Macht fair teilen!
Zum Internationalen Frauentag am 8. März präsentiert die Chancengleichheitsstelle der Stadt Konstanz gemeinsam mit Frauengruppen, Initiativen und Beratungsstellen ein buntes Programm mit rund 20 Veranstaltungen. Die Palette reicht vom ökumenischen Weltgebetstag bis zum Vortrag der Autorin Erica Fischer „Feminismus hält jung“, und als kenntnisreiche Zeitzeugin berichtet Gretchen Dutschke-Klotz über „1968. Worauf wir stolz sein können“. Außerdem gibt es einen Monat lang Musik, Filme, Brunch …
Natürlich sind 100 Jahre Frauenwahlrecht der Aufmacher für den diesjährigen Frauentag. „Es waren vor allem die Frauen selbst, die für dieses urdemokratische Recht kämpften, öffentlich das Wort ergriffen und sich lautstark einsetzten. Die Vorsitzende des ‚Verbands für Frauenstimmrecht‘ Anita Augspurg kam 1911 auch nach Konstanz und trat mit engagierten Frauen vor Ort für Frauenrechte ein. Was, wenn es diese Engagierten nicht gegeben hätte? Was, wenn sie irgendwann der Mut verlassen hätte, sich den Widerständen entgegenzustellen?“ fragt Julika Funk, Leiterin der Chancengleichheitsstelle der Stadt Konstanz, in ihrem Geleitwort zum Programmheft. Ganz in diesem Sinne verweist das diesjährige Motto „Macht fair teilen“ darauf, wie viel noch zu tun bleibt.
Das Ziel fest im Blick
Dass Chancengleichheit und Gleichstellung auch heute Themen sind, die weiteren Einsatz verlangen, machen viele der Veranstaltungen deutlich. Wie frau sich tatsächlich einbringen kann, zeigt etwa der „Markt der Möglichkeiten“ am 8.3. zwischen 14 und 17 Uhr im K9, bei dem sich Institutionen, Initiativen und Projekte vorstellen, die sich in Konstanz für Frauen einsetzen und an diesem Nachmittag Infostände, Gespräche sowie kulturelle und kulinarische Beiträge anbieten.
Wie sich das Patriarchat in die Geschichte der Stadt Konstanz eingeschrieben hat, zeigt eine Stadtführung mit der Historikerin Dr. Gudrun Schnekenburger zur „Politik auf dem weiblichen Körper“ am 9.3. „Gerade jetzt kommen konservative und fundamentalistische Kräfte und bedrohen das Erreichte z.B. mit dem Ruf nach einem Verbot des Schwangerschaftsabbruchs. Die Stadtführung zeigt, wie der weibliche Körper im Laufe der Geschichte politisch und gesellschaftlich instrumentalisiert wurde“, schreibt die engagierte Wissenschaftlerin dazu. Nicht minder engagiert ist die bekannte Österreicherin Erica Fischer, die in der Schlussveranstaltung am 3.4. einen wachen Blick „auf den erneuten Aufbruch junger Frauen heute“ wirft. „Was treibt sie um, welche Fragen sind neu dazugekommen?“
Welt und Provinz
Ein Höhepunkt dürfte für viele der Vortrag von Gretchen Dutschke-Klotz am 11.3. werden. Sie war die große Liebe von Rudi Dutschke, der Galionsfigur der 68er, und hat sich zeitlebens aktiv für die Gleichberechtigung der Frauen eingesetzt. Sie berichtet aus einer spannenden persönlichen, aber auch kritischen Perspektive heraus über die 68er-Revolten aus damaliger und heutiger Sicht und damit über die Aufbruchsjahre mancher jungen Frauen in den Flegeljahren der BRD.
Spannende Regionalgeschichte bietet dann am 14.3. der Vortrag der beiden Historikerinnen Prof. Dr. Sabine Liebig und Sibylle Probst-Lunitz M.A., die schildern werden, wie sich Einführung und Entwicklung des Frauenwahlrechts in Baden allgemein und speziell im Gebiet des heutigen Landkreises Konstanz darstellten.
Von Film bis Fete
Ein anderes, nicht immer bewusstseinstrübendes Medium der Auseinandersetzung mit Frauenrollen und -bildern bietet der Film. An die „Geniale Göttin“ Hedy Lamarr (1914-2000), die weit mehr als bloß ein Hollywood-Star war und posthum als geniale Erfinderin geehrt wird, erinnert am 7.3. ein Film im Cinestar. In „Pride“ geht es am 8.3. im K9 hingegen um die wahre Geschichte einer kommunistisch inspirierten Schwulen- und Lesbengruppe aus London, die 1984 beschloss, Spenden für streikende Bergleute zu sammeln.
Trotz des Ernstes der Situation (und der Ernsthaftigkeit etlicher Veranstaltungen) kommt auch das Feiern nicht zu kurz. Das Programm bietet Begegnungsräume, Lesungen, Vorträge, Filme, Tanzabende, Disco, Party und viele Gelegenheiten, zu diskutieren, sich auszutauschen und gemeinsam Spaß zu haben.
Mehr Informationen unter www.konstanz.de/chancengleichheit oder im Programmheft.
O. Pugliese
Bild oben: Veranstaltungsankündigungen der SPD zur Forderung nach dem Frauenwahlrecht [Ausschnitt], ca. 1908, Lizenz: „Keine Schöpfungshöhe, daher gemeinfrei“, Quelle https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Frauenwahlrecht.jpg