Wenn der Staatsanwalt zwei Mal klingelt
Razzia beim Waffenhersteller Heckler & Koch: Rund 300 Beamte durchsuchten gestern die Geschäftsräume des Unternehmens in Oberndorf (Kreis Rottweil) sowie mehrere Privatwohnungen. Es geht um G36-Schnellfeuergewehre, die verbotenerweise nach Mexiko geliefert worden sein sollen. Und es geht um den Feldzug des Rüstungsgegners Jürgen Grässlin gegen die Waffenschmiede
Mehrfach schon hatte Grässlin die Oberndorfer Waffenschmiede im Visier: So geht auch diese Razzia auf eine Anzeige des Freiburger Buchautoren und Rüstungsgegners vom Frühjahr 2010 zurück. Bereits Ende 2010 hatte die Staatsanwaltschaft deshalb das Unternehmen wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Außenwirtschafts- und das Kriegswaffenkontrollgesetz durchsucht. Die Ermittlungen dazu seien noch nicht abgeschlossen, versichert das Landeskriminalamt in Stuttgart.
Der Waffenhersteller ist seit längerem im Fokus der Ermittler. Aktuell geht es um illegale Waffenlieferungen nach Mexiko. Die Staatsanwaltschaft prüft, ob das Unternehmen im Jahr 2005 trotz eines ausdrücklichen Verbots tausende Schnellfeuergewehre an vier Bundesstaaten in Mexiko geliefert hat, in denen es Menschenrechtsverletzungen gab. Und es geht neuerlich um Hinweise auf Schmiergeldzahlungen. So besteht der Verdacht auf langjährige Bestechung inländischer und ausländischer Amtsträger. Demnach soll das Unternehmen in Mexiko Beamte mit Bargeldzahlungen bestochen haben, um Lieferaufträge zu bekommen. Auch in Deutschland könnte in diesem Zusammenhang Geld geflossen sein, bestätigte die Staatsanwaltschaft Stuttgart.
Zuletzt war Heckler & Koch in die Schlagzeilen geraten, nachdem G36-Sturmgewehre aus Oberndorf bei Truppen des libyschen Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi gefunden worden waren. Medienberichten zufolge soll ein Sohn Gaddafis das Geschäft im Frühjahr 2003 bei einem Besuch in der Firmenzentrale in Oberndorf eingefädelt haben, obwohl es damals schon ein Waffenembargo für sein Land galt. Heckler & Koch betont stattdessen, die Waffen seien regulär nach Ägypten geliefert worden. Wie sie dann nach Libyen kamen, könne das Unternehmen auch nicht erklären.
Und auch in Saudi-Arabien mischt die Waffenfirma aus Oberndorf mit. Wie seemoz bereits im Juli berichtete, wird derzeit eine Produktion für moderne G36-Gewehre mit Hilfe des Waffenherstellers in Saudi-Arabien aufgebaut. Die „Aktion Aufschrei: Stoppt den Waffenhandel“, ein bundesweites Bündnis aus zehn kirchlichen und Friedensorganisationen und einmal mehr von Grässlin initiiert, kritisierte dies damals scharf.
Autor: hpk (auch mit Material von SWR und Spiegel online)
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