Der Weihnachtsmann 2011 heißt Hilmar Wörnle

Wie bewältigt man den kommenden Weihnachtsverkehr, der ab Ende November unweigerlich auf Konstanz zurollen wird? Ein Arbeitskreis hat sich einiges einfallen lassen, um die Besucherströme per ÖPNV nach Konstanz zu locken. Klar, dass dabei auch Stadtmarketing-Chef Hilmar Wörnle ein gewichtiges Wörtchen mitreden will. Denn ohne ihn, davon ist er überzeugt, läuft in dieser Stadt gar nichts.

Die quirlige Frohnatur drängelte sich schon immer in die erste Reihe, wenn es darum ging, für meist schräge Projekte das Geld anderer Leute aus dem Fenster zu werfen. Hilmar Wörnle war einer der lautesten Blechtrommler für das Konzert- und Kongresshaus. Damit das güldene Hirngespinst Realität werde, ließ er an das gemeine Volk gratis Teigwaren verteilen. Wie wir heute wissen, ersetzen Nudeln aber keine Argumente. Das hat „Think Tank“ Wörnle schwer getroffen. Wären Kartoffeln eventuell effektiver gewesen? Der Mann tauchte längere Zeit ab und ging in sich. Nun aber ist er wieder da.

Wörnle beglückte einen Arbeitskreis, der unlängst eifrig darüber hirnte, wie man den Verkehr regeln könne, wenn sich Blech aus nah und fern während der Adventssamstage gen Konstanz bewegt. Wie immer bei diesem Thema, übt man sich in verkehrspolitischer Flickschusterei und gibt das auch offen zu: „Eine über die Adventszeit hinausgehende dauerhafte Verkehrsregelung an mit Verkehr hoch belasteten Tagen kann in der Kürze der Zeit nicht bearbeitet werden“. Deutlicher kann ein verkehrspolitischer Offenbarungseid nicht formuliert werden. Wie auch, wenn eine bürgerliche Mehrheit im Gemeinderat weiterhin der Meinung ist, dass Besucher die Möglichkeit haben sollten, mit ihren Autos direkt vor alle Einkaufstempel zu fahren. Um das Schlimmste zu vermeiden, will man beispielsweise die Park+Ride-Plätze ausnahmsweise ihrer eigentlichen Bestimmung zuführen. Will heißen: Dort sollen Auswärtige parken und alsdann mit dem Bus in die Innenstadt transportiert werden.

Damit die das auch tun, hat Wörnle tolle Zusatz-Ideen im Marketing-Köcher. An jedem P+R-Platz will er fünf (!) Fahrräder deponieren lassen, mit denen als Alternative zum Bus eine Weiterfahrt in die Stadt möglich ist. Da kommt bei den einkaufswütigen Gästen sicher Stimmung auf. Raus aus der warmen Karosse, anschließend bei Regen oder Schnee aufs Fahrrad Richtung Stadtzentrum, und später, schwer beladen, mit dem Drahtesel auch wieder zurück. Das gefällt unserem quietschfidelen Spezialisten. Kosten: Rund 1200 Euro. Wird sich schon jemand finden, der das zahlt.

Doch damit nicht genug. Wörnle spricht gern von „Mehrwertbonus“ bei seinen Geistesblitzen und schlägt ernsthaft vor, jedem P+R-Nutzer „10 Euro bar auf die Hand zu bezahlen“. Vorläufiges Fazit: Wer trotz der Aufforderung, Richtung Konstanz das ÖPNV-Angebot zu nutzen, mit dem Auto kommt, darf nach Wörnles Vorstellung auch noch mit einer Belohnung rechnen. Allerdings sollten nur die ersten 25 Automobilisten davon profitieren, die anderen haben Pech gehabt. In diesem Zusammenhang fällt auch der Begriff „Guerillamarketing“. Auf diese Wortfindung ist Hilmar „Che“ Wörnle stolz wie ein Pfau.

Und er schlägt ein Rad nach dem anderen. Wer auf dem P+R-Platz an der Byk-Gulden-Straße parkiert, darf laut Wörnle auf ein „kostenloses Heißgetränk“ hoffen oder kommt in den Genuss eines Gutscheins „für kostenlose Wurst/Maroni in der Innenstadt“. Kosten: Rund 1800 Euro. Diese Aktion steht unter dem knackigen Motto: „Der Stau is(s)t uns Wurscht“.

Nutzer des Parkplatzes am Benediktinerplatz werden ebenfalls mit einer Gratiswurst versorgt, dazu gibt es noch für lau einen Kaffee im Restaurant Seerhein um die Ecke. Für Tierliebhaber, die an der Schänzlebrücke parken, will Wörnle einen kostenlosen „Pferdekutschenshuttle“ anbieten. (Liebe LeserInnen: Wenn Sie spätestens jetzt vermuten, ich schreibe hier Stuss – Guerillakämpfer Wörnle meint das wirklich so).

Wer Bus fährt, wird ebenfalls mit einem Glas Punsch oder einer Maronitüte beglückt und Besucher, die unser Städtchen per Bahn wieder verlassen wollen, bekommen als Dank für ihr umweltfreundliches Verhalten „kleines Gebäck“ überreicht. Kosten hier: Knapp 2000 Euro. Weniger glücklich wird wohl die Konstanzer Gastronomie sein, wenn die Gäste bereits vor den Grenzen der Stadt mit Speis und Trank verköstigt werden.

Auch Pedalisten gehen nicht leer aus. Unter dem Motto „Der Weihnachtsmann ist Radfahrer“ ist über die Vorlage zu erfahren: „Entlang der Radwege werden temporär Pavillons aufgebaut. Hier verteilen SMK-Weihnachtsmänner (verkleidete Mitarbeiter des Stadtmarketings) kleine Dankesgeschenke an Radfahrer.“ Kosten: 1000 Euro.

Wörnles Liste ist noch bedeutend länger. Insgesamt, so ließ er vergangenen Donnerstag die Mitglieder des Technischen- und Umweltausschusses wissen, bräuchte er für sein Guerilla-Marketing-Paket, das er auch als „konzertierte Aktion“ bezeichnet, mindestens 30 000 Euro. Sogar Mitarbeiter aus der Verwaltung schüttelten fassungslos den Kopf.

Ungeachtet dessen lobte der Ausschuss das Gesamtkonzept mehrheitlich und sprach sich dafür aus, für die „Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung“ 58 500 Euro auszugeben. Auf die Idee, den Konstanzer Einzelhandel zur Kasse zu bitten, denn überwiegend dieser wird von dem Ansturm profitieren, kam erstmal keiner. Und immer noch und immer wieder gilt: Same procedure as every year.

Autor: H.Reile