Der Verwaltung auf die Finger (sc)hauen
Man hört aus BürgerInnenmund immer wieder die politikverdrossene Klage, die da oben im Rat täten nichts außer schwätze. Ganz so einfach machen es sich die VolksvertreterInnen aber nicht, denn es geht oft um handfeste Fragen von großer praktischer Tragweite. Sie reichen von einem Gymnastikraum über die Kita-Gebühren bis hin zu öffentlichen Toilettenanlagen am Seerhein. Ach ja, auch das Kurzstreckenticket für die Busse kommt – und der Sternenplatz wird endlich barrierefrei.
Deutlich mehr öffentliche Aufmerksamkeit als bisher verdient die Vorhabenliste, die der Gemeinderat zweimal im Jahr verabschiedet. Diese wird vom städtischen Bürgerbeteiliger Martin Schröpel im Internet veröffentlicht und ist für alle Interessierten einsehbar. Die aktuelle Version für das erste Halbjahr 2019 findet sich hier.
Was passiert in meinem Stadtteil?
Sie können sich dort über ausgewählte Vorhaben in den Stadtteilen informieren und finden dort zahlreiche Details vom bisherigen Projektverlauf über die Kosten bis hin zu den zuständigen AnsprechpartnerInnen in der städtischen Verwaltung sowie gelegentlich einem Link auf die Sitzungsvorlage des Gemeinderates oder verwandte Informationen. Martin Schröpel betonte in der Ratssitzung, eine Bürgerbeteiligung setze Informationen voraus, und einige dieser Informationen würden hier zweimal jährlich geliefert.
Aber Achtung: Aus den zahlreichen Vorhaben, die die Verwaltung in Angriff nimmt, wird hier nur eine Auswahl veröffentlicht. Das ist auch nicht allen Ratsfrauen und -herren geheuer, denn in der Diskussion beklagten einige RätInnen, dass dieses oder jenes Vorhaben auf der Liste fehle oder dass man doch bitte diese oder jene Detailinformation noch nachtragen solle. Roger Tscheulin (CDU) etwa vermisste den Radweg Dettingen-Dingelsdorf und löste damit einen empörten Zwischenruf im Publikum aus: „Der geht von Dingelsdorf nach Dettingen!“
Die Lektüre lohnt sich, und so erfährt man Details über die Fortschritte des Radwegausbaus nach Tägerwilen und die Sanierungen der Wallgut- und der Geschwister-Scholl-Schule, es zudem geht um Straßenrenovierungen und die Planungen am Flugplatz. Außerdem dürfte nach den Diskussionen um Zoffingen und Büdingen von etlichen BürgerInnen mit Argusaugen verfolgt werden, dass das Freiraumkonzept überarbeitet wird und dann eines Tages im Technischen und Umweltausschuss beraten und beschlossen werden soll. Nicht nur in der kampfeslustigen Niederburg dürften sich die BürgerInnen intensiv mit den Plänen der Verwaltung beschäftigen wollen und versuchen, sich rechtzeitig Gehör zu verschaffen, auch wenn es zu diesem Punkt in der Vorhabenliste lapidar heißt: „Bürgerbeteiligung: Nein, nicht geplant oder nicht möglich.“ Es wäre ein feiner Zug, wenn in künftigen Listen entweder „Bürgerbeteiligung: Nicht geplant“ oder „Bürgerbeteiligung: Nicht möglich“ stünde. Denn auch hier gilt: Die Verwaltung schweiget still, wenn Dein starker Arm das will.
Wer Fragen zur Vorhabenliste hat, kann sich direkt an Martin Schröpel wenden: Koordinierungsstelle für Bürgerbeteiligung, Stadt Konstanz. E-Mail: martin.schroepel@konstanz.de,
Telefon: 07531-900236.
Gymnastik
Die stets sportive CDU wollte von der Verwaltung wissen, ob es eine Möglichkeit gebe, im neuen Berufsschulzentrum einen Gymnastikraum einzurichten. Da Berufsschulen Sache des Landkreises sind, hat die Stadtverwaltung mit diesem konferiert. Demnach wäre es schwierig, dort jetzt noch Raum für städtische Gymnastik einzuplanen, weil die Planung schon weit gediehen und der Platz begrenzt seien. Aber die dortige Sporthalle stehe von 17-22 Uhr und übers Wochenende der Stadt zur Verfügung.
Kita-Gebühren ungewiss
In Sachen der Kita-Gebühren, die er anheben möchte, hat sich nach Angaben von Bürgermeister Andreas Osner eine unübersichtliche neue Gemengelage ergeben. Einerseits gibt es das neue Kita-Gesetz und andererseits das von der SPD lancierte Volksbegehren für kostenlose Kita-Plätze. Angesichts all dessen werde man erst im März eine neue Vorlage für den Nachtragshaushalt vorlegen und hoffe, dass sich der Nebel bis dahin gelichtet habe.
