Lenk-Papst: „Kommando Jan Hus“ mischt sich ein
Am Mittwoch will der Aufsichtsrat der Tourist Information Konstanz (TIK) in nichtöffentlicher Zusammenrottung über den weiteren Verbleib der Lenk-Statue im Konstanzer Bahnhof entscheiden.
Im Vorfeld macht nun ein bislang unbekanntes „Kommando Jan Hus“ auf sich aufmerksam, stellt interessante Fragen und macht Vorschläge. Hier der Text im Wortlaut.
Skulpturenstürmer zu Konstanz !
Sie beabsichtigen, die Figur aus dem Konstanzer Bahnhof wieder entfernen zu lassen. Warum, so fragen wir uns, wollen Sie das unter sich ausmauscheln? Wovor haben Sie Angst? Vor den Bürgerinnen und Bürgern, die in überwältigender Mehrheit für den Verbleib sind? Sie wissen sehr wohl, dass das Thema europaweit für Gelächter gesorgt hat, auch unter vielen Gläubigen. Wollen Sie der Posse noch eine weitere heuchlerische Krone aufsetzen? Stehen Sie doch namentlich und öffentlich zu Ihrer Entscheidung und begründen Sie sie. Wenn nicht, müssen Sie ab Mittwoch mit fantasievollen Protestaktionen rechnen.
Ihre bigotte Papstgläubigkeit ist ein zusätzlicher Punkt, der uns nachdenklich stimmt. Der Tagespresse konnten wir entnehmen, dass Ihr Oberbürgermeister Papst Benedikt nach Konstanz eingeladen hat. Anfangs dachten wir, Sie belieben zu scherzen und das Angebot sei eine seltsame Idee einiger schwarzer Brüder, des noch amtenden Stadtoberhaupts und einer eiligst herbei gekarrten grünen Flakhelferin. Wie uns zu Ohren kam, steht aber die Einladung weiterhin.
Wir möchten in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass eine Rehabilitierung von Jan Hus bis heute nicht erfolgt ist. Die damalige Kirche exkommunizierte unseren Namensgeber im Jahre 1411 und richtete ihn am 6.Juli 1415 während des Konstanzer Konzils auf dem Scheiterhaufen hin. Haben Sie das völlig vergessen? Für Sie noch folgender Hinweis: Mit der Unabhängigkeit der Tschechoslowakei erklärte diese 1925 den 6.Juli zum Staatsfeiertag. Der Vatikan reagierte umgehend und unterbrach daraufhin für drei Jahre seine Beziehungen zu dem „Ketzerstaat“. 1999 erklärte Papst Johannes Paul II. anlässlich eines Historikerkongresses über den Reformator:
„Heute (…) fühle ich mich verpflichtet, mein tiefes Bedauern auszusprechen für den grausamen Tod von Jan Hus und für die daraus folgende Wunde, Quelle von Konflikten und Spaltungen, die dadurch in den Geist uind die Herzen des böhmischen Volkes gerissen wurde.“
Seitdem sind elf Jahre vergangen und der aktuelle Papst hat offensichtlich keine Eile, Jan Hus und den ebenfalls in Konstanz kaltblütig ermordeten Hieronymus von Prag zu rehabilitieren. Doch diese Tatsache scheint Sie nicht zu stören, hingegen aber glauben Sie wohl, Sie könnten Ihr Mütchen an einer harmlosen Statue kühlen. Das ist billig und albern zugleich. Wie wäre es denn, wenn Sie mit öffentlichem Nachdruck dafür eintreten würden, Jan Hus umgehend zu rehabilitieren?
Das sollte nach 595 Jahren möglich sein. Wenn Sie diese Forderung an Papst Benedikt herantragen würden, hätten Sie uns sogar auf Ihrer Seite.
Zum Schluß noch eine kleine Episode, die sich im Vorfeld des Konstanzer Konzils laut Richental so zugetragen haben soll. Gott kam kurz vorbei und rief die weltlichen und geistlichen Oberhäupter zusammen. Zum Kaiser sagte er: „Du sorgst mir dafür, dass das Volk arm bleibt“. Und zu den drei Päpsten: „Und Ihr sorgt mir dafür, dass es dumm bleibt.“
Mit ketzerischen Grüßen
Kommando Jan Hus/ Sektion Südwest
Bild: Jan Hus. Phantasieporträt eines unbekannten Meisters aus dem 16. Jahrhundert
Lieber Anselm,
selten so gelacht. Dein Verwandtschaftsverhältnis in einer anständigen Familie von Generationen Konstanzer Revolutionäre und richtiger Linker bewahrt Dich leider nicht vor oberflächlichen Spiegelfechtereien über die Qualitäten, Ziele und Intentionen der Kunst eines Peter Lenk.
Der päpstliche Gaukler wurde auf ausdrücklichen Wunsch der TIK in der Mobilitätszentrale aufgestellt. Dass die Stadt Konstanz dafür Geld ausgegeben hat wäre mir ganz neu. Geld für Kunst wird in Konstanz im öffentlichen Raum nicht mehr ausgegeben, höchstens für die Protzbauten und Konzertsäle der Konstanzer Kleingeister und Dünnbrettbohrer.
