Röslein, Röslein, Röslein schwarz
Gestern Abend hat das Europäische Parlament Ursula von der Leyen zur neuen Präsidentin der EU-Kommission gekürt. Damit findet ein unwürdiges Postengeschacher sein passendes Ende. Denn nicht nur den landauf, landab verkündeten Wahlkampfversprechungen der Polit-Eliten, die Union demokratischer gestalten zu wollen, spricht das dem gestrigen Trauerspiel vorangegangene Hinterzimmer-Gemauschel Hohn. Auch das neugewählte Parlament demonstrierte, dass es kaum seinen Namen verdient. Einmal mehr kapitulierte man in Straßburg im Machtpoker vor den nationalen Strippenziehern in Berlin und Paris. Mit der Personalie von der Leyen wurde darüberhinaus eine deutsche Funktionärin in den Chefsessel gehievt, die für einen strammen Rechtskurs steht. Der Publizist Jens Berger hat sich kurz vor der Wahl mit der Biographie und dem politischen Werdegang von „Flintenuschi“ befasst.
Die Geschichte der Ursula von der Leyen ist eine Geschichte voller Missverständnisse, Mythen und geschickter politischer PR. Fragt man den Bürger von der Straße nach Ursula von der Leyen, so kommen meist folgende Assoziationen: Sie habe „trotz“ ihrer sieben Kinder Karriere gemacht, sie sei unglaublich erfolgreich, eine echte „Powerfrau“, die das konservative Familienbild Lügen straft. Von welcher Frau von der Leyen ist hier die Rede? Sicher nicht von Ursula Gertrud von der Leyen, der Frau, die künftig die EU politisch führen soll.
Die Supermutterpowertochter
Woher der Mythos der erfolgreichen Powerfrau von der Leyen stammt, ist heute kaum noch nachzuvollziehen. Ursula von der Leyen wuchs in geordneten großbürgerlichen Verhältnissen auf. „Röschen“, wie sie seit klein auf familienintern genannt wird, ist die Tochter des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, Spross einer Dynastie, die bereits unter den Welfen-Königen Schlüsselpositionen im Staat bekleidete. Standesgemäß heiratete sie in die Dynastie der „Seidenbarone“ von der Leyen ein, die seit dem 18. Jahrhundert zum deutschen Establishment gehören. Wer Ursula von der Leyen daheim besuchen will, fährt erst einmal lange durch familieneigenes Weideland, bevor er an einem gusseisernen Tor zum Betreten des schlossartigen Familienanwesens in Burgdorf-Beinhorn eingelassen wird. Keine Frage, Ursula von der Leyen ist die personifizierte Oberschicht, ein feuchter Traum jedes Kitschromanautors. Weiter entfernt vom „normalen Bürger“ kann man kaum sein.
Doch „Röschen“ schlug zunächst ein wenig aus der Art. Ein Studium der Volkswirtschaftslehre brach sie nach drei Jahren erfolglos ab und zwischen ihrem Abitur und ihrem ersten Staatsexamen als Medizinerin liegen stolze zehn Jahre – lückenlose Lebensläufe sehen anders aus. Aber Frau von der Leyen musste sich schließlich nicht mit derlei profanen Problemen des gewöhnlichen Volkes herumschlagen. Während ihrer vierjährigen Arbeitszeit als Assistenzärztin wurde die Powerfrau dreimal schwanger und schmiss dann auch ihre Ausbildung zur Fachärztin, um mit ihrem karriereorientierten Ehemann nach Kalifornien zu ziehen.
