Bullshitbingo und Problemfrauen

Es passiert ja doch immer mal wieder: Jemand macht einen sexistischen Spruch und keiner sagt was. Oder es sagt doch wer was und wird dann augenrollend als hysterisch bezeichnet. Stunden später fällt einem dann ein cooler Konter ein. Safty first heißt es aber auch hier und drum gibt’s zwei tolle Bücher als Lektüretipp.

„Frauen und Hunde haben ein Problem mit der Wahrnehmung von Geschwindigkeit“, so wurde es mir kürzlich auf einer Familienfeier erklärt. Das sei auch der Grund, warum keine Frau das herrschaftliche Auto fahren dürfe, ging es weiter. Auf meine Frage, woher diese Erkenntnis denn stamme: das wurde früher an der Universität unterrichtet. Ich bin mir nicht sicher, aber es muss schon krass lange her sein, dass meine Öhis zur Uni gegangen sind. Frühes Mittelalter oder so. Ich verließ die Szene ohne Worte. Was gibt es dem auch noch hinzuzufügen?

Wenige Wochen später fragte mein Partner, wo denn mein Putzeimer sei, er wolle den Boden wischen. Mein Putzeimer. Okay, mag sein, dass ich diesen Gegenstand käuflich erworben habe, aber bei dieser Zuschreibung in meinen Besitz/Zuständigkeitsbereich ist dann alles übergekocht. Der Partner bekam die Standpauke, die eigentlich dem Hundefrauenonkel gehört hätte. Es ging eine geschlagene Stunde. Er zog sich beleidigt zurück, er wollte ja schließlich putzen und dann wird ihm Machismus vorgeworfen… Der Feminismus ist nicht immer einfach. Quod erat demonstrandum. Was tun, als moderne Person?

No more Bullshit, please

Das hat sich auch das österreichische Frauennetzwerk Sorority (engl. Schwesternschaft) gefragt und eine Veranstaltungsreihe mit dem Titel „No more Bullshit!“ gestartet. Dort wurde gemeinsam nach sexistischen und diskriminierenden Vorurteilen gesucht, die uns im Alltag immer mal wieder über den Weg laufen. Zusammenfassend ist nun ein Handbuch erschienen. In 18 Beiträgen äußern sich Autorinnen und Autoren aus verschiedenen Genres zu unterschiedlichen Facetten des Sexismus. Die österreichische Autorin Stefanie Sargnagel steuert eine schöne Grafik bei, Fränzi Kühne, eine der jüngsten deutschen Aufsichtsrätinnen, einen Beitrag, ebenso wie Rapperin Lady Bitch Ray. Aber auch von wissenschaftlicher Seite kommen Aufsätze und Analysen. Was ist der Pay-Gap? Wie verhalten sich wahre Rabenmütter? Warum ein Feminist auch ein Humanist sein kann und dass Gollum aus Herr der Ringe die pimmelförmige Inkarnation emotional verarmter Männlichkeit ist – all dies und noch viel mehr gibt es hier nachzulesen. Diverse Bullshit-Aussagen werden gesammelt und mit Comics illustriert. So entsteht ein unterhaltsamer und ebenso gehaltvoller Ratgeber, dessen Lektüre informiert und gleichzeitig Spaß macht – ein Weihnachtsgeschenk für jedermann und jederfrau also.

Eine Bullshitfloskel hätte ich aber noch zur Ergänzung. Gute Noten, Gehaltserhöhungen und Auszeichnungen werden gerne gekürt mit der Aussage: „Der steht halt auf dich.“ Gemeint ist wahlweise der Professor, Chef oder Juror, der für die Anerkennung verantwortlich und zeitgleich unglücklicherweise männlich ist. Dass es sich hierbei eindeutig um Bullshit handelt, erkennt frau daran, dass keine Einladung in ein Vier-Sterne-Hotel oder ähnliche Vergnügen gemeinsam mit der Anerkennung verliehen werden. Sollte dies doch der Fall sein – auch das kommt leider vor – darf dem Einladenden meines Erachtens in aller Deutlichkeit nahelegt werden, dass es sich hierbei nicht nur um eine eindeutige Grenzüberschreitung des professionellen Rahmens handelt, sondern auch um eine Geste, die dafür verantwortlich ist, dass künftig weiterhin Leistungen von Frauen nicht ernst genommen, sondern auf deren „Funktion als Frau“ reduziert werden. Der Dozent einer Freundin umgeht dieses Problem übrigens sehr geschickt, indem er Studentinnen generell schlechter bewertet, um sich diesen Vorwurf nicht zuschreiben zu lassen. Auch eine galante Lösung.

Frauenprobleme und Problemfrauen

Womit wir wieder bei Universitäten wären. Für alle, die sich noch mehr für das Frauen-und-Geschwindigkeits-Thema interessieren, gibt es auch einen ganz hervorragenden Literaturtipp: Jacky Flemming zeigt in „Das Problem mit den Frauen“ mit einer ordentlichen Portion Sarkasmus auf, wie es dazu kommt, dass wir außer Marie Curie kaum eine Wissenschaftlerin in Geschichtsbüchern finden.

Die Antwort ist simpel, auch Darwin kannte sie schon: das weibliche Hirn ist kleiner, die Frau ist zu nicht viel mehr in der Lage als zum Klatschen und Sticken hübscher Bildchen. Darwins Kollege Georg Romanes stellte darüber hinaus fest, dass Frauen zwar 140 Gramm weniger Hirnmasse hätten, dafür aber das glücklichere Händchen beim Einrichten und Enttäuschtsein. Weitere aufschlussreiche Erkenntnisse von Rousseau bis Picasso sind hier gesammelt und mit herrlich witzigen Zeichnungen versehen. Auch dies ein super Präsent für die anstehenden Feiertage – die nächste Familienfeier kommt nämlich bestimmt. Dann befolgen wir die Tipps aus dem Bullshithandbuch: Tief durchatmen, kritische Fragen stellen, den Humor nicht verlieren. Gepaart mit ein paar Zitaten über die historischen Problemfrauen gelingt das auf jeden Fall. Frohes Fest!

Veronika Fischer (Text und Foto)


Zu den Büchern:

Sorority e.V. (Hrsg.): No More Bullshit: Das Handbuch gegen sexistische Stammtischweisheiten, Taschenbuch, 192 Seiten, Kremayr & Scheriau, 2018

Jacky Fleming: Das Problem mit den Frauen, 128 Seiten, KiWi-Taschenbuch, 2017