Schale, schmale Solidarität für Klinikchef Ott
Rundbriefe mit über 20 Unterschriften kommen in Mode am Klinikum Konstanz. Jetzt hat sich das Führungspersonal – Chefärzte, Belegärzte und die Verwaltungsspitze – zu einer Solidaritätsadresse für Klinikchef Ott aufgeschwungen. Der hat solche Unterstützung wohl bitter nötig, denn die Rufer, die seine Ablösung fordern, wollen nicht verstummen. Das ansonsten substanzlose Schreiben ging an den Gemeinderat und die Stadtverwaltung und war alsbald Stadtgespräch in Konstanz.
„Im Besonderen haben die Unterzeichnenden geschlossen dem Ärztlichen Direktorium das Vertrauen ausgesprochen und einstimmig dafür gestimmt, dass Herr Ott weiterhin Geschäftsführer des Klinikums Konstanz bleiben soll…“ Wer solche Unterstützung braucht, wer so um Vertrauen bettelt, muss schon arg um seinen Job fürchten. Der mit 21 Unterschriften gezierte Brief ging an die Mitglieder des Konstanzer Gemeinderates und an die Spitzen der Stadtverwaltung. Wohl in der Hoffnung, zukünftige Diskussionen um die berufliche Zukunft von Rainer Ott – aber auch von Bürgermeister Boldt – auf diese Weise beeinflussen zu können.
Bemerkenswert ist, dass diese Solidaritätsadresse als Ergebnis einer zweitägigen Klausur der Klinikführung zustande kam. Einer Klausursitzung, die einer professionellen Moderation bedurfte – die Freiburger Firma wirbt mit dem Slogan: Begeisterung wecken. Begeisterung leben. Das ist den Beschwichtigungsprofis wohl auch dieses Mal gelungen, denn unter den 21 Unterzeichnern finden sich zahlreiche Kritiker des bisherigen Klinikkurses. Dass die Mitarbeiter, dass der Personalrat in diese Diskussion einmal mehr nicht einbezogen war, braucht kaum sonderlich erwähnt zu werden.
Bemerkenswert auch der Zeitpunkt dieser Veröffentlichung. In diesen Tagen und in der kommenden Woche nähern sich nämlich die Verhandlungen um eine Fusion der Kliniken von Singen, Radolfzell und Konstanz – „Kreislösung“ genannt – einem vorläufigen Höhepunkt: Am heutigen Samstag wird der Kreisrat in nicht öffentlicher Sitzung über den Verhandlungsstand informiert, in der kommenden Woche – einen Tag vor der Gemeinderatssitzung – auch der Konstanzer Stadt- und Stiftungsrat. Zwar ist erneut die Öffentlichkeit auch hier ausgeschlossen, aber die Leser können sicher sein, seemoz wird zeitnah über diese für alle Bürgerinnen und Bürger entscheidende Frage der allgemeinen Gesundheitsversorgung informieren.
Vor diesem Hintergrund macht die schale und schmale Solidaritätsadresse für Rainer Ott und der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung stutzig. Sind zusätzliche Stützungsmaßnahmen für den Klinikchef nötig? Gibt es, und wenn ja, welche Einschnitte in der Patientenbetreuung? Wurde die Verhandlungsposition des Konstanzer Klinikums gewahrt? Viele unbeantwortete Fragen – Antworten nächste Woche auf seemoz.
Autor: hpk
Dieses Schreiben dient wohl nicht nur der Beeinflussung von Personal-Entscheidungen, sondern ist auch ein weiterer Versuch, das Gros der Klinikmitarbeiter davon abzuhalten, dem weiter zunehmenden Unmut in Form von Protest – oder Unterschriftenaktionen Luft zu machen.
Wer traut sich noch, öffentlich seine Meinung zu bekunden, wenn er damit ab sofort gegen die offizielle Linie seines eigenen Abteilungsleiters vorgeht?
Hinter Ott, Zantel, Boldt und Helfershelfern steht ausser deren selbst wohl kaum noch ein Mitarbeiter des Städtischen Klinikums – spätestens seit der bekanntgewordenen Details aus dem Prozess gegen Müller-Esch.
Wer vertaut in seinem Betrieb noch einem Führungs-Stab, der in Teilen aus Menschen besteht, denen jegliche soziale Kompetenz abgesprochen werden muss und die – nach allem was wir wissen – demnächst auch offiziell als Lügner und Betrüger bezeichnet werden dürfen?
Wenn man die Summe der Fehltritte des Herrn Boldt und die Ereignisse der letzten Zeit rund um das Klinikum betrachtet kann man nur noch staunen – Konstanz: die Stadt, in der sich jeder alles erlauben kann. Geld spielt keine Rolle und die Menschenwürde auch nicht…
Eine fehlende Firmenphilosophie ist durch eine solche „professionelle Moderation“ wohl nicht ernsthaft zu ersetzen. Wenn sich erwachsene Menschen, zumal überwiegend in Führungsposition von fremden sagen lassen müssen wie man sich zu benehmen hat und das man sich gegenseitig Respekt entgegenbringen soll sagt das doch viel über das bisherige Miteinander aus. Früher gingen die Teilnehmer solcher Veranstaltungen abschliessend noch über glühende Kohlen um das Selbstwertgefühl und die Gruppendynamik kleiner, überforderten möchtegern Manager zu fördern. Das fand ich schon damals lachhaft, habe ich doch solchen Veranstaltungen desöfteren beiwohnen dürfen. „Begeisterung wecken. Begeisterung leben“ Scheinbar ganz einfach, wohl zu einfach für viele – hätten die Unterzeichner dies doch die letzten Jahre aus eigenem Antrieb leben können und gleichsam damit ihre soziale Kompetenz unter Beweis gestellt. Der Gang über die glühenden Kohlen steht den Mitarbeitern allerdings mit der Kreislösung noch bevor.
Na immerhin, das Führungspersonal merkt, dass es Nachhilfe in Sachen Personalführung braucht. Späte Erkenntnis.