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Ursula von der Leyen war nie eine Powerfrau, die Karriere und Kinder unter einen Hut brachte, sondern eine typische Vertreterin konservativer Familienbilder, die sich nur allzu gerne hinter ihrem erfolgreichen Vater und ihrem Mann versteckte. Ihr kometenhafter Aufstieg begann vor fast zwanzig Jahren, als der nunmehr siebenfachen Mutter die Decke des Familienanwesens auf den Kopf fiel und es sie in Vaters Fußstapfen in die Politik zog. Dank der Netzwerke ihres Vaters konnte sie trotz ihrer Unerfahrenheit nicht nur ein sicheres Direktmandat für den niedersächsischen Landtag erringen, sondern wurde auch gleich vom Familienfreund Christian Wulff zur Familienministerin ernannt – ein genialer PR-Coup, konnte die blonde, adrette Siebenfachmutter mit der züchtigen Haartracht doch als Sinnbild erfolgreicher konservativer Ideale verkauft werden. Doch nun ging es erst richtig los – ein Jahr später wurde die „Powerfrau“ ins CDU-Präsidium gewählt und zwei Jahre später beglückte sie die Republik bereits als Bundesfamilienministerin im Kabinett von Angela Merkel.
Dort machte sie in den klassischen Medien weniger durch ihre – bei näherer Betrachtung kaum vorhandene – politische Arbeit, sondern vor allem durch ihre „soft skills“ Schlagzeilen. Ursula von der Leyen gelang das Kunststück, sich als siebenfache Mutter, die Familie und Karriere unter einen Hut bringt, zu inszenieren. Fortan galt die „Powermutti“ als Vorbild für alle Frauen; auch für die, die anders als von der Leyen nicht auf ein ganzes Heer an Hausangestellten zurückgreifen können.
Vom eiskalten Engel zum germanischen Falken
Eigentlich ist das Familienministerium eine sichere Bank. Doch Ursula von der Leyen überspannte den Bogen, indem sie sich ohne Not in eine Kampagne zur Einführung von Internetsperren einspannen ließ. „Zensursula“ war geboren. Auch in ihrer Zeit als Arbeitsministerin machte von der Leyen keinen ordentlichen Job. Der „eiskalte Engel der Erwerbslosen“ setzte sich vor allem dadurch in Szene, harte Maßnahmen gegen materiell weniger Begüterte mit einem zuckersüßen Lächeln zu verkaufen und sich selbst als Anwältin der „armen Kinder“ in Szene zu setzen.
Zu einem Karriereknick drohte erst ihr völliges Versagen im Amt der Bundesverteidigungsministerin zu werden. „Röschen“ von der Leyen machte hier eigentlich so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Zum Aufgabenprofil eines Verteidigungsministers gehört an erster Stelle der Ausgleich zwischen den kommerziellen Interessen der Rüstungslobby, den materiellen Wünschen der Streitkräfte und den finanziellen Interessen der Steuerzahler. Dementsprechend klar war auch das Aufgabenprofil für Ursula von der Leyen. Sie sollte die Personal- und Ausrüstungsprobleme aus der Welt schaffen, die unter ihren Vorgängern immer deutlicher zum Vorschein kamen. Gemessen an dieser Aufgabe, hat von der Leyen auf der ganzen Spur versagt. Obgleich immer mehr Geld in das Militärbudget fließt, sind die Ausrüstungs- und Logistikprobleme der Bundeswehr heute schlimmer denn je.
Anstatt die zugrundeliegenden Probleme politisch anzugehen, heuerte von der Leyen für ein neunstelliges Budget ein ganzes Heer an Beratern namhafter Kanzleien und Beratungsunternehmen an, deren Aufgabe auch und vor allem darin bestand, das Versagen der Ministerin zu kaschieren und sie auf Kosten der Steuerzahler positiv zu verkaufen. Zumindest Letzteres gelang ja auch. Trotz des ungenügenden Leistungsnachweises hielt sich von der Leyen im Amt und wird nun womöglich nur durch die Übernahme des höchsten politischen Amtes in der EU vor dem Untersuchungsausschuss in der Berateraffäre gerettet.
Dramatischer als ihr politisches Versagen ist jedoch ihre ideologische Orientierung, die sich vor allem während ihrer Zeit auf der Hardthöhe und im Bendlerblock immer stärker radikalisiert hat. Ursula von der Leyen ist ein außen- und sicherheitspolitischer Falke, der sich voll und ganz in die transatlantische NATO-Strategie eingereiht hat, ohne Wenn und Aber hinter dem Modell einer Militarisierung der EU steht und den Westen mit einer „Politik der Stärke“ in eine neue Ära des Kalten Kriegs mit Russland treiben will.
