Hochschulen: Zurück in die 1950er?
Immer wieder werden die Studierendenvertretungen im Zuge des gesellschaftlichen Rechtsrucks zur Zielscheibe. Mit der jüngsten Novelle des Landeshochschulgesetzes in Baden-Württemberg strich ihnen Ministerin Theresia Bauer (Grüne) im Südwesten das hochschulpolitische Mandat. Ins gleiche Horn blies nun kürzlich die AfD in Sachsen-Anhalt: Sie wollte Studierende aus den akademischen Selbstverwaltungen verdrängen. In den ASten ist man alarmiert – und genervt.
Selbstverständlich war es nicht, dass das Plenum des Landtags in Magdeburg Anfang Februar einen Antrag der AfD-Fraktion ablehnte, mit dem den Studierenden des Landes die „politische Agitation“ an den Hochschulen verboten werden sollte. Denn über kaum eine christdemokratische Landtagsfraktion wird häufiger gesprochen, wenn es um fehlende Abgrenzung zu den Rechtspopulisten geht. Dass die CDU im Magdeburger Landtag auf dem rechten Auge blind ist und auf dem linken halluziniert, zeigte sich etwa durch die Zustimmung zu einer durch die AfD beantragten Enquete-Kommission gegen Linksextremismus im Juni 2017.
„Brauchtumspflege“ statt „Räteuniversität“?
Auch in besagtem Antrag zu einer Neuregelung der studentischen Teilhaberechte in den akademischen Selbstverwaltungen wird von „paritätischen Rätesystemen“ fabuliert, welche bedauerlicherweise die „schlanke hierarchische Ordinarienuniversität“ abgelöst hätten. Auch die Forderung, dass weder Studierende noch eine Gleichstellungsvertretung oder nichtwissenschaftliches Personal Platz in den akademischen Selbstverwaltungen haben sollten, offenbart den Wunsch nach einer Rückkehr zu autoritären Strukturen und möglichst wenig kritischer Reflexion unterhalb der Lehrstühle. So verwundert es auch wenig, dass nahezu sämtliche politischen Kompetenzen der Studierendenvertretungen auf der Abschussliste stehen und sich die ASten lieber der Förderung von „Studentensport“ und „Brauchtumspflege“ widmen sollten.
Bei den Studierendenräten vor Ort stößt der Vorstoß der Rechtspopulisten wieder einmal sauer auf. Unterstützung erhalten sie dabei aber auch aus Konstanz. In einer Medienmitteilung solidarisiert sich die universitäre Studierendenvertretung mit den Kommiliton*innen aus Sachsen-Anhalt und positioniert sich ganz klar gegen eine Beschneidung politischer Rechte. „Studierende müssen die Möglichkeit haben, sich zu für sie relevanten Themen, wie Studiengebühren oder der Finanzierung von Studierendenwerken äußern zu können“, erklärt Simone Münch, Referentin für Hochschulpolitik. Ihre Kommilitonin Tanja Rebmann, die der Studierendenvertretung vorsitzt, verweist zudem auf die demokratische Verfasstheit der Studierendenschaften. Sie stützen sich dabei auf einen von den Linken Solidarischen DemokratInnen initiierten einstimmigen Beschluss des Studierendenparlaments.
„Sauer auf Bauer“ – und nun?
Für die Konstanzer*innen ist die Situation keineswegs neu: Zwar gilt die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaften im Jahr 2012 auch heute noch als einer der großen politischen Erfolge der damaligen grün-roten Landesregierungen. In Stuttgart hat die Unterstützung der Grünen für die Studierendenvertretungen nach dem Wechsel des Koalitionspartners jedoch deutlich nachgelassen. Nicht nur wurde ihnen unter hanebüchener Begründung – Wissenschaftsministerin Theresia Bauer glaubt bis heute, damit das Landeshochschulgesetz präzisiert zu haben! – selbst ein hochschulpolitisches Mandat aus dem Kompetenzkatalog gestrichen. Auch mit missbräuchlichen Landtagsanfragen versuchten AfD und CDU die Büros der ASten bereits zu lähmen. Unter dem Vorwurf verfassungsfeindlicher Umtriebe wurden die nur spärlich mit Personal ausgestatteten Studierendenvertretungen bereits dazu aufgefordert, listenweise Kommiliton*innen zu denunzieren, die etwa an den Protesten gegen den G20-Gipel 2017 in Hamburg teilgenommen haben könnten. Kein Wunder also, dass die Ministerin bei ihrem letzten Besuch in Konstanz im vergangenen Oktober von den Studierenden mit Transparenten und wütenden Sprechchören empfangen wurde.
Auch die Tatsache, dass sich der Druck einerseits nicht nur auf Studierendenvertretungen und andererseits nicht nur in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt erhöht, sollte eigentlich Anreiz zum stärkeren Zusammenrücken genug sein. Zum einen zwischen den Studierendenschaften untereinander, etwa in bundesweiten Zusammenschlüssen, wie dem „freien zusammenschluss von student*innenschaften“. Zum anderen aber auch innerhalb der Hochschulen, denn die Angriffe gelten ihrer heutigen inneren Verfasstheit.
dsc (Foto: P. Wuhrer; im Bild: die Uni Konstanz)