11 = wenig
UniversitätsmitarbeiterInnen und StudentInnen aus dem westlichen Konstanz und dem Umland, die die Buslinie 11 für ihre Fahrt von und zur Uni nutzen wollen, stehen im Sommer oft an verwaisten Haltestellen. Von Ende Juli bis Ende August gibt es nur einen stark ausgedünnten Ferienfahrplan. Gegen diese benutzerunfreundliche Fahrplangestaltung der Konstanzer Stadtwerke protestiert eine Universitätsmitarbeiterin in einem offenen Brief, in dem sie auch eine Unterschriftensammlung ankündigt.
Hier das Schreiben in vollem Wortlaut mit minimalen sprachlichen Anpassungen:
„Im Sommer 2019, vom 29.07.–30.08.2019, entfällt fast die gesamte Linie 11 für ganze fünf Wochen. Es ist lediglich dem Personalrat der Universität Konstanz zu verdanken, dass mit den Stadtwerken zumindest ein eingeschränkter Fahrplan ausgehandelt wurde. Dieser sieht allerdings lediglich 3x morgens eine Anfahrt zur Universität, 1 Bus um 12:45 h sowie 2x am Spätnachmittag eine Abfahrt vor.
Für viele KollegInnen der Universität Konstanz hat diese Einschränkung die Konsequenz, im August Urlaub nehmen zu müssen, wenn die vorgegebene Arbeitszeit nicht zu diesen sehr eingeschränkten Fahrzeiten passt und sie nicht alternativ auf ein Auto zurückgreifen können. Die wenigsten können aber fünf Wochen Urlaub nehmen und haben daher mehrere Wochen das Problem: „Wie komme ich zur Arbeit und wieder nach Hause?“
Die Entscheidungsträger der Stadtwerke Konstanz sind sich nicht bewusst, dass nicht nur MitarbeiterInnen diese Verbindung nutzen, sondern auch Studierende in den fünf Sommerwochen zum Lernen oder auch Arbeiten an die Universität kommen möchten.
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Mir ist bewusst, dass die Strecke weniger genutzt wird als während der Schulzeit oder des laufenden Semesters. Aber dennoch ist eine Einschränkung in diesem Ausmaß für viele Studierende ein Problem. In anderen Bereichen des ÖPNV wird doch auch kein Fahrplan wegen der Schulferien gekürzt: Man lebt damit, dass die Züge und Busse weniger voll sind.
Stellen Sie sich mal vor, die Deutsche Bundesbahn schränkt den Zugverkehr ein, weil ArbeitnehmerInnen, die bei der Deutschen Bahn beschäftigt sind, im Sommer den wohlverdienten Familienurlaub nehmen und Pendler oder Zugreisende deshalb nicht wie gewohnt die Zug- und Busverbindung im Nahverkehr nutzen können. Undenkbar, sagen Sie? Ja, genau so sehe ich das auch!
Herr Burchardt, Oberbürgermeister von Konstanz, hat anlässlich der Feier der Exzellenzstrategie der Universität Konstanz betont, dass die Universität Konstanz mit der Beibehaltung des Elite-Status ein gutes Renommee für Konstanz und außerdem der wichtigste Arbeitgeber im Kreis Konstanz ist. Trotzdem wird im August die Buslinie 11 von und zur Universität fast komplett eingestellt.
Für alle Pendler, die nicht in Konstanz wohnen und weite Wege plus Umsteigen vom Zug auf den Bus auf sich nehmen müssen, bedeuten diese fünf Wochen einen Arbeitsweg nahezu ohne öffentliche Verkehrsmittel, wie es heute eigentlich nur noch in sehr abgeschiedenen ländlichen Gegenden vorzufinden ist. Und das mitten in Konstanz!
Es scheint fast so, als werden diese Pendler von auswärts bei den Konstanzer Kommunalpolitikern nicht als wichtig erachtet, denn keiner setzt sich für einen Erhalt der 11-er Busverbindung auch im Sommer ein, da jemand aus Konstanz diese Verbindung schließlich auch nicht zwingend braucht. Man hat ja noch den 9-er Bus. Dies bedeutet für Pendler von auswärts wegen des Umweges über den Hauptbahnhof aber eine mindestens 20 Minuten längere Anreise zur Arbeit an der Universität Konstanz. Pro Weg! Wenn man mit dem ÖPNV ohnehin ca. 1 Stunde pro Weg Zeit zur Arbeit braucht, sind zusätzliche 20 Minuten eine Zumutung und keine Alternative!
Als erste Stadt in Deutschland hat Konstanz den Klimanotstand ausgerufen, um für ganz Deutschland ein Zeichen zu setzen. Aufgrund des Klimanotstandes will Konstanz in Zukunft einen jährlichen Report über den Fortschritt bei der Vermeidung von CO2-Emissionen herausgeben.
