Schwierige Lage für Geflüchtete

Die Situation auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt ist für sozial schwache Menschen bekanntlich katastrophal, und für Flüchtlinge könnte sie sich gar als ein Haupthindernis für eine gelungene Integration in ihre neue Umgebung erweisen. Ihre Lage dürfte sich in absehbarer Zeit auch kaum bessern, zumindest rechnet die Stadt Konstanz bis 2020 mit erheblichen Fehlbelegungsabgaben für vom Landkreis bereitgestellte Unterbringungen. Hier einige Zahlen und Prognosen, die die Verwaltung jüngst vorlegte.

In den Jahren 2015 und 2016 kamen mehr Menschen als in den Jahren zuvor nach Deutschland; Männer, Frauen und auch Kinder, die – oft unter Lebensgefahr – vor den unerträglichen Zuständen in ihren Heimatländern flohen. 2017 und 2018 gingen die Flüchtlingszahlen dann wieder auf das Niveau von 2012/2013 zurück, was nicht zuletzt auf die zunehmende Abschottung Europas etwa im Mittelmeerraum zurückzuführen war. Die menschenwürdige Unterbringung sowie die soziale und berufliche Integration all dieser Menschen ist zu einer zentralen gesellschaftlichen Aufgabe der nächsten Jahre geworden, auch im idyllischen Konstanz, das den Weltläuften oft so entrückt zu sein scheint. Wie also steht es damit?

Die Stadt muss liefern – eigentlich

Das Verfahren ist klar geregelt: Geflüchtete werden bis zum Abschluss ihres Asylverfahrens oder für maximal zwei Jahre vom Landkreis beherbergt, der dafür (oft erbarmungswürdige) Erstunterbringungen vor allem in Gemeinschaftsunterkünften zur Verfügung stellt. Anschließend sind dann die Städte und Gemeinden für die zumeist dauerhaftere und im Idealfall komfortablere Anschlussunterbringung all jener verantwortlich, die nicht selbst eine Wohnung finden. Wie viele Flüchtlinge eine Kommune unterzubringen hat, ist von ihrer Einwohnerzahl und der Zahl der Geflüchteten abhängig.

Aufgrund der überdurchschnittlichen Flüchtlingszahlen von 2015 und 2016 durfte – wie seit Jahren absehbar – in der letzten Zeit eine relativ große Zahl an Flüchtlingen aus den Erstunterbringungen des Landkreises ausziehen und die Unterbringung durch die Stadt Konstanz in Anspruch nehmen. Diese sollte ja möglichst dezentral und in allen Stadtteilen erfolgen, um eine Gettobildung zu vermeiden. Für viele Menschen allerdings war dieser Anspruch nicht zu verwirklichen, weil die Stadt Konstanz nicht genug Wohnungen zur Verfügung stellen kann. Nach Angaben der Stadt fehlten am 01.01.2018 insgesamt 273 und am 01.07.2018 dann 279 Plätze.

Zum Stichtag 01.10.2018 lebten in Konstanz insgesamt 851 geflüchtete Menschen. Davon hatten 489 eine private Wohnung gefunden, 362 Personen existierten in einer städtischen Anschlussunterbringung, 54 davon in Wohnungen der WOBAK. Die Stadt Konstanz selbst unterhält folgende Unterkünfte:

Anschlussunterkunft

Maximale Belegung

Tatsächliche Belegung

Bücklestr. 11

74

65

Flurweg 14/14a (Egg)

44

44

Luisenstr. 11 (Atrium)

103

102

Mühlenweg 15/17 (Zergle)

67

67

Schottenstr. 10

30

30

Summe

318

308

„Umsetzung“ zwischen Unterkünften

Bei der Belegung wird zwischen städtischen Unterkünften und Wohnungen der WOBAK unterschieden. „Die erste Stufe der Unterbringung erfolgt in der Regel in einer städtischen Unterkunft. Diese Unterkünfte bieten den Vorteil, dass ein/e Integrationsmanager/in vor Ort ist. Frei werdende Wohnungen in den (komfortableren) Anschlussunterkünften in Egg, im Zergle oder in der Schottenstraße werden an Flüchtlinge aus den Unterkünften Bücklestraße oder Atrium vergeben. Die Umsetzung von einer Anschlussunterkunft in eine andere erfolgt in enger Abstimmung mit den IntegrationsmanagerInnen“, berichtet die Stadt. Der schaurige Fachbegriff „Umsetzung“ wird manche LeserInnen nicht von ungefähr eher an die Umsiedlung vom Straßenbau bedrohter Grottenolme als an eine würdige Unterbringung von Menschen erinnern.

