Das Erbe des Kommandanten

Den Holocaust musste Rainer Höß nicht miterleben, dennoch bestimmen die Verbrechen der Nazis sein Leben: Er ist der Enkel des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß. Über den Umgang mit dieser bedrückenden Familiengeschichte hat Rainer Höß ein Buch geschrieben. Die Konstanzer Stolperstein-Initiative und die Volkshochschule haben den heute 54-Jährigen zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der er es vorstellen und über die Geschichte seiner Familie berichten wird.

Von allen Täterfiguren des „Dritten Reichs“ ist die des millionenfachen Auftragsmörders Rudolf Höß wohl eine der verstörendsten. Ein Mann, der sich selbst „ein weiches, fühlendes Herz“ bescheinigte und der zugleich mit kalter Akribie den Produktionsprozess der Massenvernichtung an seiner Wirkungsstätte Auschwitz betrieb – und auch beschrieb. Sein Enkel hat lange gebraucht, bis er begriff wer „dieser Großvater im Himmel“ in Wahrheit gewesen ist. Seit er Kenntnis davon hat, treibt ihn dieses Wissen um.

Rainer Höß setzte sich auf die Spuren des Verschweigens, der Lügen und Verklärungen in seiner Familie, fuhr nach Auschwitz und Krakau und fand Antworten, die tief in seine Kindheit eingreifen. Im Gespräch mit Peter Krause von der Uni Konstanz erzählt der gelernte Koch und Konditor von einem Massenmörder und wie eine „schreckliche Familie“ mit dieser Vergangenheit umging. Seine Erfahrungen hat er in einem 2014 vom Münchner Verlag belleville veröffentlichten Buch zusammengefasst, das in Zusammenarbeit mit zwei JournalistInnen entstanden ist. Eine Veranstaltung, der angesichts der anhaltenden Versuche von Rechts, die Nazi-Verbrechen und -Verbrecher zu verharmlosen („Mückenschiß“), viele BesucherInnen zu wünschen sind.

MM/red (Bild: belleville Verlag Michael Farin)


Termin: Montag, 18.3. Zeit: 19.30 bis 22.00 Uhr. Ort: Astoria-Saal, Katzgasse 7, 78462 Konstanz. Eintritt: 7,00 Euro; für SchülerInnen und Studierende mit Ausweis und vhs-Vortragskarte frei.


Rainer Höss: Das Erbe des Kommandanten. Aufgezeichnet von Petra Schnitt und Jörn Voss. Mit einem Vorwort von Bernhard Gotto. belleville Verlag Michael Farin. ISBN 978-3-943157-13-0, € 20,00.