noch hpk sind ausgewiesene Arbeitsrechtler). Unbestritten ist, dass das Kündigungsschutzgesetz auch bei Kündigungen während der Probezeit Anwendung findet. So kann eine solche Kündigung trotzdem deshalb unwirksam sein, weil sie völlig willkürlich oder sittenwidrig ist (Mindestkündigungsschutz). Und von einer Sittenwidrigkeit der Kündigung oder von einer völlig willkürlichen Kündigung kann in diesem Fall womöglich ausgegangen werden.
Nebenbei: Die vhs-Beschäftigten wären gut beraten, einen Betriebsrat zu gründen. Der nämlich hätte auch bei einer solchen Kündigung vorab gehört werden müssen. Und spätestens dann müssen Gründe auf den Tisch.
So hart die Sache auch ist: Innerhalb der Probezeit darf jeder Arbeitgeber ohne Angaben von Gründen kündigen.