„Biji Berxwedana Rojava!“
Es lebe der Widerstand in Rojava – so eine vielgerufene Parole der mehr als 300 DemonstrantInnen, die sich am gestrigen Donnerstag zu einer Kundgebung gegen den völkerrechtswidrigen Überfall der türkischen Armee auf die kurdischen Autonomieprojekte im nordsyrischen Rojava versammelten. Entsetzen, Wut und Empörung waren bei der vom Solidaritätsbündnis Rojava organisierten Veranstaltung auf der Konstanzer Marktstätte deutlich zu spüren.
Viele der mehrheitlich kurdischen DemonstrantInnen zeigten sich entschlossen, mit langem Atem dem neuerlichen Versuch des Autokraten Erdogan entgegenzutreten, den demokratischen Aufbruch im Norden Syriens zu vernichten.
Mehrere Redner hoben hervor, dass die Autonomieprojekte den Menschen in der vom Krieg zerstörten Region die Perspektive eines selbstbestimmten, friedlichen und würdevolles Leben bieten. Ein Vertreter des Solidaritätsbündnisses forderte zudem von der deutschen Bundesregierung, endlich Konsequenzen zu ziehen: Die enge wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit dem Unrechtsregime müsse beendet, Rüstungsexporte gestoppt und die strafrechtliche Verfolgung kurdischer Oppositioneller eingestellt werden.
Weitere Protestaktionen sind schon geplant. Bereits heute Abend will man sich um 18.00 Uhr wieder auf der Marktstätte versammeln. Und für Morgen, Samstag, 12.10., ist eine Demonstration angemeldet, die ab 13 Uhr vom Herosé-Park durch die Innenstadt zum Augustinerplatz führen soll.
Hinweis: Die kurdische Nachrichtenagentur ANF News berichtet laufend über die Geschehnisse in der Rojava-Region aber auch über weltweite Reaktionen auf und Protest- und Widerstandsaktionen gegen den völkerrechtswidrigen Krieg des faschistischen Erdogan-Regimes.
jüg (Text und Fotos)
Es ist wieder so ein beschaulicher deutscher Goldener Oktobertag. Niemand in Langenargen, Konstanz, Uhldingen-Mühlhofen oder Friedrichshafen wird sich vorstellen können oder wollen, wie es denn ist, wenn man von Kriegsverbrechern angegriffen, und die beschauliche Heimat zerstört, wird.
Selbst eine Terrorübung am kommenden Wochenende hat man aus dem Grund der Rücksichtnahme von Konstanz nach Stetten am kalten Markt verlegt. Da liegt der Verdacht nahe, man wolle die Einheimischen, in einer der Hauptregionen der deutschen Waffenproduktion, nicht unnötig in Panik versetzen. Der Presse konnte man entnehmen, dass man sich einen Gehörschutz bereitlegen sollte.
Aus dem Fernseher kommen die Bilder zerstörter Straßen und Häuser zu uns, nicht etwa ein Bildbericht wie es vor wenigen Tagen in den kurdischen Gebieten noch aussah. Nämlich gar nicht so anders vermutlich, als in mancher Bodenseegemeinde, einschließlich Blumen auf der Fensterbank, einem kleinen Garten hinter dem Haus und Hühnern die nach Futter suchen.
Nun wird mancher Leser zu der Meinung neigen, ist inzwischen eh schon alles zerstört. Aber in den Gemeinden vor Ort leben kurdische Menschen immer noch. Ebenso wie Christen die Schutz fanden vor den Mordbanden des IS. Viele Menschen, jetzt auf der Flucht, tragen Bilder mit sich herum.
Von Orten in denen sie gern gelebt haben, Wohnungen mit einer Küche, Teppichen oder einer gut bürgerlichen Sitzecke, einem Fernseher oder Internet. Wie aus dem Otto-Katalog könnte man meinen. Tee trinkend auf der Straße mit Nachbarn. Gemeinden, wiedererstanden aus Ruinen, mit Schule, Kindergarten, einem Gefängniscamp für IS – Terroristen, das auch Schutz für unsere Städte und Gemeinden garantiert – noch. Der Putz, die Farbe oft noch nicht einmal getrocknet.
Havrîn Khalaf wurde getötet, wie auch Filiz Aydemir, Kubar Hacizade oder Nevin Güngörmüş. Man kann ihnen in die Augen sehen, auf dem Internetforum https://anfdeutsch.com/frauen/drei-guerillakaempferinnen-in-amed-gefallen-14548 , ihre Biografien, etwas über ihr Lebenswerk erfahren oder aber auch das Auto waschen vor dem Haus, also einer deutschen Lieblingsbeschäftigung nachgehen und sich abwenden vom Leid der Welt. Zu dem deutsche Politiker, zahllose Gemeinderäte, Bürgermeister oder auch auch Kirchengemeinden schweigen.
Aus dem Südkurier, der Schwäbischen Zeitung, heute oder der Tagesschau vor dem Tatort werden wir jedenfalls nichts erfahren über diese Frauen, von einer arroganten Machtelite Terroristinnen genannt. Sie könnten, wie auf dem seemoz – Bild, als Demonstrantinnen gegen den Völkermord, vor der Konstanzer Seeapotheke als Gäste oder Zeitzeuginnen stehen. Unbewaffnet versteht sich. Wird Heiko Maas (SPD), der eben stolz verkündete, jetzt weniger Waffen an die Türkei zu liefern den 100.000 kurdischen Flüchtlingen in nächster Zukunft einen „sicheren Hafen“ bieten?
Gerade in der Bodenseeregion haben nach Kriegsende 1945 Flüchtlinge aus den Ostgebieten eine neue Heimat gesucht und nach entbehrungsreichen Jahren gefunden. Sie wurden oftmals eben nicht mit offenen Armen empfangen, sondern mussten sich, vielmals unter Verrichtung niedrigster und schwerster Arbeit, integrieren. Es waren nicht alles Nazis und Großgrundbesitzer die in angewärmte Betten schlüpften konnten nach dem Krieg. Die übrigens, wie die heutige Prinzengarde der Hohenzollern, auch nicht nach der Rückgabe alter Schlösser (Cecilienhof in Potsdam) oder Entschädigungsleistungen durch den deutschen Steuerzahler verlangen. Ich erwähne das, weil viele vom Naziregime unbelastete in Gemeinschaft mit heutigen Asyl suchenden, wichtige Beiträge für ein menschliches Miteinander erbringen. Im sicheren Hafen Konstanz und anderswo am See.