Mitmachen im Lustschloss

Ein Vorhaben der Südwestdeutschen Phil­har­monie wirft seine Schatten weit voraus: Am 16.11. ist Anmeldeschluss für alle Konstan­zerIn­nen, die bei „Daheim – Eine Odyssee“ im nächsten Sommer auf, vor, hinter oder neben der Bühne stehen, tanzen, singen, schneidern, catern oder sonst wie mitmachen wollen. Das gemeinsam erarbei­tete Werk wird zusammen mit dem Orchester am 4. und 5. Juli 2019 im Kon­stanzer Lustschloss aufgeführt, und natürlich kann man/frau sich vorher bei Projekttagen näher kennenlernen.

Die Idee ist für Konstanz neu und noch unter der Intendanz von Beat Fehlmann entstanden: Das Orchester will raus aus seinen klassischen Spielstätten Konzil und Fischmarkt und zusammen mit den KonstanzerInnen ein großes Kunstprojekt auf die Beine und eine ausreichend große Bühne stellen. Wer also schon immer mal auf den Brettern, die die Welt bedeuten, stehen wollte, ist ebenso eingeladen wie Menschen, die kochen, handwerken, nähen, mitdenken, Werbung gestalten oder einfach mal etwas erfinden können.

Das Alter spielt dabei keine Rolle, jede/r ist eingeladen, sich anzudocken. Dabei arbeiten Laien in allen Bereichen gemeinsam mit Profis wie etwa dem Münsterchordirektor Steffen Schreyer, dem Heidelberger Generalmusikdirektor Elias Grandy oder Elke Scheller, die fürs Tänzerische zuständig ist. Der Schauspieler Oliver Wnuk ist ebenso Teil des Teams wie die Bremerin Silke Schumacher-Lange als künstlerische Leiterin.

Whow!-Effekt

„Unser Ziel ist keine Revue, in der jede Gruppe mal mit einer Nummer drankommt“ berichtet Projektleiterin Corinna Bruggaier, „sondern ein musik-theatrales Kunstwerk mit Whow!-Effekt, bei dem natürlich auch die Kostüme und das Bühnenbild eine zentrale Rolle spielen.“ Fest gesetzt für dieses Werk, das aus der Exzellenzförderung finanziert wird, sind bereits mehr als 200 SchülerInnen der Geschwister-Scholl- und der Haidelmoosschule. Für den Leiter der GSS, Thomas Adam, passt das Thema denn auch bestens zur anstehenden Generalsanierung „seines“ Schulgebäudes, die sicher zu mancher Odyssee und manch überraschtem Blick auf das eigene, eben doch noch so vertraute „Zuhause“ führen dürfte.

Was daraus wird, muss sich noch zeigen

Was dabei entsteht, bleibt abzuwarten. Das Thema „Daheim – Eine Odyssee“ klingt zuerst recht abstrakt, aber es ist natürlich ein Thema, das (fast) jede/n anspricht, so dass viel Raum für Fantasien bleibt. Auf eine solche Odyssee werden sich das Orchester und die vielen anderen Mitwirkenden begeben, wenn sie entlang des thematischen roten Fadens ihr Kunstwerk entwickeln. Das Stück wird an drei Projekttagen im Februar, März und Mai 2019 Gestalt annehmen und Anfang Juli dann drei Tage lang geprobt.

Es ist nicht ganz einfach, mit derart vielen Menschen zusammen ein Kunstwerk zu erfinden, deshalb stehen hinter dem Projekt einige Profis, die Erfahrung auf diesem noch recht jungen Feld der BürgerInnenbeteiligung an Kunstprojekten haben. Eine derartige Großveranstaltung macht viel Arbeit und verlangt ein gehöriges organisatorisches Wissen, von der Zelt- und Bühnentechnik über die behördlichen Genehmigungen bis hin zur Security und dem Catering braucht es einfach viel Hirnschmalz, damit das Vorhaben gelingt und zum Erfolg wird.

Die Leiterin Corinna Bruggaier kann auf all dies verweisen. Sie hat für die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen an Stadtteilprojekten gearbeitet und als Geschäftsführerin eines eigenen Unternehmens große Musik-, Theater- und Tanzprojekte im norddeutschen Raum auf die Bühne gestellt. Sie kann sich daher auf ein entsprechendes Netzwerk von Fachleuten verlassen, das sich jetzt auch in Konstanz bewährt.

Das Lustschloss

Stattfinden wird das alles im „Lustschloss“, einem Palastzelt von 1600 Quadratmetern Grundfläche, das etwa 1000 BesucherInnen Platz bietet. Dieses Zelt wird in der Stadt für rund drei Wochen an einem besonderen Platz errichtet und soll die Möglichkeiten bieten, die man in Konstanz mangels eines eigenen Konzerthauses sonst nicht hat. Nach der Aufführung von „Daheim – Eine Odyssee“ in der ersten Juli-Woche dient das Lustschloss dann eine weitere Woche lang als Spielwiese für das Orchester und die neue Intendantin Insa Pijanka sowie anschließend eine weitere Woche als Bühne für andere künstlerische Projekte. Um das Zelt herum soll ein Markt für alles Mögliche entstehen, auch hier sind Ideen gefragt. Es ist insbesondere für die mitwirkenden Laien immer inspirierend, wenn die halbe Stadt auf den Beinen ist und ihr Lustschloss so richtig brummt.

Auch ein Bett ist noch frei

Aber funktioniert ein derart großes und für die Stadt am See neues Format bei einem in Fragen der Philharmonie tendenziell eher konservativ gestimmten Publikum? Corinna Bruggaier jedenfalls ist sehr angetan von der großen Offenheit der KonstanzerInnen für ihr Projekt. So erzählt sie begeistert von einer Frau, die einen ganz besonderen Beitrag offeriert hat: „Ich habe zuhause noch ein Bett frei, darin kann gern die Regisseurin übernachten.“

Harald Borges (Bild: Südwestdeutsche Philharmonie)

Anmeldung & Kontakt: Corinna Bruggaier, corinna.bruggaier@konstanz.de, Tel. 07531 900-817