Flüchtlingsarbeit
Nachdem die Verwaltung den allseits geschätzten und anerkannten Moustapha Diop als Flüchtlingsbeauftragten nicht zu halten versuchte, stellt sich die Frage, wie es mit dieser wichtigen Stelle weitergehen soll. Derzeit ist geplant, erst einmal ein neues Anforderungsprofil zu erarbeiten und dann im Februar eine Stellenausschreibung vorzunehmen. Man muss der Verwaltungsspitze lassen, dass sie Herrn Diop, dessen Vertrag nach drei Jahren ausgelaufen war, ziemlich professionell abserviert hat, und dies kaum zum Besten der Stadt und ihrer BewohnerInnen.
Homepage der Stadt wird erneuert
Der sonst stets so quirlige städtische Pressesprecher Walter Rügert wirkte in den letzten Monaten oft ermattet, große Schatten umrandeten seine sonst so wachen Augen – und das hatte einen wahrlich guten Grund. Unter seiner Leitung wurde nämlich der Internetauftritt der Stadt unter www.konstanz.de gründlich erneuert, und eine solche Arbeit kommt dem Ausmisten des Augiasstalls gleich, wozu es ja bekanntlich der Kräfte des Herkules bedurfte. (Dass Herkules anschließend bei Tarifauseinandersetzungen den Augias, seinen Auftraggeber, erschlug, mag hier unerwähnt bleiben.)
Beim Relaunch der Konstanzer Website entschloss man sich, alles neu aufzusetzen, denn die derzeit rund 6500 einzelnen Seiten, die unter dieser Adresse im Internet zu finden (oder auch nicht zu finden) sind, enthalten viele veraltete Informationen. Jeder, der mit größeren Datenmengen zu tun hat, weiß, dass es oft schwieriger ist, überholte (und damit falsche) Informationen zu identifizieren und auszumerzen, als neue Informationen in ein System aufzunehmen. Daher macht es durchaus Sinn, von Zeit zu Zeit von vorn zu beginnen.
Am 11. Februar wird der neue Auftritt freigeschaltet. Er enthält dann aber noch nicht den gesamten Informationsumfang, sondern bietet erst mal eine Basisversion, die nach und nach aufgefüllt werden soll.
Das Kurzstreckenticket kommt
Lange gefordert, jetzt ist es auf dem Weg: Noch in diesem Jahr wird das Kurzstreckenticket in den Konstanzer Bussen ausprobiert. Es wird erst einmal nur als Smartphone-Lösung angeboten, weil die Umrüstung des gesamten bisherigen Systems nach Angaben der Verwaltung zu aufwendig wäre. Also muss man sich eine App runterladen, beim Einsteigen in den Bus dort ein Icon anklicken, und dann läuft die Zeit. Einzelheiten werden rechtzeitig bekannt gegeben. In diesem Zusammenhang wurde auch bekannt, dass demnächst mit dem Umbau des Sternenplatzes begonnen werden kann, so dass dieser in absehbarer Zeit barrierefrei nutzbar wird.
Neues Kiosk am Steg
In der Bürgerfragestunde des Gemeinderates meldete sich wieder einmal Elisabeth Schöndienst zu Wort. Dieses Mal ging es ihr um die mangelhaften sanitären Angebote für Menschen am Ufer des Seerheins. Aber die Verwaltung hat dafür schon eine Lösung parat und plant am Steg für den Wasserbus ein Kiosk mit Toilettenanlage. Andere Stellen hingegen wie etwa der Freiraum am Kompetenzzentrum sind nach Angaben der Verwaltung dafür ungeeignet, weil man dorthin erst mit hohem Kostenaufwand Leitungen verlegen müsste.
O. Pugliese
@Merit Stocker
Richtig, diese „Lösung“ per Smartphone ist ein ausgemachter Unfug. Fehlt eigentlich nur noch, dass man den Tarif nach dem jeweiligen Körpergewicht oder nach der Größe der Fahrgäste berechnet. Was Schrägeres hätte den Verantwortlichen nicht einfallen können. Die LLK hat mehrmals angeregt, ähnlich wie in Radolfzell oder anderswo, das Ticket für 1 Euro anzubieten. Unterstützung gab es dabei von keiner anderen Fraktion. Grundsätzlich wäre ein Nulltarif für den ÖPNV anzustreben. Klar muss man dafür Geld in die Hand nehmen. Doch die Entscheidungsträger schütten die Millionen lieber in den Seerhein.
Das Kurzstreckenticket- eine Smartphone-Lösung? Ist das ein Boykott-Versuch? Die Schuld auf die Technik zu schieben, ist ja beliebt.
Warum kann man in Konstanz nicht das Radolfzeller Modell übernehmen? Sicher, die Stadt legt dort 40000 Euro im Jahr drauf. Wenn es aber der Entlastung der Innenstadt dient, ist ein Zuschuss durchaus zu rechtfertigen. Dieser Betrag mag in Konstanz im Verhältnis etwas höher sein, aber wenn auf ein Gutachten verzichtet würde, sondern das Geld in die Sache investiert, dann wäre damit etwas für die Bürger getan, weniger Autos unterwegs, alle wären glücklich – oder? Hat man Angst vor Einnahmeverlusten bei weniger Autoverkehr? (Falschparker, Blitzer, Parkhausabgaben.) Anstatt das Weckle und den 10-er zu wollen, sollte man im Rathaus Flagge zeigen.