Die WOBAK wird gefordert

Die zweite Stufe ist eine Unterbringung in WOBAK-Wohnungen „mit Aussicht auf Erhalt eines Mietvertrages für diese Wohnung. Die WOBAK stellt aus ihrem Bestand Wohnungen zur dezentralen Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung“, wobei bisher in 17 Wohnungen der WOBAK 54 Personen untergebracht wurden. Diese Wohnungen sind über das Stadtgebiet verteilt und mit einer bis fünf Personen belegt, das Bürgeramt hat mit der WOBAK für sie eine Nutzungsvereinbarung abgeschlossen. „Die Zuteilungsbescheide werden befristet für die Dauer von sechs Monaten mit Verlängerungsoption auf weitere sechs Monate erteilt.“ Innerhalb dieses Jahres entscheidet die WOBAK, ob die untergebrachten Personen einen Mietvertrag für diese Wohnung erhalten.

Dieses Verfahren ist auf den ersten Blick nicht unbedingt schlüssig, so fragt Anke Schwede von der LLK gerade mit Blick auf Kinder, SchülerInnen sowie Auszubildende, ob es nicht möglich sei, Betroffenen, die eventuell schon mehrere Umzüge in relativ kurzer Zeit hinter sich haben, mehr Planungssicherheit zu geben, statt ihre erste „eigene“ Wohnung auf zweimal sechs Monate zu befristen.

300 Menschen in Gemeinschaftsunterkünften

Außerdem gibt es in Konstanz auch weiterhin die vom Landkreis betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte zur Erstunterbringung (Steinstraße, Max-Stromeyer-Straße, Dörfle und Campus), in denen 300 Menschen teils mehr hausen als wohnen. Diese Unterkünfte sind schon längst nicht mehr bestimmungsgemäß belegt, denn immerhin 60 Prozent der BewohnerInnen hätten bereits das Recht auszuziehen.

Da aber die Städte und Gemeinden des Landkreises, so auch die Stadt Konstanz, wie erwähnt nicht genügend Wohnraum zur Anschlussunterbringung zur Verfügung stellen, müssen diese Menschen weiterhin dort ausharren. Die Stadt Konstanz hat zum Ausgleich eine Fehlbelegungsabgabe an den Landkreis zu zahlen, der diese Einrichtungen betreibt. Für das Jahr 2017 liegt sie bei monatlich 50 Euro pro Platz, was sich voraussichtlich auf 252.700 Euro summiert. Für 2018 sind die Kosten für die Stadt unklar, im „Entwurf des Doppelhaushalts 2019/2020 sind bereits Mittel in Höhe von 700.000 € (2019) und 400.000 € (2020) für die Fehlbelegungsabgabe der Jahre 2019 und 2020 eingestellt“. Die Verwaltung rechnet also augenscheinlich nicht damit, für die Geflüchteten in den nächsten Jahren ausreichend Wohnraum zu schaffen.

So soll es weitergehen

Das Fazit: „Im Jahr 2018 sind in der Bücklestraße 74 Plätze geschaffen worden und mit der Übernahme des Atriums an der Luisenstraße ab Mitte September sind weitere 103 Plätze für die Anschlussunterbringung entstanden. Bei der WOBAK konnten bisher 54 von 120 Plätzen in Wohnungen realisiert werden. Insgesamt sind so in 2018 ca. 230 Plätze für die Anschlussunterbringung entstanden.“ Damit wurden die für 2018 angestrebten 310 Plätze nicht erreicht, die Stadt liegt also circa 80 Plätze unter Plan. Deshalb werden „derzeit die Verträge zur Anmietung eines Wüstenrot-Gebäudes in Dettingen auf fünf Jahre ausgearbeitet.“

Mitte 2019 soll das Wohnbauprojekt „Am Sonnenbühl“ mit circa 80 Plätzen zur Verfügung stehen, jedoch entfällt bereits im September 2019 die Unterkunft in der Bücklestraße mit 74 Plätzen. Auch hier erweist es sich wieder, welche Chance zu einer dauerhaft sozialverträglichen Stadtentwicklung vertan wurde, als der Gemeinderat es mehrheitlich ablehnte, das Siemens-Areal an der Bücklestraße zu erwerben, um es selbst bedarfsgerecht zu entwickeln, statt es der Profitmaximierung durch den so genannten freien Markt auszuliefern.

Im Jahr 2020 sollen dann mehrere Wohnungsbauprojekte durch die WOBAK fertiggestellt werden: Dabei handelt es sich um den Zähringer Hof 2 im Bauabschnitt Steinstraße mit circa 27 Wohnungen sowie ein Vorhaben im Pfeiferhölzle mit circa 84 Wohnungen, circa 20 Wohnungen sollen auf dem ehemaligen Spielplatz an der Wollmatinger Straße entstehen, und an der Fürstenbergstraße sind circa 18 Wohnungen geplant.

Nicht geplant hingegen sind kostenlose Busfahrten durchs Musikerviertel, auf denen sozial schwache Menschen mal sehen dürfen, dass Wohnen auch Spaß machen kann.

O. Pugliese, Quelle: Material der Stadt Konstanz

Mehr Informationen:
http://www.konstanz.sitzung-online.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1003701
http://www.konstanz.sitzung-online.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1003700