Klimademo: Denkt OB Burchardt an Richterschelte?

Das Verbot einer von Klimaschutz-AktivistInnen im Juli angemeldeten Demonstration auf dem Stephansplatz durch die Konstanzer Ordnungsbehörde hielt vor dem Verwaltungsgericht Freiburg nicht Stand. Die Stadtspitze um OB Burchardt scheint darob so erbost gewesen zu sein, dass sie Beschwerde gegen die juristische Entscheidung einlegte. Doch muss – auch nach ziemlich deutlichen öffentlichen Reaktionen – irgendjemand im Rathaus gedämmert haben, dass ein solches Vorgehen Gift für das Image einer Stadt wäre, die sich ihrer klimafreundlichen Politik brüstet. 

Anfang September jedenfalls ruderten die Verantwortlichen zurück und ließen die Klage fallen. Stattdessen, so gab eine städtische Mitteilung zu Protokoll, wolle der OB „das Vorgehen des Gerichts“ in einem Brief an die Landesregierung thematisieren. Das wäre gleich der nächste blamable Fehler, urteilt die Linke Liste Konstanz (LLK) und fordert die Stadtverwaltung „eindringlich“ auf, die Finger von einem solchen Schreiben zu lassen. Es würde den Eindruck erwecken, der Oberbürgermeister wolle die Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte untergraben. Die von den drei StadträtInnen der LLK gezeichnete Mitteilung veröffentlichen wir im Wortlaut.


Was ist passiert?

Die Gruppierung „Extinction Rebellion“ meldete am 11.7. für den 27.7. eine Versammlung auf dem Stephansplatz an, um gegen die Überflutung der Stadt mit Autos und den Flächenfraß für Parken zu demonstrieren. Damit wurden alle gesetzlichen Anforderungen an eine ordentliche Demonstrationsanmeldung eingehalten. Es waren weder Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erkennbar noch war absehbar, dass erforderliche Auflagen nicht eingehalten werden würden. Hierauf versuchte die Stadtverwaltung, zuerst ein Einvernehmen mit dem Versammlungsleiter über einen anderen Versammlungsort herzustellen. Nachdem dieser den Zweck der Veranstaltung gefährdet sah, verbot die Verwaltung am 25.7., zwei Tage vor dem geplanten Demotag, einfach die Versammlung – offensichtlich ohne jedwede Rechtsgrundlage.

Nicht mit dem VG Freiburg

Auf Antrag des Versammlungsleiters ordnete das VG Freiburg in einer Eilentscheidung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das Versammlungsverbot an und ermöglichte damit die Versammlung. Obwohl die Entscheidung und der Widerspruch des Versammlungsleiters noch vor 16 Uhr am Vortag der Demonstration bei der Stadt eingingen, hatte man bei der Stadt keinen Finger mehr gerührt. Stattdessen wurde – im Nachhinein – Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegt. Begründung: Das Gericht habe so spät entschieden, dass man ja nichts mehr hätte machen können. Deswegen müsse auch die Eilentscheidung rechtswidrig sein.

Fadenscheiniger Rückzieher

Auf öffentlichen Druck nahm die Stadt jetzt die Beschwerde zurück. Das Manöver wurde begleitet von einer durchsichtigen Pressemitteilung: Die Stadt garantiere selbstverständlich die Versammlungsfreiheit und man wolle keinesfalls mit juristischen Tricks Grundrechte beschneiden. Dennoch drängt sich der begründete Verdacht auf, dass man die Verantwortung für die gescheiterte Demo dem VG Freiburg in die Schuhe schieben möchte. Die Stadt schreibt hier: „[D]as Verwaltungsgericht Freiburg [hatte] die Stadtverwaltung in eine Situation versetzt, in der sie faktisch nicht mehr im Sinne des Urteils handeln konnte. Ziel der Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof war, feststellen zu lassen, dass die Entscheidung so kurzfristig nicht hätte ergehen dürften.“ Eine fadenscheinige Argumentation, blieb doch dem Gericht durch die Verbotsentscheidung erst zwei Tage vor dem Termin nichts anderes, als knapp zu entscheiden. Aus ihr spricht eher eine abschätzige Haltung gegenüber gerichtlicher Kontrolle. Die Ankündigung von OB Burchardt, wegen des Vorgehens des Gerichts ein Schreiben an die Landesregierung richten zu wollen, lässt keinen anderen Schluss zu.

Die Linke Liste Konstanz fordert hiermit den Oberbürgermeister dazu auf, die Stadt durch ein solches Schreiben nicht noch weiter zu blamieren und es zu unterlassen, sich in dieser Angelegenheit an die Landesregierung zu wenden. Besser, er würde endlich anfangen, Konstanzer Klimaziele umzusetzen und aus dem Klimanotstand greifbare Konsequenzen ziehen.

Anke Schwede, Simon Pschorr, Holger Reile


MM/jüg

Bild: Gefällt sich in der Rolle des Klimaschützers: Oberbürgermeister Uli Burchardt Anfang Mai bei einer Pressekonferenz anlässlich der Ausrufung des Klimanotstands in Konstanz (Foto: H. Reile).