Radschnellweg Konstanz–Singen (und zurück)

Manchen Menschen mahlen die Mühlen der Verwaltung viel zu langsam, gerade wenn es um sinnvolle Baumaßnahmen geht – aber immerhin, sie mahlen. Jetzt gibt es einen großen Schritt nach vorn auf dem Weg zur Planung einer möglichen künftigen Radschnellverbindung Konstanz–Radolfzell–Singen. Der für dieses Vorhaben zuständige Landkreis erhält Geld vom Land, um eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. Damit dürfte sich dann bald auch eine mögliche künftige Trassenführung abzeichnen.

Angesichts der zunehmenden Fahrradnutzung sowie der nicht zuletzt dank E-Bike und Pedelec deutlich steigenden Geschwindigkeiten der Drahtesel ist die Einrichtung von Radschnellwegen ein logischer Schritt, nicht nur in dicht besiedelten Ballungsräumen, sondern auch am Bodensee. Wer beispielsweise von Konstanz nach Radolfzell radelt, erlebt, wie er/sie immer wieder durch provisorisch wirkende Wegeführungen regelrecht ausgebremst wird. Da aber insbesondere für Berufs- und SchulpendlerInnen jede Minute zählt, sind Verbindungen, die höhere Geschwindigkeiten erlauben, natürlich ein gutes Argument, aufs Fahrrad umzusteigen und grinsend am Autostau vorbeizuziehen.

Nachholbedarf

Vor allem in den – trotz des penetranten Gegenwindes, der dort stets gleichzeitig aus allen Richtungen zu blasen pflegt – fahrradvernarrten Niederlanden ist man mit dem Ausbau schon deutlich weiter, und auch einige Weltstädte wie Kopenhagen haben gute Erfahrungen mit ihren Rennstrecken gemacht, auf denen sich Menschen schnell und komfortabel aus dem Umland in die Stadt (und wieder zurück) verfügen können.

Ziel ist letztlich eine sichere Befahrbarkeit mit Durchschnittsgeschwindigkeiten um 30 km/h, und das erfordert natürlich erheblich breitere Wege, als man sie heute gemeinhin vorfindet. Es braucht außerdem fahrradfreundliche Ampelschaltungen, entschärfte Kreuzungen mit Autostraßen und Grundstücksausfahrten, die räumliche Trennung zwischen FußgängerInnen und RadlerInnen sowie etliches mehr.

Mit anderen Worten: Es braucht viel Hirnschmalz und einiges an Geld, wenn man die jahrzehntelange systematische und politisch gewollte Benachteiligung der RadlerInnen gegenüber den AutofahrerInnen wenigstens ein kleines Stück weit ausgleichen will.

Die Nachfrage ist da

In Deutschland sind Radschnellverbindungen noch eine recht neue Kategorie der Radverkehrsinfrastruktur für wichtige Pendlerachsen. Eine durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg in Auftrag gegebene „Potentialanalyse für Radschnellverbindungen in Baden-Württemberg“ aus dem Jahr 2018 unterstreicht die hohe Relevanz einer solchen Verbindung im Landkreis Konstanz: Rund 2.400 Radfahrer pendeln täglich zwischen Konstanz und Allensbach und würden sehr von einer vernünftigen Verbindung profitieren. Eine Weiterführung der Trasse über Radolfzell nach Singen würde das Pendeln mit dem Fahrrad im Landkreis natürlich noch attraktiver machen.

Konstanz–Singen in 60 Minuten

Aber wie ist eine Radschnellverbindung zwischen Konstanz und Singen überhaupt möglich? Um diese Frage in einer Machbarkeitsstudie zu klären, erhält der Landkreis Konstanz nun eine finanzielle Förderung durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg in Höhe von rund 82.000 Euro. Das Konzept der Radverbindung zwischen Konstanz und Singen gilt als wichtiger Baustein der künftigen Ausrichtung des Radverkehrs, und nicht nur beim Landkreis, sondern auch in den Städten und Gemeinden sowie beim radfahrenden Volk sieht man/frau den Studienergebnissen, die grob geschätzt im Sommer oder Herbst 2020 vorliegen könnten, schon jetzt mit Spannung entgegen.

Der großzügige und möglichst schnelle Ausbau dieser Strecke ist auch ein Test, wie ernst die Beteuerungen zu nehmen sind, man arbeite mit Volldampf an einer ökologisch und sozial orientierten Verkehrswende. Wer über die Brücke über die B33 an der Reichenau oder eine der Brücken über die Eurostraße im Konstanzer Paradies radelt und auf das stinkende Getöse unter sich hinabschaut, kann gelinde Zweifel am Ernst solcher Versprechungen kaum unterdrücken.

Der erste Schritt

Jetzt allerdings findet die Ausschreibung zur Erarbeitung der Machbarkeitsstudie statt. Mit der Vergabe an ein Fachbüro können die Untersuchung und ein begleitendes Bürgerbeteiligungsverfahren begonnen werden. Die Beauftragung eines externen Dienstleisters lässt natürlich befürchten, dass es in der Verwaltung an einer ausreichenden Anzahl qualifizierter Mitarbeiter für den geplanten Ausbau des Radwegenetzes fehlt, denn natürlich bleibt im Bereich des regionalen Radverkehrs noch sehr viel zu tun, wenn man etwa an die Radverbindung zwischen Radolfzell und Stockach denkt.

Wie auch immer. Man darf gespannt sein, welche Trassenführung am Ende favorisiert wird und welche Akzeptanz sie bei AnwohnerInnen und RadlerInnen finden wird.

MM/O. Pugliese (Foto: Harald Borges)


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