Dies alles tat ihrer Popularität kaum einen Abbruch – im Gegenteil. Sie ist vor allem bei der Yellow Press außerordentlich beliebt. Wer die Namen der schwedischen Königskinder auswendig kennt, liebt auch die edle Übermutter mit dem charmanten Lächeln und dem Adelsprädikat. Und auch die sogenannten Qualitätszeitungen fassen Ursula von der Leyen nur mit dem Glacéhandschuh an.
Präsidentin von der Leyen – powered by AfD?
Die Nominierung von der Leyens zur Kandidatin der Staats- und Regierungschefs für das Amt der künftigen Kommissionspräsidentin ist nicht die erste Groteske im großen europäischen Personalkarussell der letzten Woche. Zunächst scheiterte „Spitzenkandidat“ Manfred Weber am schon vorab angekündigten Widerstand von Emmanuel Macron. Dann zauberten Merkel, Macron und Co. im fernen Osaka den zweiten „Spitzenkandidaten“ Frans Timmermanns aus dem Hut, der jedoch den reaktionären osteuropäischen Regierungschefs irgendwie zu kritisch und demokratisch war, da er in der Vergangenheit die Gefährdung der demokratischen Werte in Ungarn und Polen kritisiert hatte. Die Lektion – wer sich für Demokratie stark macht, hat in der EU keine Chance. Es ist absurd und traurig zugleich.
Da kam Ursula von der Leyen natürlich wie gerufen. Den reaktionären Osteuropäern ist sie als erzkonservative „Russenfresserin“ zu verkaufen, den liberalen Skandinaviern und Westeuropäern gilt sie hingegen als „Powerfrau“ und selbst Italiens Regierungschef Conti fand letztlich Gefallen an von der Leyen – es wird bereits gemunkelt, dass der Preis dafür ein italienischer Haushaltskommissar sein wird. Kompromisse sind nicht immer gut. […]
Jens Berger (der Text, den wir gekürzt veröffentlichen, erschien am 3.7. zuerst bei den NachDenkSeiten)
Foto: Ursula von der Leyen 2015 bei einem Bundeswehr-Truppenbesuch in Polen;
© Bundeswehr/Dana Kazda.
@ L. Schiesser
Humorvoll und immer noch aktuell ist die folgende Passage von Herrn Pispers:
https://www.youtube.com/watch?v=1dTswvj_-sA
Informieren Sie sich doch mal bei lobbycontrol.
Es braucht keine Verschwörungstheoretiker!
Die Entwicklungen und Strukturen der europäischen Institutionen – spätestens seit dem Lissabon-Vertrag – kann man auch als vollzogene „Verschwörung“ interpretieren.
@L.Schiesser
Ihre Ausführungen sind aufschlußreich sowohl in der Breite als auch in der Tiefe. PR, McKinsey, Ihre Nachbarn, die launigen Skizzen von Adenauer und Juncker, die Analyse militärischer Realität, alles sehr beeindruckend. Die Seit- und Abwärtsvergleiche, die Rechtfertigung durch vergangene Jahre, die Zuordnung von Zitaten – Respekt.
Die CDU, AKK, UvdL und Merkel, diese drei klugen Frauen werden es mit Genugtuung notieren, welche Anforderungen Sie an Demokratie und Politik stellen. Nicht zuletzt werden diverse Gazetten entzückt sein, daß sie als Scheuklappen Verwendung finden.
Haben Sie Verständnis dafür, daß ich – Verschwörungstheoretiker – bei meinen geäußerten Standpunkten bleibe und für mich das Thema als beendet betrachte.
Nach acht Kommentaren zum Artikel, die und den ich gelesen habe, fällt mir leider nur das Sprichwort ein: DER FISCH FÄNGT AM KOPF AN ZU STINKEN.
