Dozenten proben die Solidarität mit Reinhard Zahn

Weit über 100 Dozentinnen und Dozenten arbeiten an der Volkshochschule (vhs) Konstanz-Singen. Und einige, längst nicht alle, proben, nein: nicht den Aufstand, aber die Solidarität mit dem gefeuerten vhs-Chef Reinhard Zahn. Am heutigen Montag treffen sie sich im Konstanzer Stephanskeller und wollen einen Brief an die politisch Verantwortlichen verabschieden. Tenor und Ziel: Rücknahme der ungerechtfertigten Kündigung von Reinhard Zahn.

„Das Lehrpersonal ist zutiefst wütend“, berichtet Elisabeth von Bismarck, seit mehr als einem Jahrzehnt als Dozentin in der Katzgasse, „und das nicht erst seit dieser letzten Kündigung“. Schon die nie aufgeklärten Umstände um die urplötzliche Kündigung des Ehepaars Schmid, beide einst in leitender Verwaltungsfunktion bei der vhs, sorgte für Unruhe. Der Dozent Dennis Riehle spricht gar von „Selbstzerfleischung des Hauses“ (s. Stellungnahme im Anschluss). Und Laura Memo, Sprecherin des Dozenten-Sprecherrates, weiß: „Diese Kündigung ist – sorry für den viel zu harmlosen Vergleich – der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt“.

Die protestierenden Dozenten wünschen sich auch mehr Gegenwehr der vhs-Beschäftigten. Mit deutlich über 20 Mitarbeitern ist das „Unternehmen Voklkshochschule“ nämlich laut Gesetz betriebsratsfähig – es braucht nur engagierte Kolleginnen und Kollegen, die mit Unterstützung der Gewerkschaft einen Wahlausschuss bilden, um eine Betriebsratswahl einzuleiten. Wenigstens einem Betriebsrat gegenüber hätten beispielsweise die Kündigungsgründe in Sachen: Zahn und Schmid offen gelegt werden müssen – die Verdunkelungstaktik des vhs-Vorstandes hätte ein Ende.

Mit ihrem Schreiben an Bürgermeister und Landrat, die politisch Verantwortlichen für die Volkshochschule, wollen die DozentInnen nicht nur die Rücknahme der Zahn-Kündigung durchsetzen, sondern auch ein Zeichen in der Öffentlichkeit setzen: „So kann es nicht weitergehen an und mit der Volkshochschule“.

Autor: hpk

Stellungnahme eines Dozenten:

Ich bedanke mich herzlich für Ihre eindeutigen Worte nach den neuen Turbulenzen an der „Kreis-VHS“. Tatsächlich kam auch für mich und alle anderen Dozentenkollegen die Kündigung des neuen Hauptstellenleiters in Konstanz innerhalb der Probezeit völlig unerwartet. Ich hatte gehofft, die Schlagzeilen würden langsam ein Ende nehmen, daher bin ich schockiert, dass die VHS sich selbst wohl derzeit „an die Wand fährt“.

Zweifelsohne haben sich die Umstände seit spätestens dem Antritt der ehemaligen Direktion, vor den Umstrukturierungen der Satzung, die in sich schon eine neue Provokation darstellen, drastisch verschlechtert. Die zugehörigen Bürgermeister zur jetzigen Mitgliederversammlung haben schon im Laufe des Jahres nahezu eine Jagd auf Dozenten veranstaltet, denen man vorwarf, keine ausreichende und nachweisliche Qualifikation für ihre Tätigkeit mitzubringen. Ich gehörte unter anderem zu einem dieser wohl etwa 20 Dozenten, die von der VHS Post erhielten – im Stil von „Einem der Bürgermeister ist aufgefallen, dass Sie gar nicht zertifiziert oder kein abgeschlossenes Studium haben“. Man fragt sich, woher ein Bürgermeister das wissen will – und ob das die Aufgabe eines Bürgermeisters ist, sich mit der Prüfung von Dozenten auseinander zu setzen. Eigentlich sollten diese eine Gemeinde leiten. Man muss schon sagen, dass das ein harter Angriff war, einer Rufschädigung nahe kommend.

Nicht nur, dass ich mehrere Zertifikate nachweisen konnte – was zu einem kleinlauten Rückrudern der VHS geführt hat. Gleichermaßen steht nirgends geschrieben, dass Dozenten einen Studienabschluss haben müssten. Die VHS meinte hier im Nachhinein nur, man habe sich falsch ausgedrückt – natürlich sei  kein Hochschulabschluss notwendig, um als Dozent tätig zu sein.

Dass sich darüber hinaus eine Politik innerhalb der VHS fortgesetzt hat, die unliebsame und den neu gesetzten Anforderungen an Wirtschaftlichkeit und Modernisierung nicht entsprechende Mitarbeiter zum Gehen gezwungen hat, muss man nahezu als Selbstzerfleischung des Hauses sehen. Klar ist: Die Organisationsstrukturen haben sich erheblich verschlechtert. Vorträge wurden wegen angeblicher Krankheit von Dozenten abgesagt, obwohl der Dozent gar nicht krank war – sowohl Dozent und Zuhörer standen unglaubwürdig vor dem Hinweisplakat „fällt wegen Krankheit aus“. Dozenten kommen in die VHS und bekommen keinen Raum für ihre Veranstaltung, obwohl dieser schon auf den Verträgen festgehalten wird. Und die Abendkasse soll neuerdings kassieren, Räume herrichten, Dozenten begrüßen, Kopien anfertigen. gleichzeitig. Nicht verwunderlich, dass da Vieles schief läuft.

An diesem Wochenende ist die Empörung unter den Dozentenkollegen hoch. Manche haben nach Bekanntwerden der Kündigung des neuen Hauptstellenleiters mitgeteilt, dass sie selbst keine Dozentenverpflichtungen an der VHS mehr eingehen werden. Gleichermaßen werden wir als Dozenten mittlerweile schon belächelt, in solch einer Einrichtung tätig zu sein und werden offen auf die Vorgänge angesprochen, über die auch wir nur mutmaßen können. Glücklicherweise hat sich die Dozentenvertretung rasch geäußert und positioniert. Nach dem Erreichen von Honoraranpassungen und einem scheinbar leichten Aufwärtstrend setzt sich nun das Schicksal der VHS fort. Das ist mehr als schade – denn immerhin sollte sie ein Haus sein, das den Bürgerinnen und Bürgern offen steht. Manch einer traut sich aber nun kaum noch in die „Höhle des/der Löwen“.

Dennis Riehle