Musikerviertel: Der Nächste, bitte
Der Besitzer der herrschaftlichen Villa in der Zeppelinstraße 4 (Bild) geriet unter Beschuss, weil seine „Sanierungsmaßnahmen“ auf wenig Gegenliebe stießen. Ein Baustopp wurde erlassen, um die denkmalgeschützte Immobilie vor weiterem Schaden zu bewahren. Nun wehrt sich der Eigentümer und macht seinerseits der Verwaltung heftige Vorwürfe. Diese sei dafür verantwortlich, dass mit einer Sanierung in naher Zukunft nicht gerechnet werden könne. Private Investoren wittern nun fette Rendite.
Wie seemoz bereits vergangene Woche berichtete, steht die 1924 gebaute Villa in der Zeppelinstraße 4 seit rund zwei Jahren leer. Wohnfläche rund 300 Quadratmeter, Grundstücksfläche etwa 1700 Quadratmeter. Gekauft hatte sie damals Hans-Joachim Lange, Geschäftsführer der Weinsberger Firma Lange GmbH Netsystem. Von Umbau war die Rede, aber Langes Vorgehen ließ eher den begründeten Verdacht aufkommen, dass hier von Anfang an ein „kalter Abriss“geplant war, wie das Konstanzer „Aktionsbündnis gegen Leerstand und Zerstörung von Wohnraum“ (ALZ) in einem Flugblatt erklärte.
Als bekannt wurde, dass Lange äußerst brachial vorging – Parkettböden, Wandtäfelungen und Bäder wurden herausgerissen – schritt die hiesige Denkmalschutzbehörde ein und verhängte wegen unerlaubter Abbrucharbeiten einen Baustopp, der derzeit vom Regierungspräsidium Freiburg geprüft wird. Auf telefonische Anfrage der seemoz-Redaktion, was er denn mit der Immobilie überhaupt vorhabe und ob die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aus seiner Sicht berechtigt seien, bezog Lange kürzlich Stellung. Eigentlich habe er die Villa nur gekauft, um seiner Familie ein „behagliches Zuhause“ zu schaffen. Sein „Töchterchen“ besuche eine Privatschule in Kreuzlingen und da sei der Standort Musikerviertel „ja nahezu ideal“. Die auch von Nachbarn erhobene Kritik, er habe sogar in Schlechtwetterzeiten alle Fenster öffnen lassen, um das Gebäude zu schädigen, will er nicht gelten lassen: „So ein altes Haus muss man regelmäßig lüften, sonst leidet die Bausubstanz, das weiß doch jeder“.
Auch die anderen Vorwürfe bügelt er ab. Da Wasser in das Hausinnere gedrungen sei (!), habe er sich gezwungen gesehen, das wertvolle Parkett teilweise entfernen zu lassen. Dabei sei man auch auf darunterliegende „giftige Schlacke“ gestoßen, die er entsorgen lassen wollte. „Anschließend wäre natürlich ein neuer Boden verlegt worden“. Ähnliche Schäden habe man im Keller entdeckt, behauptet Lange: „Da stand ebenfalls Wasser, weil Rohre geplatzt waren“. Die bisherigen Maßnahmen habe er weitgehend „in Absprache mit den zuständigen Behörden“ vorgenommen, erklärt der Geschäftsmann gegenüber seemoz. Aber die unvorhergesehenen Schwierigkeiten mit der hiesigen Verwaltung hätten ihn mürbe gemacht: „Ich habe nun die Schnauze voll“.
Klartext: Lange denkt daran, die Immobilie umgehend zu veräußern. Seine Preisvorstellung: „Mindestens drei Millionen Euro“. Interessenten stünden „schon Schlange, darunter auch einige private Bauträger“.
H. Reile (Text & Foto)
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