SEEMOZ ist weder Fisch noch Wasser, sondern kritisch – widerborstig – informativ !
@Peter Stribl: Hat sich UvdL irgendwann als „arme Powerfrau“ bezeichnet? Also ich hab keine entsprechende Aussage gefunden. Dass sie 7 Kinder hat, ist Tatsache. Ich hab aber nirgends gelesen/gehört/gesehen, dass sie das irgendwann als unzumutbare Belastung oder so bezeichnet hätte. Und wenn das als PR genutzt wird: Und? Wenn das jemanden überzeugt, gibt’s genauso viele, die das im Zusammenhang mit der Qualifikation für das Kommissionspräsidenten-Amt nicht beeindruckt. Es hat einfach damit nichts zu tun. Und wäre bei keinem Mann mehr als eine Tatsachenaussage.
Und ich nehme mal an, die meisten Mütter sind froh, wenn ihre Kinder nicht an den Hindukusch wollen, um dort (laut Peter Struck) Deutschland zu verteidigen. Da das aber keiner muss, ist das die eigene Entscheidung der Leute, die freiwillig zur Bundeswehr gehen. Ob UvdL als Verteidigungsministerin die BW-Soldaten als „Deppen“ empfand, wage ich zu bezweifeln. Aber wer berufsmässig zum Militär geht, weiss, worauf er/sie sich einlässt. Dafür kann er/sie heute niemand anderen verantwortlich machen, als sich selbst. Konrad Adenauer, Kanzler der Wiederbewaffnung, hat sich auch stolz darüber gezeigt, dass er nie Soldat gewesen war – und das in einer Zeit, in der sich alle gerade erst langsam davon erholten, was sie selbst angerichtet oder erduldet hatten.
McKinsey-Beratungsaufträge waren noch nie billig. Ob die in Frage stehenden fürs Verteidigungsministerium zu teuer waren oder zu zahlreich oder unter unlauteren Voraussetzungen vergeben wurden, wird die Untersuchung zeigen. Dass etwas für meine Begriffe (zu) teuer ist, sagt weniger über die tatsächlichen Verhältnisse aus, als über meine Vorstellungen. Ich hatte vor 15 Jahren Nachbarn, die bei KcKinsey arbeiteten – ich fand das damals schon sehr teuer. Aber die Kunden offensichtlich nicht, sonst hätten sie die Firma (und meine Nachbarn) nicht immer wieder zu horrenden Preisen angeheuert.
Abgesehen davon wird UvdL nicht die einzige/der einzige PolitkerIn sein, die Berateraufträge vergibt. Wenn das etwas dazu beiträgt, Lösungen zu finden und Aufträge sinnvoll zu erledigen, hat sich’s gelohnt. Wenn’s nichts nützt, war das Geld zum Fenster rausgeschmissen.
Junckers „Wir starten ein Projekt“-Spruch ist 20 Jahre alt (1999). Wenn Sie in den letzten 20 Jahren nicht mal einen undiplomatischen/dummen Spruch rausgelassen haben, dann sind Sie vermutlich Trappist und haben ein Schweigegelübde abgelegt. Zudem funktioniert Politik täglich so: Jemand traktandiert ein politisches Anliegen und merkt an den Reaktionen, ob es durchsetzbar ist oder nicht. Diesel-Fahrverbote, CO2-Steuer, Impfpflicht, Organspende-Vorschrift, Enteignung von Wohnbaugesellschaften – immer setzt jemand ein Thema „an die Luft“. Wirbelt’s Staub auf, wartet man, bis der sich gesetzt hat und prüft dann, ob sich bei erneuter Erwähnung immer noch Gegenwind erhebt oder ob der Vorschlag jetzt akzeptiert wird. Juncker hat’s einfach deutlich gesagt – eigentlich entspricht das allen Transparenzregeln 🙂 – und hat mit UvdL Null und Nichts zu tun.