Lenk dann noch zu unterstellen: „Er bedient die Leserschaft von Bild und Co.“ ist mehr als banal und zeugt von fundamental mangelnder Beschäftigung mit den Arbeiten von Peter Lenk, z.B. am Berliner TAZ-Gebäude das mehr als gekonnt den Springer-Konzern mit seinen seinen miesen Schreiberlingen, Gesellschaftern und Vorstandsvorsitzenden mit künsterlischen Mitteln frontal angreift. Das ist einmalig.
Bezeichnened dass Du Goya und Picasso als Zeugen gegen Die Kunst eines Peter Lenk anführst. Das Gegenteil ist wohl der Fall: Wie Goya und Picasso greift er Themen der Zeit auf und spiegelt diese in seinen Arbeiten. Siehe das herausragende Relief in Ludwigshafen zur Globalisierung in dem die ganze Oberflächlichkeit, Gier und Machtgeilheit des gesamtes Geldadels und ihrer Helfer, der politischen Klasse reflektiert wird.
Wer das nicht erkennen will oder kann (wie Du, lieber Anselm) hat sich in den bestehenden gesellschaftlichen Zuständen wohlig eingerichtet. Das ist auch nicht weiter schlimm, das tun viele.
Nur solltest Du Deine Kritik dann nicht in pseudolinken Phrasen einbinden, das verbieten Dir eigentlich Deine Gene.
Michael würde Dir den Kopf anständig waschen, wenn er noch leben würde.
Ein Freund Deiner Familie.
@prx: 🙂
liebe seemoz-leser: von einer ähnlichen initiative süd-ost ist uns nichts bekannt. sollte ich davon wind bekommen, informiere ich euch.
beste grüße
holger reile
Wir kennen weder Lenk, noch sind wir Konstanzer. Aber die Rehabilitation von Jan Hus würde uns sehr interessieren. Gibt es denn auch schon ein Kommando Jan Hus / Sektion Südost? Die käme für uns durchaus in Frage.
Man sollte den Papst anlässlich der Einladung daran erinnern, dass dieses Konzil sich für sämtliche damals amtierenden Päpste als erheblicher Karriereknick erwies. Ein Benedikt war auch dabei.
Liebe Aktivisten,
man mag versucht sein, das Lenksche Päpstlein im Bahnhof sitzen zu lassen. Was sollen wir uns um die Befindlichkeit der Landes-CDU oder des freiburgischen Klerus kümmern?
Sie haben Recht: Es ist völlig egal, was diese beiden Gruppen zum Thema Päpstlein gesagt haben. Denn beider religiöses oder politisches Empfinden wird durch Lenks Figur nicht tangiert, selbst wenn der eine oder andere Politiker oder Geistliche sich verletzt fühlt. Denn dann hat er wohl einfach nicht verstanden, dass Lenk keinesfalls ein politischer oder gar kritischer Künstler ist.
Eine andere Frage ist die des Verbleibs von Lenks Päpstleins in der Mobilitätszentrale. Hier zählen andere Gesichtspunkte:
Das Päpstlein ist ein Abguss eines bereits bestehenden Werkes eines lokalen Bildhauers – also mitnichten ein neues Werk. Wozu einen Abguss eines schlechten Kunstwerks aufstellen? Haben wir nicht genügend talentierte Bildhauer in der Region, die von der Stadt Konstanz durch Ankäufe unterstützt werden könnten? Wieso muss es ein nur ob seiner PR-Qualität weithin bekannter und erfolgreicher Kunstschaffender sein?
Der lokale Bildhauer Lenk ist keinesfalls ein bemerkenswerter Künstler. Nein, seine Kunst ist von solch unerträglicher Banalität und Eindimensionalität, dass er von der Kunstkritk weiterhin unbeachtet bleiben wird. Sein Platz ist der auf den Seiten der Zeitungen, die sich „Vermischtes“, „Buntes“ oder „Aus aller Welt“ nennen. Seine Kunst weist an keiner Stelle über sich selbst hinaus, sie ist völlig kontextbezogen und damit so provinziell, wie ihre Kritiker. Es wundert nicht, dass gerade die aktuelle Linke, die eine führende Rolle im „Kunstkonservatismus“ spielt, sich zu solch eindimensionaler Kunst hingezogen fühlt. Nirgends ist hier der Geist von Goyas „Desastres de la Guerra“ oder von Picassos „Guernica“ zu spüren, die sich eben genau dadurch auszeichnen, dass sowohl ihre Bildsprache als auch ihr Inhalt weit entfernt sind von provinzieller Engstirnigkeit.
Lenk ist dazu nicht in der Lage: Er bedient die Leserschaft von Bild und Co. Er spielt mit banalen Taschenspielertricks und macht sich über Prominente jedweder Couleur lustig, wenn es nur möglichst vielen Claqueuren gefällt- seien es nun „Bild“-Leser oder „Pseudo-Linke“ auf dem künstlerischen Holzweg. Und vielleicht gefällt es dem „Messias aus Bodman“ ja dereinst, sich über einen solch provinziellen „Pseudo-Linken“ lustig zu machen – das wird seine „Kunst“ keinesfalls besser machen. Sie bleibt ein Ärgernis im öffentlichen Raum!