Kreuzlingen: Bürgerliche wollen keine Lohngleichheit

Selten ging es im Kreuzlinger Gemeinderat so hoch her, wie bei der Diskussion um die Lohngleichheit: Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März verschickte die Sozialdemokratische Partei (SP) des Thurgaus im vergangenen Jahr an alle Gemeinden im Kanton eine Einladung, die Lohngleichheits-Charta zu unterzeichnen. Die Stadt Kreuzlingen würde sie ebenfalls unterschreiben – aber die bürgerlichen Parteien wehren sich vehement.

Im Jahre 2016 lancierte SP-Bundesrat Alain Berset die „Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor“, durch deren Unterzeichnung sich Kantone und Gemeinden bereit erklären, in öffentlichen Institutionen für gleichen Lohn bei gleicher Arbeit zu sorgen – unabhängig vom Geschlecht.

In der Schweiz ist das Gleichstellungsgesetz seit 1981 in der Bundesverfassung verankert, dennoch herrscht bis heute eine unerklärliche Differenz bei der Entlohnung von Männern und Frauen, die in keinerlei Zusammenhang mit Qualifikation wie Ausbildung und Berufserfahrung oder anderen feststellbaren Faktoren steht. Im Thurgau liegt diese „unerklärliche Lohnungleichheit“ bei etwa 7,4 Prozent.

Die GemeinderätInnen der SP Kreuzlingen haben im Spätherbst 2018 bereits für die Unterzeichnung der Charta der Lohngleichheit im öffentlichen Sektor geworben. „Obwohl sich auch der Kreuzlinger Stadtrat für diese Charta eingesetzt hat, wurde dieser Antrag von der bürgerlichen Mehrheit mit fadenscheinigen Argumenten abgelehnt“, schreibt Cyrill Huber, Präsident der SP Kreuzlingen, in einer Pressemitteilung. Welche Gründe, fragt Huber, gebe es überhaupt, einen zentralen demokratischen Verfassungsgrundsatz nicht mit offensichtlich nötigen Maßnahmen zu stützen und durchzusetzen?

„Die SP Kreuzlingen ist weiterhin der Meinung, dass es nach über 35 Jahren Gleichstellungsartikel nun Zeit ist, die weiterhin bestehende Ungleichheit zu beseitigen“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. „Mit einer Petition fordern wir den Stadtrat dazu auf, diese Charta nun offiziell zu unterzeichnen.“

Der Stadtrat, die Exekutive, habe bereits in der Botschaft signalisiert, dass er die Charta gerne unterschreiben wolle. „Da dieses Anliegen nun durch die Fraktionen SVP, FDP/EVP und Teile der CVP abgelehnt wurde, wollen wir den Stadtrat ermutigen, dies trotzdem zu tun“, sagt Charis Kuntzemüller, SP-Gemeinderätin. „Wir finden es wichtig und richtig, dass die Stadt als große Arbeitgeberin ein klares Signal gegen Lohndiskriminierung sendet, beziehungsweise hier stark in der Verantwortung steht.“ Bis dato haben neun Gemeinden aus dem Thurgau die Charta unterschrieben (siehe Karte).

Um den Stadtrat zu ermutigen, seine Vorbildfunktion gegenüber privaten Arbeitgebern wahrzunehmen, hat die SP nun die Petition gestartet: Auf der Homepage der SP Kreuzlingen ist sie aufgeschaltet und kann von jeder Frau und jedem Mann unterzeichnet werden. Dort können zudem die Unterschriftenbögen heruntergeladen werden. „Ab Mitte Februar gehen wir dann auch auf die Strasse und machen Standaktionen“, so Kuntzemüller. Am 8. März 2019, anlässlich dem Tag der Frau, werde diese Bittschrift dann der Stadtkanzlei übergeben.

Judith Schuck (Bild: Frauenzentrale Zürich, Quelle: www.workzeitung.ch, Karte: SP Kreuzlingen)

PS: Bei der Lohnungleichheit gehört Deutschland übrigens zur Spitzengruppe der EU-Staaten. Hier beträgt der Unterschied rund zwanzig Prozent. Auch im zumeist von Tarifverträgen geregelten öffentlichen Dienst ist die Differenz markant: Sie liegt nach Schätzungen des Beamtenbunds bei etwa acht Prozent.

Link zur Online-Petition: Jetzt unterschreiben: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!