Wie soll denn Politik sonst auch funktionieren? Jedes Thema, das mal Gegenwind bekommt, wird nie mehr aufs Tapet gebracht? Dann würden in Deutschland immer noch AKW gebaut. Als die Anti-AKW-Bewegung begann, wollte die Mehrheit im Land davon nichts wissen. Hätte die Bewegung einfach aufhören sollen? FFF – sollen die Jugendlichen einfach wieder brav im Schulzimmer bleiben, nur weil ihnen Wind ins Gesicht bläst? Und haben nur NGO das Recht, ihr Thema immer wieder aufs Tapet zu bringen?
Warum nun die ganze Kritik an der EU ausgerechnet auf UvdL niedergeht, die diese bisher gar nicht zu verantworten hat, ist irrational. Wieso deren Wahl nun gerade nach „Korruption, Konzernbeherrschung und Kriegsvorbereitung“ stinken soll, ist völlig rätselhaft (und riecht penetrant nach Verschwörungstheorie – fehlt eigentlich nur noch „die Bilderberger“). Alles, was jetzt ist, wäre doch mit Manfred Weber oder Frans Timmermanns oder Margrethe Vestager kein Deut anders (wobei mir Timmermanns und Vestager lieber gewesen wären).
Neue Rüstungsaufträge ist die Überschrift eines Beitrags von Wolfgang Michal, Der Freitag, Ausgabe: 18. Juli 2019
“ Mit der Wahl von UvdL werden die Gewichte in der EU weiter verschoben, weg vom Parlament, hin zum Rat der Regierungschefs. Mit dieser Renationalisierung europäischer Politik wird es keinen demokratischen Fortschritt geben. Wer die Autokraten verabscheut, darf selbst nicht in bonapartistische Herrschaftspraktiken zurückfallen. Das Parlament hat sich mit der Wahl von UvdL geschadet. Mehr noch: sich unterworfen. … Der Alterspräsident im EU-Parlament heißt Silvio Berlusconi.“
Statt pulse of Europe, lost in Europe!
Vor etwa 4 Wochen wurde zwischen Deutschland/Frankreich/Spanien ein Rüstungsabkommen (ca. 50 Milliarden) geschlossen. Das Eurofighter-System FCAS, das auch Drohnen und Satelliten steuern kann. (Frau Merkel wünscht sich ja einen Flugzeug-träger, aber Frankreich hat leider schon einen) Von der Leyen hielt da auch eine Rede, die allerdings etwas anders war, als die in Brüssel. Sie sprach von einer „Europäischen Verteidigungsunion“.
.In Brüsel sprach sie von Seenotrettung ( allerdings ohne Zielhafen-nennung), Mindestlohn(ohne Höhe) und Klimaschutz (vage), gewiß, Worte sind gefügig und wir glauben gerne Versprechungen – aber wie leicht ist es mit Worten zu schmeicheln und zu täuschen
@L. Schiesser
„1. Wieso soll der Nachweis erbracht werden, dass Ursula von der Leyen ihre Kinder gleich aufgezogen habe, wie eine Frau mit 4000 Euro Monatseinkommen?“
Um die Riesen-PR-Nummer um die Doppelbelastung der armen (Power-)Frau entweder zu bestätigen oder da die Luft rauszulassen.
„Wieso sollten die Kinder UvdL „am Hindukusch den Kopf hinhalten“ müssen?“
Die Frau hat sich in einem Interview so geäußert, daß sie froh wäre, daß dem nicht so ist. Der Umkehrschluß ist ja wohl erlaubt, daß sie ebenso froh ist über die Deppen, die dort ihr Leben riskieren und auch verlieren. Das Floriansprinzip ist Ihnen geläufig?
„Ob sie zu viele Beraterverträge vergeben hat, wird die laufende Untersuchung zeigen.“
Sie gestatten, daß ich lache wie eine Buschhex‘, wie es so schön heißt in dieser Gegend. Ein Blick auf die Summen, die ihr Sohn für McKinsey kassiert hat, genügt mir. Die sind ohne UA einsehbar.
