Und wieder wird mit falschen Karten gespielt
Schwere Vorwürfe bis zur Androhung von Schadensersatzforderungen erheben Landratsamt und Konstanzer Stadtverwaltung gegen vormalige Verantwortliche der Volkshochschule. Doch die scharfen Geschütze – Ablenkungsmanöver oder Selbstkritik? – drohen nach hinten loszugehen. Denn seemoz-Recherchen belegen: Viele Vorwürfe werfen mehr Fragen auf als sie Antworten geben. Vor allem aber: Kein Wort über die Kündigung von Reinhard Zahn. Da sind heftige Diskussionen in den nächsten zwei Wochen zu erwarten.
In den Unterlagen zur morgigen Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss (HFA) konkretisiert die Stadtverwaltung erstmals ihre Vorwürfe gegen vormalige vhs-Verantwortliche. Von „Zweifeln an der Ordnungsgemäßheit der finanz- und buchalterischen Abläufe“ ist da die Rede (in der Vorwoche hatte Landrat Hämmerle eine Sonderprüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg angekündigt) und von „Aufräumarbeiten“, die der neue Vorstand vornehmen müsse. Man soll wohl aus diesem Papier den Eindruck gewinnen, in den letzten Jahren sei bei der Volkshochschule (vhs) manches, wenn nicht alles, drunter und drüber gegangen.
seemoz-Recherchen ergeben ein ganz anderes Bild. Und es stellen sich neue Fragen, auf deren Beantwortung GemeinderätInnen in der HFA-Sitzung am 6.12. und – mehr noch – in der Gemeinderatssitzung am 15. Dezember drängen sollten.
Wer hat warum welchen Prüfer engagiert?
Haben sich etwa die Bilanzierungsregeln für die vhs geändert? Und wenn ja, warum? Sind die bisherigen Prüfer gefragt worden, ob das bei den überschaubaren Finanzdaten der vhs überhaupt möglich war? Günther Lieby, zuständiger Verbindungsmann des Landratsamtes zur vhs, hat angedeutet, dass die wirtschaftliche Situation besonders raffiniert geschönt worden sei. Worin bestand diese Raffinesse genau? Was war 2007 anders als 2006 und 2005, 2004, 2003? Vor allem aber: Wieso wurde, wenn angeblich Zweifel an Liquidität und Stabilität der VHS bestanden, nicht sofort die Gemeindeprüfungsanstalt eingeschaltet? Diese hätte sicher schnell, kompetent und unabhängig geprüft; Einrichtungen wie die VHS gehören bei denen zum Tagesgeschäft.
Statt dessen wurde ein Steuerberatungsbüro (wurde die Prüfung ausgeschrieben?) geholt – es handelte sich um das Singener Steuer- und Wirtschaftsprüferbüro Schmid & Schnur; heute: Schmid & Tritschler -, das jährliche Kosten im wahrscheinlich sechsstelligen Bereich verursacht. Kann von einer unabhängigen Prüfung ausgegangen werden, wenn vom Landratsamt (Günther Lieby) ein guter Bekannter als Prüfer engagiert wird, um Missstände aufzudecken, die eine Kündigung des Verwaltungsleiters rechtfertigen sollen? Und wieso werden die vorigen Prüfer aus dem Landratsamt, aus den Kämmereien der Städte Konstanz und Singen, so vor den Kopf gestoßen? Will man ihnen Unfähigkeit unterstellen, um eigene Versäumnisse zu kaschieren?
Wo verstecken sich die Mehrkosten wirklich?
Kann es nicht sein, dass der seit 2009 häufige Leiterwechsel, dass Abfindungen, Prüfungskosten, Prozesskosten, Ausstieg von Kursleitern, ein rund 20-prozentiger Rückgang der Unterrichtseinheiten, Teilnehmerrückgang, hohe Investitionen in den Verwaltungsbereich und die damit verbundenen Ausgabensteigerungen das zentrale Problem sind?
Wieso wird der Stellenplan weiter ausgedehnt, wenn angeblich bereits eine Mangelfinanzierung festgestellt wurde? Im Jahr 2010 wurde mit 8,2 pädagogischen Mitarbeitern gegenüber 5,5 im Jahr 2009 gearbeitet. Im Verwaltungsbereich wurden statt 8,0 im Jahr 2009 bereits 9,3 Mitarbeiter eingesetzt. Günther Lieby vom Landratsamt gehört auch zu den Mitarbeitern – erhält er Bezüge von der vhs?
Zur Kostenrelation: 55.129,58 € gegen 277 000 €
Die Feststellung, dass es defizitäre Bereiche im Angebot der vhs gibt, ist trivial: Politische Bildung, Integration, Alphabetisierung, das Nachholen des Hauptschulabschlusses zum Beispiel, sind zwangsläufig defizitär. Eine vhs kann und darf nicht wie ein Unternehmen diese Bereiche ausschließen und sich nur auf die profitablen Zweige (die cash-Cows) konzentrieren. Denn in der Erfüllung dieser Aufgaben liegt ihr Kernauftrag und ihre zentrale Legitimation als öffentlich subventionierte Einrichtung. Es sind geradezu Pflichtaufgaben. Eine Kritik an diesen Bereichen zeigt, dass die ursächliche Aufgabe der Volkshochschule nicht verstanden wird. Die Leitung der vhs hat die Herausforderung, diese notwendigen Bereiche durch positive Beiträge aus anderen Zweigen gegen zu finanzieren. Bis 2009 hat das problemlos geklappt. Gegenwärtig scheint das nicht mehr zu funktionieren. Warum?
