Her mit den Abstellplätzen für Fahrräder!

Konstanz ist eine Stadt der Radfahrenden – zweifelsohne. Doch ist es auch die Fahrrad­stadt, als die sie die Rathausoffiziellen immer wieder preisen? Genauer gefragt: Werden die hiesigen Verkehrskonzepte den Anfor­de­run­gen der PedalistInnen gerecht? Passt etwa die Infrastruktur für den ruhenden Radverkehr zum Bedarf? Zumindest letztere Frage beantwortet der Verkehrsexperte Günther Schäfer mit einem klaren Nein.

Der Konstanzer Unternehmer, der einst für die Grünen im Landtag saß, hat einen Brief an den Oberbürgermeister und die Gemeinderatsfraktionen geschrieben, in dem er das Fehlen wohnungsnaher Unterbringungsmöglichkeiten für das umweltfreundliche Verkehrsmittel beklagt. Seit mehr als zehn Jahren stehe er in Kontakt mit verschiedensten Ansprechpartnern der Stadtverwaltung, um Möglichkeiten einer „wohnungsnahen Unterbringung von Fahrrädern auszuloten und umzusetzen“, schreibt Schäfer. Die im Lauf dieser Zeit erhaltenen Antworten aus dem Rathaus haben ihn offenkundig einiger Illusionen beraubt.

Schäfer wörtlich: „Die Auskünfte lauteten ungefähr in chronologischer Reihenfolge: ‚ist auf öffentlichen Flächen nicht möglich, die Anwohner können ja ihre Vorgärten nutzen‘, ‚private Nutzung von öffentlichen Fläche ist nicht möglich‘, ‚machen wir auf öffentlichen Flächen, aber nicht im Bereich des PKW-Parkraums‘, ‚wenn überhaupt, dann nur durch Umwidmung von Pkw-Parkraum zu Fahrradflächen und keinesfalls zu Lasten anderer Freiflächen‘ bis zu ‚da sollte mal beim AK Radverkehr ein Antrag eingebracht werden (wurde eingeleitet), damit der Fahrradbeauftragte tätig werden kann‘.

Passiert ist in all den Jahren nichts. Jetzt kommen noch die E-Roller und werden, in Betrieb oder abgestellt, weitere Flächen in Anspruch nehmen.

Bereits zu Zeiten des Stadtplaners Herrn Jerusalem hatte ich mehrere Vororttermine, um mögliche Plätze für Fahrradabstellhäuschen vor allem im Stadtteil Paradies zu erörtern. Die Stadtplaner kamen und gingen – wohnungsnahe (überdachte und abschließbare) Fahrradabstellplätze sind in Konstanz, im Gegensatz zum Beispiel zu Hamburg, noch immer nicht in Sicht.

Jetzt ruft der Gemeinderat den Klimanotstand für Konstanz aus, d. h. das Fahrrad als klimafreundliches Verkehrsmittel soll künftig auch in Konstanz einen Hauptteil des innerstädtischen Verkehrs umweltverträglich abwickeln. Wie soll dies gelingen, wenn für die Fahrräder kein bequemer, wohnungsnaher und sicherer Abstellplatz vorhanden ist.

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Die Fahrräder sind in den letzten Jahren immer wertvoller und, soweit sie mit Elektromotor ausgestattet sind, auch schwerer geworden. Das bedeutet, das Schleppen des Fahrrads in die Wohnung oder über mehrere Treppen in Altbaukeller ist entweder sehr unbequem oder für schwächere Personen kaum zu bewerkstelligen. Dabei ist die Abhilfe so einfach (Fahrradhäuschen nach z. B. Hamburger Modell) und zeigt auch noch optisch, dass sich in Konstanz angesichts des Klimanotstandes tatsächlich etwas ändert. PKW-Stellflächen werden zu Fahrradabstellflächen. Selbst erprobte Finanzierungsmodelle können von anderen Städten übernommen werden. Hier könnte auch in der Planung eng mit den Anwohnerinnen und Anwohnern kommuniziert werden, wo der Bedarf besteht und an welchen Stellen die neuen Abstellflächen gewünscht sind.

So können sich Gemeinderat, Verwaltung und Bevölkerung gemeinsam aufmachen ein Zeichen für einen anderen Schwerpunkt beim ruhenden Verkehr zu setzen. Hier könnte mit dem neuen Gemeinderat und noch vor der nächsten OB-Wahl schnell und wirksam vieles besser werden.

MM/jüg (Fotos: Günther Schäfer)