„Die Kinderversorgung, die Frage, ob ihre Kinder beim Militär sind usw. sind eben genau keine „Springpunkte“ wenn es darum geht, ob UvdL dem Job als EU-Kommissionspräsidenten gewachsen ist.“
– Ich bin sicher, daß ihre Berater sie nicht im Stich lassen. Kostet halt. Es war schon immer etwas teurer, einen besonderen Geschmack zu haben.
Juncker hat mal geäußert, wenn es hart würde, müßte man lügen. Er hat auch dargelegt, wie er „demokratische“ Arbeit praktiziert. „Wir starten ein Projekt. Regt sich Widerstand dagegen, lassen wir es ruhen, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Danach nehmen wir das Projekt wieder auf. So machen wir Schritt für Schritt, bis das alles nicht mehr rückgängig zu machen ist.“ (Sinngemäß.)
Wenn ich die Verhältnisse in Griechenland (Banken-Pampern), Katalonien (spanische Allmachtsvisionen) und Frankreich (Gelbe Westen) sowie die Entwicklung gegen Russland betrachte, kommt mir vdL als der nächste Schritt nach Juncker vor. Was das mit Demokratie oder auch Emanzipation zu tun haben soll, wissen Götter, an die ich nicht glaube.
Für mich stinkt es nach Korruption, Konzernbeherrschung und Kriegsvorbereitung gegenüber Russland, China, Iran und und und. Getreu dem Motto, diese Staaten sitzen auf unseren Ressourcen. Entweder diese Untermenschen willigen in „Reformen“ ein oder es knallt.
@Peter Stribl, Sie haben Probleme mit den Ausführungen von Christel Thorbecke – das ist Ihnen unbenommen. Aber die von Ihnen verlangten Belege sind – sagen wir mal – merkwürdig. Erst einmal: Mir ging es ähnlich wie Frau Thorbecke – ich fand den Beitrag auch Gift und Galle verströmend. Aber mal der Reihe nach:
Niemand sagt, UvdL habe politisch keine Fehler gemacht oder man finde alles toll, was sie gemacht hat. Aber immerhin hat sie als Familienministerin mehr Geld für Kitas locker gemacht (trotz Gegenwind aus dem eigenen Lager), das Elterngeld eingeführt und die Ehe für Alle befürwortet. Das Zugangserschwerungsgesetz gegen Kinderpornographie im Internet brachte ihr die „Zensursula“ und die Gegnerschaft der Internetgemeinde ein und entpuppte sich als untauglich. (Uploadfilter gibt’s inzwischen ganz ohne UvdL)
Ihr Leistunsgausweis dürfte sich auf der Höhe anderer Regierungsmitglieder (oder gewesener Regierungsmitglieder) bewegen.
Aber jetzt mal zu Ihren übrigen Forderungen:
1. Wieso soll der Nachweis erbracht werden, dass Ursula von der Leyen ihre Kinder gleich aufgezogen habe, wie eine Frau mit 4000 Euro Monatseinkommen? Wozu soll so etwas gut sein? Was hat das mit ihrer Eignung für den Posten als EU-Kommissionspräsidentin zu tun hat. Muss man dafür die eigenen Kinder gewickelt und Brei gekocht haben? Hat das mal jemand Jean Claude Juncker oder seine Amtsvorgänger gefragt? Hat irgendjemand mal Politiker, die mehrere Kinder haben, nach solchen Bedingungen gefragt? Der Schweizer Bundesrat (Minister) Ueli Maurer (SVP) hat 6 Kinder, Jörg Meuthen (AfD) hat 5. Und?
