Aus der Krise wird eine Schlammschlacht

20111117-215003.jpgDer für seine makellose Recherche bekannte Südkurier-Redakteur Michael Lünstroth heizt die Debatte um die Konstanzer Volkshochschule an: In der vhs habe man es jahrelang mit den Finanzen nicht so ernst genommen, schwadronierte er in der gestrigen Ausgabe des Ortsblattes. Und legt heute nach: „VHS wurde unprofessionell geführt“. Gegen solchen Kampagnen-Journalismus wehren sich die damals Verantwortlichen – ob der Südkurier das auch veröffentlicht?

Das war ein Schlag unter die Gürtellinie, mit dem der feinsinnige Südkurier-Redakteur Lünstroth gestern die vhs-Debatte befeuerte. Sein durchsichtiges Manöver, den seit Tagen kritisierten Konstanzer vhs-Vorstand zu entlasten, gipfelte in dem Vorwurf, jahrelang habe man es mit den Finanzen nicht so ernst genommen. Und heute legt er nach, wenn er Günther Lieby, Landkreis-Beauftragten der Mitgliederversammlung in der VHS, behaupten lässt: „VHS wurde unprofessionell geführt“. Fast scheint es so: Aus der Krise wird eine Schlammschlacht.

Aber die Betroffenen wehren sich: Dr. Helmut Lehner, bis zu seiner Pensionierung noch Hauptstellenleiter der vhs-Konstanz – auch er zu Dienstzeiten mit einer Abmahnung des Vorstandes versehen – und Reiner Schmid, bis zu seiner schmachvollen Kündigung jahrelang Verwaltungschef in der vhs-Konstanz-Singen, weisen die Vorwürfe faktenreich zurück. Und fragen: Wie gut ist die Arbeit des neuen vhs-Vorstandes? Hier ihre Stellungnahme im ungekürzten Wortlaut:

„Die Rechnungsprüfer fanden keine Mängel“

„Wir weisen den Vorwurf entschieden zurück, die VHS Konstanz-Singen habe es mit den Finanzen nicht so genau genommen. Die VHS hat immer mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln (80% Eigenfinanzierung und Trägerzuschuss, der weit unter dem Landesdurchschnitt lag) einer zwar schlanken, aber effizienten und damit den Trägern, Dozenten und Teilnehmenden dienenden Verwaltung operiert. Die VHS wurde von Seiten der Träger bis 2007 mit einem Zuschuss von 570.000,00 € bezuschusst, ab 2008 wurde das Budget für die nächsten 5 Jahre auf 630.000,00 € pro Jahr erhöht. Mit diesen Zuschüssen ist die VHS über all die Jahre bis einschließlich 2009 gut zurechtgekommen.

Der Vorwurf, alle Kontrollmechanismen hätten versagt, ist ein Affront gegen alle Prüfeinrichtungen der letzten Jahre. Nicht nur die Prüfer der Städte Konstanz und Singen, sondern auch die Rechnungsprüfer des Landratsamtes, sowie unabhängige Rechnungsprüfer prüften die Einrichtung gründlich und intensiv, eine Finanzierungslücke oder Gefahren einer möglichen Zahlungsunfähigkeit wurde der VHS zu keiner Zeit attestiert. Sehr wohl wurde aber der Umstand moniert, dass die Träger der VHS es der Verwaltung nicht gestatteten, größere Reserven zur Liquiditätssteigerung zu schaffen. Überschüsse mussten an die Träger zurückbezahlt werden. Dies führte, durchaus mit Duldung der Rechnungsprüfer, dazu, dass in den Jahresabschlüssen seit 20 Jahren Bilanzierungsspielräume genutzt wurden, um mögliche Einnahmeausfälle in den Folgejahren abpuffern zu können.

Bei der Übernahme der Leitungsfunktion durch Frau J. Mühlstädt-Garczarek wünschte sie eine geänderte Darstellung des Haushaltes gegenüber den Vorjahren, dabei stellte sie fest, dass die Haushaltszahlen positiver als von ihr erwartet seien und deshalb zu befürchten sei, dass ggf. Zuschüsse erneut an die Träger zurückzuzahlen seien.

Der Erfolg einer VHS lässt sich jedoch auch an anderen Indikatoren festmachen: Wie bereits oben erwähnt, finanzierte sich die VHS Konstanz-Singen in der Vergangenheit zu 80 % aus Teilnehmergebühren. Aus diesem Grunde war die VHS gezwungen und auch in der Lage, die Zahl der Veranstaltungen und der Unterrichtsstunden Jahr für Jahr zu erhöhen und damit auch die Zahl der Teilnehmenden bzw. die Teilnehmergebühren zu steigern.

Deshalb sollte die VHS doch mal die Semesterzahlen der letzten Jahre offenlegen. Ansonsten geben aber auch die Zahlen des Landesverbandes Auskunft, ein weiteres Kontrollorgan der VHS, der über die Vergabe von Landesmittel entscheidet.

Während die Teilnehmerzahlen, die Zahl der Veranstaltungen und der Unterrichtsstunden (und damit eben auch die Einnahmen) bis im 1. Semester 2010 stets gesteigert werden konnten, erlitt die Einrichtung im 2. Semester einen massiven Einbruch von ca. 20 %. Diese Entwicklung setzte sich in 2011 fort. Und statt auf die veränderten Rahmenbedingen zu reagieren, wurde das Personal aufgestockt (und teilweise gleich wieder entlassen), externe Berater auf Honorarbasis hinzugezogen, Rechtsstreite geführt, Abfindungen bezahlt, immer bürokratischere Strukturen aufgebaut, Dienstanweisungen als alltägliche Kommunikationsform eingeführt usw.

Die Zahlen der Vergangenheit sprechen eine deutliche Sprache und halten auch einer neutralen Beurteilung stand. Die früheren Leitungen der vhs wurden von Landrat Hämmerle immer mit dem Zitat konfrontiert: „Euer Arbeitsplatz ist nur so sicher wie die Arbeit, die ihr macht“. Gibt es einen bestimmten Grund, warum das für die neue Leitung nicht mehr gilt?

Dr. Helmut Lehner und Reiner Schmid“

Autor: PM/hpk