Wie will Konstanz CO2-Emissionen einschränken, wenn aufgrund der Ermangelung einer ordentlichen Busverbindung das Auto zur Arbeit benutzt werden muss? Den Entscheidungsträgern der Stadtwerke Konstanz ist nicht klar, dass die Entscheidung, mit dem Zug und Bus zur Arbeit zu fahren, oft auch aus Umweltgründen getroffen wird. Sehr traurig, dass dieser (vor allem zeitliche) Einsatz der Pendler leider nicht von den öffentlichen Verkehrsbetrieben der Stadt Konstanz und der Kommunalpolitik unterstützt wird.
Wir wünschen uns im August mindestens eine stündliche Busanbindung der Universität an den Bahnhof Wollmatingen (zu Stoßzeiten von 7-9 Uhr, 11.30-14.00 Uhr und 15.30-17.00 Uhr natürlich mehr), abgestimmt auf die Fahrzeiten der regionalen Züge. Es kann dafür auch gern statt des langen ein normaler Bus genutzt werden.
Ich will noch anmerken, dass ich zwar in meinem Namen schreibe, jedoch meine KollegInnen meine Meinung über die Einschränkung des 11-er Busses teilen. Dies kann ich bei Bedarf gern durch das Nachreichen einer Unterschriftenliste belegen. Die Studierenden, die während der Semesterferien diesen Bus benutzen, werde ich selbstverständlich auch um eine Unterschrift bitten.
Mit freundlichen Grüßen
U.B.
UB/O. Pugliese (Foto: O. Pugliese)
Weiterführende Informationen:
Fahrplan der Linie 11
„An den Taten sollt ihr sie messen!“ Wenn die Stadt Konstanz als erste Stadt der Bundesrepublik medienwirksam den „Klimanotstand“ ausruft, es aber nicht einmal schafft, in der „Ferienzeit“ den Busverkehr uneingeschränkt aufrecht zu erhalten, dann sieht man das spannugsreiche Verhältnis von Wort und Tat.
Ohne jede Frage: Auch Busfahrer dürfen Urlaub machen. Und es mag auch sein, dass es schwierig ist, Personal für die Verkehrsbetriebe zu finden. Aber vielleicht müssen die Verantwortlichen der Stadt auch andere Schwerpunkte bei ihrer Politik setzen. Die Universität ist einer der größten Arbeitgeber in der Stadt. Auch in der sogenannten „Ferienzeit“ arbeiten dort Menschen: Viele Studenten Studentinnen in den Laboren und in der Bibliothek, und viele Kollegen und Kolleginnen in der Verwaltung und der Forschung. „Semesterferien“ sind eben keine Ferien!
Die Stadtoberen wissen dies auch – oder sollten es zumindest wissen. Und es bedarf keiner „Spitzenforschung“, um einen angemessenen und sinnvollen Fahrplan zu erstellen, der den Menschen ermöglicht, an ihren Arbeitsplatz zu gelangen. Es bedarf aber einer entsprechenden (Finanz)Planung.
Im ÖPNV bedarf es sicher nachhaltiger Lösungen, wie sie durch einen Landestarif möglich wären, damit diese überteuren, kleinteiligen ÖPNV Fürstentümer nicht alle Einnahmen aufbrauchen bevor überhaupt ein Bus auf die Straße kommt. Der Verbund Berlin-Brandenburg etwa lässt Schüler kostenlos fahren und Auszubildende für 365 Euro jährlich.
Beim Modell der Bodensee-S-Bahn ist man seit 27 Jahren keinen Schritt vorangekommen. Nur für Touristen gibt es Preisnachlässe, von denen Pendler, Schüler und Auszubildende nur träumen können.
In den Ferien entfällt beim Verkehrsverbund bodo der gesamte Schülerverkehr (S) und Studenten der diesseitigen Seeseite (Bodenseekreis), müssen Mehrkosten eines Schüler-Tickets (bis 62,10 Euro) zusätzlich zahlen, weil sie auf der falschen Seeseite studieren. Konstanzer die in Ravensburg oder im Bodenseekreis studieren sind ebenfalls betroffen. Da wird keine Kritik laut. Dann kommt das Drama, nicht nur, mit dem Bus 11 und dass bei (täglichen) Verspätungen des Verkehrsverbund bodo, es nahezu unmöglich ist in den Ferien die Uni Konstanz zu erreichen oder Heim zu kommen.
Vielleicht ergibt sich eine Möglichkeit, dass eine Projektgruppe der Eliteuniversität Konstanz sich dieses Problems „Rund um den See“ annimmt: 1 Verkehrsverbund, Preise runter, kürzere Fahrtakte und ein Busbetrieb der die Uni Konstanz mindestens stündlich erreicht. In Vorarlberg (vmobil.at) ist man bezüglich ÖPNV vorbildhaft. Wo also sind die Visionäre aus der Wissenschaft?