Wieso sollten die Kinder UvdL „am Hindukusch den Kopf hinhalten“ müssen? 1. Ist Sippenhaftung verboten – sollte auch für Leute gelten, die sich für links halten, wenn sie über Leute schreiben, die sie für rechts halten. Kinder müssen nicht die politische Haltung ihrer Eltern teilen. Zudem ist in Deutschland die Wehrpflicht ausgesetzt – man muss nicht Berufssoldat werden, wenn die Mutter Verteidigungsministerin ist. Man muss auch nicht Buchhalter werden, wenn der Vater Finanzminister ist. 2. Hat nicht UvdL den Bundeswehreinsatz am Hindukusch veranlasst. Sie hat ihn nicht beendet – allerdings hat die Bundestagsmehrheit das so gewollt. Dann lasten Sie das doch mal derselben an. 3. Die Bundeswehr ist seit Jahrzehnten ein S..stall. UvdL Vorgänger haben da fleissig beigetragen. Das Beste wäre, die BW abzuschaffen. Da das aber nicht mehrheitsfähig ist, ist UvdL sicherlich anzulasten, dass es auch unter ihrer Ägide nicht besser wurde – aber verursacht hat sie das nicht. Ob sie zu viele Beraterverträge vergeben hat, wird die laufende Untersuchung zeigen.
Die Kinderversorgung, die Frage, ob ihre Kinder beim Militär sind usw. sind eben genau keine „Springpunkte“ wenn es darum geht, ob UvdL dem Job als EU-Kommissionspräsidenten gewachsen ist. Das hat auch niemand die bisherigen Kommissionspräsidenten gefragt. Das sind schlicht keine Kriterien dafür – das sind eher frauenfeindliche Klischees, die da bedient werden.
Und noch ein Wort zu Luana Thalmann: Frau von der Leyen wurde genau gleich demokratisch gewählt, wie ihre Amtsvorgänger und wie es der Vertrag von Lissabon vorsieht: Der EU-Rat schlägt dem Parlament eineN KandidatIn vor (wobei er den Ausgang der Wahlen berücksichtigt) und das Parlament bestätigt oder lehnt ab. Die früher getroffene Vereinbarung, nur Spitzenkandidaten vorzuschlagen, war eine Umsetzung des „berücksichtigt den Wahlausgang“. Der Wahlausgang wurde dieses Mal insofern berücksichtigt, als die UvdL politisch zur EVP gehört, welche stärkste Einzelfraktion stellt. Wenn man etwas anderes will, muss die Passage im Vertrag von Lissabon geändert werden. Die hätte aber auch gegolten, wenn Spitzenkandidat Manfred Weber Kommissionspräsident geworden wäre. Zweifellos ist das System verbesserungsfähig, aber das wäre es bei jeder anderen Kandidatur auch gewesen. Und nur nebenbei: Die Kür der Spitzenkandidaten ist für Aussenstehende so wenig transparent, wie die Kür der EU-Rats-KandidatInnen.
@Christel Thorbecke
„Es würde den Rahmen eines Kommentars sprengen, meinen hier geäußerten Unmut in einer soliden Kritik aller dort geäußerten schieren bösartigen Behauptungen zu begründen.“
Seien Sie so freundlich, sprengen Sie den Rahmen und formulieren Sie solide Kritik. Nur allzu gerne würde ich nämlich mein negatives Bild derartiger Power-Frauen entzerren.
Allerdings sollten zu dem Zweck Beweise beigebracht werden,
– daß U.v.d.L. ihre sieben Kinder bemuttert hat wie eine Frau mit einem Familieneinkommen von maximal 4000 € netto/Monat. Soll heißen, sie hat sie bekocht, erzogen, mit allem versorgt, was ein Kind so braucht. Ohne Haushaltshilfe, Putzfrau, sonstige Unterstützung. Mir nötigt bereits eine zweifache Mutter mit dieser Aufgabenbewältigung große Anerkennung ab.
– daß die Ereignisse, die zum Spitznamen „Zensursula“ führten, eine Erfindung des Kreml, Trumps oder sonstiger finsterer Mächte waren.
– daß das Budget der Bundeswehr nur im üblichen Rahmen durch Beraterverträge belastet wurde. Daß die Kinder der U.v.d.L. nicht am Hindukusch für unsere Freiheit den Kopf hinhalten, sondern eher in der Etappe hinter der Etappe und da nochmal weiter hinter der Etappe – Stichwort McKinsey – geschenkt.
