Ein Steuerberater wehrt sich. Die Stadträte scheuen sich

Der Vorwurf kommt ohne Namensnennung daher: „Der frühere Wirtschaftsprüfer soll zu nachlässig gehandelt haben“. Unklar bleibt, ob diese Formulierung aus dem Landratsamt stammt, das derzeit im Skandal um die Volkshochschule Konstanz-Singen (vhs) mächtig unter Druck steht, oder aus der Feder eines vorwitzigen Südkurier-Redakteurs. Klar jedoch ist, dass der Beschuldigte – ein Steuerberater aus Singen – diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen will.

„Völlig aus der Luft gegriffen“ nennt der Singener Steuerberater, der jahrelang die Bücher der Volkshochschule prüfte, diesen Vorwurf, „man hätte mich doch wenigstens über solche Vorwürfe informieren können“. Aber weder Landrat Hämmerle noch dessen Adlatus Günther Lieby hätten das Gespräch mit ihm gesucht – erst aufgrund der seemoz-Recherchen sei er auf diesen Vorwurf aufmerksam geworden. Auch die Südkurier-Redaktion habe bei ihm nicht nachgefragt.

Namen werden bislang nicht genannt – auch seemoz gegenüber will der Beschuldigte ungenannt bleiben: „Dann wäre die Geschäftsschädigung ja erst vollkommen“. Aber die Andeutungen im Ortsblatt reichen auch so aus: Jahrelang habe ein Wirtschaftsprüfer aus dem Kreis Konstanz die Papiere untersucht – und angeblich immer für in Ordnung befunden, weiß der Südkurier, und deutet an, dass jener Wirtschaftsprüfer aus CDU-Kreisen stamme und in der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Partei aktiv gewesen sei.

„Das grenzt an Rufmord“, schimpft der Steuerberater und kündigt an, sich gegenüber der Zeitung, aber auch gegenüber dem Landrat, mit allen Kräften wehren zu wollen: „Denn solche Vorwürfe stimmen einfach nicht“. Er vermutet andere Hintergründe. Die neuerdings für die Volkshochschule tätige Steuerkanzlei Schmid & Tritschler aus Singen (seemoz berichtete) sei über persönliche Kontakte zu Günther Lieby, Amtsleiter im Hauptamt und vhs-Verbindungsmann im Landratsamt, an diesen Auftrag gekommen. Man kennt sich aus einer freien Glaubensgemeinschaft, in der Lieby und Schmid führende Positionen bekleideten.

Auch das dürfte den zunehmend nervöseren Landrat Hämmerle in Bedrängnis bringen. Er, der jahrelang für die vhs alleine verantwortlich war, muss zahlreiche Fragen, die in der gestrigen Sitzung des Konstanzer Haupt- und Finanzausschusses (HFA) zu den Vorgängen um die vhs gestellt wurden, beantworten. Oder auch nicht: Denn ob der interfraktionelle Antrag aus dem Kulturausschuss, dass sich am 15.12. der Gemeinderat dieses Themas annehmen soll, bestand haben wird, ist mal wieder – man kennt diesen Gemeinderat – ungewiss. Denn plötzlich ist die Rede von einer Verschiebung dieser Diskussion bis in den nächsten Sommer hinein. Man solle doch lieber das Prüfungsergebnis der Sonderprüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg abwarten, beantragte Jürgen Leipold (SPD) und wurde dabei von anderen Fraktionen unterstützt.

Da stellt sich doch die Frage: Wurde diese Sonderprüfung von Landrat Hämmerle nur deshalb beantragt, um die aktuelle Diskussion um die vhs auf die lange Bank zu verschieben? Immerhin aber genehmigte der Ausschuss den Antrag, den nötigen vhs-Zuschuss zu gewähren. Die Zahlungsfähigkeit der Volkshochschule für 2012 ist damit gewährleistet.

Dennoch werden die Baustellen für die vhs-Verantwortlichen nicht weniger. Denn in Sachen: Fristlose Kündigung von Hauptstellenleiter Reinhard Zahn steht am 20. Dezember der erste Termin vor der Arbeitsgerichtskammer Radolfzell an. Man darf gespannt sein, wie sich dann Landratsamt, Stadtverwaltung und vhs-Leitung um nötige Konsequenzen herummogeln werden.

Autor: hpk

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