Und überhaupt: Die Parlamentarier sollten sich einmal das Kostenverhältnis vor Augen führen. In der letzten Gemeinderatssitzung wurde ein Zuschuss von 277 000 € für den Waldorf-Kindergarten durch gewinkt – Geld für eine esoterische, in jedem Fall aber elitäre Zielgruppe. Hier geht es um eine Zusatzfinanzierung nur eines Fünftels, 55.129,58 € , für eine Einrichtung, die jede/r von uns nutzen kann. Deshalb heißt das Ding: Volkshochschule.
Über das Opfer Reinhard Zahn wird nicht gesprochen
Über den Kündigungsskandal Reinhard Zahn soll offensichtlich überhaupt nicht gesprochen werden. Die Tagesordnungen sowohl im HFA als auch im Gemeinderat sehen eine solche Diskussion, zumindest im öffentlichen Teil, nicht vor. Obwohl durch dieses Arbeitsgerichtsverfahren – erster Termin: 20.12. – weitere Kosten auf die vhs zukommen werden. Wer hat das zu verantworten? Wer feuerte einen ausgewiesenen vhs-Experten, der die aktuellen Probleme womöglich hätte lösen können, ohne Angabe von Gründen noch in der Probezeit? Wieder entsteht der Verdacht, dass mit falschen Karten gespielt wird. Werden da etwa die Falschen entlassen?
Autor: hpk
Wenn man nicht wüsste wo dieses Schmierentheater stattfindet, man könnte meinen, dass man im Nahen Osten oder in Timbuktu gelandet ist. Je mehr die „Ver-antwortlichen“ mit Nebelkerzen und Schmutz auf altbewährte und allseits beliebte ehemalige schmeißen, desto mehr scheinen den Damen und Herren vom Vorstand und den „Aufsichtsbehörden“ die Dinge aus dem Ruder zu laufen. Jetzt also auch noch ein Amigo als Prüfer teuer eingekauft und versorgt, dass er das eigenen Büro gründen konnte und gleichzeitig Arbeitsplätze bei der VHS „entfallen“ konnten. Das alles wirft ein bizarres Licht sowohl auf die Vorstandsdamen und auf die Politik in Stadt und Kreis. Ich als Bürger beginne mich, für meine Stadt zu schämen.
Zu gerne wüsste ich auch, was genau „Frauen“ wie „inga“ wissen, wenn sie abschätzig vom „Genossen Zahn“ spricht und dass man von ihm nun keineswegs von einem Opfer sprechen könne. Spricht da jemand aus dem internen Kreis, der lieber schweigt als zu reden und wenn er redet dann lieber lügt? Alles was wir über die Presse wissen ist doch, dass dieser Mann den Rückhalt der Mitarbeiter und der Dozenten hat und von allen fachlich kompetenten Leuten hochgeschätzt wird. Da sieht es doch für aussenstehende so aus, dass er ein Bauernopfer ist und nun zum letzten Tropfen geworden ist, damit ein altes Fass endlich zum Überlaufen gekommen ist. Und wer wird so dumm sein, sich auf diesen Schleudersitz freiwiliig zu begeben? Vielleicht ein unqualifizierter Parteikollege?
Fazit: Wer will, dass es bleibt wie es ist, der will nicht dass es bleibt!
Soviel Engagement für die arbeitende Klasse möchte ich mir auch anderswo wünschen.
Bei allem Respekt für Ihren Einsatz die Missstände aufzuzeigen, aber den Genossen Zahn als Opfer zu bezeichnen ist nicht mehr seriös.
Um sich über die VHS kompetent äußern zu können, muss man die Vergangenheit und die ganze Konstruktion kennen, die mehrfach aus politischen Gründen verändert worden ist. Früher gab es einen Wechsel im Vorsitz (jährlich) zwischen Landrat und den OBs aus Singen und Konstanz. Ein personell davon nicht tangiertes Rechnungsprüfungsamt sorgte für die Bilanz-Wahrheit. So wurde der erste RVHS-Direktor Axel Holst mit seinem Verwaltungsleiter in den 70er Jahren enttarnt und am Ende gefeuert. Ohne Informationen aus dem Konstanzer Rechnungsprüfungsamt wäre mir der Blattschuss damals nie gelungen. Dann gab es nur noch einen Dauervorsitzenden, den Landrat, und neue Rechnungsprüfer. Wer hat das damals alles politisch entschieden? Ich meine nicht den Kreistag, denn der nickte das erfahrungsgemäß wegen fehlender Sachkenntnis ab. Die letzten Strukturänderungen zum jetzigen Vorstand sind zu hinterfragen: Wer stellt wen ein und kann wem kündigen? Bei Hauptstellenleitern geht es doch ohne den örtlichen Bürgermeister nicht? Warum ist darauf noch kein „Aufklärer“ gekommen? Was darf ein kommissarischer Vorstand und was nicht? Und wie wird daraus ein kündigender Vorstand? Sind nicht beide letzten „Trennungen“ nur emotional von den zwei Damen begründet worden? Und da hat keine Gesellschafterversammlung/Aufsichtsrat reagiert und nur abgenickt?