Das wären wohl die Springpunkte. Verhehlen kann ich allerdings nicht, daß auf die von Ihnen skizzierte Emanzipation getrost gepfiffen oder sonstwas werden kann.
„Drei kluge Frauen in Führungspositionen“ – mir fällt dazu nur Hang zur Zensur bei zweien und marktkonforme „Demokratie“ bei der dritten ein.
Vorweg zur Rehabilitation des Pamphlet = Titel mittellateinischer Liebesdichtung Pamphilus seu de amore (Pamphilus oder über die Liebe) zurück. Der Name Pamphilus wurde Altfranzösisch zu Pamphilet verkürzt. Es entstand daraus das anglo-mittellateinische panfletus und das mittelenglische pamflet (Heftchen). Im Laufe des 16. Jahrhunderts veränderte Bedeutung zu ‚kleine Schrift, die sich mit aktuellen Fragen von allgemeinem Interesse beschäftigt‘ oder ‚Flugschrift mit politischen oder satirischen Inhalten‘. Dieser Wandel lässt sich auch am französischen Substantiv pamphlet → fr verfolgen: Zu Beginn des 18. Jahrhunderts stand es für ‚Broschüre‘, ab 1750 eher für ‚kleine schriftliche Satire‘.
Mit Verlaub Frau Thorbecke, Frau von der Leyen wurde auf europäischer Ebene nicht demokratisch gewählt, sondern in den rechtslastigen Hinterzimmern mit Orban und Co. (auch AFD) ausgeklüngelt.
Das Wahlergebnis spricht eine eigene Sprache!
Feminismus als tiefe und lebenslange Haltung, sollte nicht blind und taub machen.
Die gemeinten Damen sind oberflächlicher Ausdruck des immer noch gültigen, herrschenden Patriarchats, darum nicht weniger gefährlich. Die wiederauflebende Militarisierung beobachten Sie doch auch, oder?
In meinem ganzen langen Leben habe ich noch nie so einen bösartig geifernden Artikel in Überlänge gegen eine demokratisch gewählte Politikerin gelesen.
Man kann Misstrauen gegen ihre Aussagen haben, den Frauenanteil in an Europa Politikerinnen zu erhöhen, Flüchtlinge aus Seenot retten und den Klimaschutz in den Focus der europäischen Politik stellen zu wollen – dann muss man ihr aber erst einmal die Chance geben, zu zeigen ob sie das ernst meint. Man kann ihre Rolle als Verteidigungsministerin in konkreten Fällen kritisieren. Aber ein solche Hasstirade richtet sich gegen den Schreiber selbst. Wer es schafft, diese Polemik aufmerksam zu studieren, findet zum großen Teil nur aneinandergereihte Unterstellungen und unbewiesene Behauptungen die in Beschimpfungen übergehen. Wenn Bekenntnisse einer Politikerin zur Gleichstellung der Frauen, zur humanen Flüchtlingspolitik und zur notwendigen das Klima rettenden Umweltpolitik einfach als reine Lügen und wohlfeile Lippenbekenntnisse einschätzt, sollte sich einmal fragen, wem er eigentlich noch trauen kann.
Es würde den Rahmen eines Kommentars sprengen, meinen hier geäußerten Unmut in einer soliden Kritik aller dort geäußerten schieren bösartigen Behauptungen zu begründen. Jeder kann es selber sehen.
Ich bin als alte grüne Aktivistin und Feministin keine CDU Sympathisantin, aber ich freue mich sehr, wenn unser langer Gang durch die Institutionen dazu geführt hat, dass diese Werte jetzt auch auf die Mitglieder anderer Parteien überspringen. Das ist so, wenn man Erfolg hat. Das können manche aber nicht ertragen. Und schon gar nicht können Sie drei kluge Frauen in Führungspositionen ertragen.
Warum veröffentlicht Seemoz ein solches Pamphlet?
Demokratie wird durch DEALS ersetzt/ die korrupten Klüngel kriechen unter ihren Steinen hervor/ willkommen im Kapitalismus!