Kurzstreckentarif: Noch mehr Proteste
Seit Anfang Oktober gibt es das Kurzstreckenticket im Busverkehr – allerdings nur erhältlich für Fahrgäste, die den Fahrschein über eine App auf ihrem Smartphone buchen können. Die Linke Liste hat nun dagegen Beschwerde beim zuständigen Regierungspräsidium erhoben. Jetzt protestieren auch andere gegen die – man kann es nicht anders nennen – Borniertheit der hiesigen Stadtwerke und der zuständigen Entscheidungsträger. Wann kommen die Verantwortlichen zur Besinnung?
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Der Stadtseniorenrat schreibt in einer aktuellen Stellungnahme: „Es entstand in der Öffentlichkeit offensichtlich der Eindruck, der Stadtseniorenrat begrüße die jetzt getroffene Regelung zum Kurzstreckentarif. Richtig ist, dass wir seit langem einen Kurzstreckentarif gefordert haben. Wir befürworten auch die Möglichkeit, per Smartphone bezahlen zu können. Wir haben allerdings immer betont, dass es für eine längere Übergangszeit eine Möglichkeit geben muss, auch ohne Smartphone diesen Tarif zu nutzen. Das Argument, 90 Prozent der Bevölkerung besitze ein Smartphone, können wir nicht gelten lassen. Gerade bei den älteren Menschen ist die weite Verbreitung und erst recht die Nutzung des Smartphones nicht gegeben. Die augenblickliche Lösung diskriminiert eine erhebliche Anzahl von Bürgern und ist daher nicht hinzunehmen.“
Scharfen Protest in Richtung Rathausspitze formulierte kürzlich auch die Initiative „Lebendige Nachbarschaft“, die für überwiegend ältere BürgerInnen alle 14 Tage einen gut besuchten Mittagstisch anbietet. Vergangenen Mittwoch waren über 60 Gäste anwesend und das Thema Kurzstreckentarif erregte zu Recht die Gemüter. Von den anwesenden 60 Personen gaben nur 10 an, überhaupt ein Smartphone zu besitzen. Aber auch diese, so das ernüchternde Ergebnis, hatten die App nicht heruntergeladen. Unter anderem auch deswegen, weil sie keinerlei Lust verspüren, ihre Bewegungsprofile zugänglich zu machen oder Geldgeschäfte über ihr Smartphone zu regeln. Unterschriften gegen die Smartphone-Lösung wurden gesammelt und per Mail ans Konstanzer Rathaus geschickt. Versehen mit der klaren Ansage:“Wir fordern dringend, diese Entscheidung zu überdenken“.
MM/hr
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Der Betrieb von Bussen ist teuer?! Straßenbau und Straßenunterhalt sind z.B. viel teurer! Dazu all die negativen Folgen. Das kostet uns als Gesellschaft, als Menschheit mindestens: Lebensqualität.
Die Verfolgung von Schwarzfahrenden und das Einschalten und Walten der Gerichte … ist ebenfalls teuer!
Ja, eine einfache, unbürokratische, nichtdeutsche Lösung wäre es! 000-Tarife: Ein Gewinn für alle!
Es ist schon ein seltsames Phänomen in diesem, unserem Land. Wenn es die Möglichkeit gibt etwas besonders umständlich oder bürokratisch zu machen, dann ist das der deutsche Weg! 1€ kostet das Busticket in Radolfzell und ist dort , was man so hört, ein Erfolgsmodell! Das ließe sich noch toppen mit 0€ !!! Natürlich, Busse sind teuer, das Personal auch, das muss finanziert werden. Nun haben die Stadtwerke schon eine Kundenliste für die Müllabfuhr. Da muss doch auch jeder Bürger seinen Beitrag leisten. Das sollte sich doch ohne großen Aufwand anpassen lassen! Natürlich müsste das Kind dann einen anderen Namen bekommen. Kommunalgebühr, oder so.
Man stelle sich vor, keine Fahrscheine, keine Kontrolleure, keine kaputten Fahrscheinautomaten. Einfach einsteigen und gut!
Und ein Weg die vielen Autos aus der Stadt raus zu bekommen wäre das auch!
Es geht nicht um die Benachteiligung von „Senioren“ in diesem Fall, sondern von Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen kein Handy benutzen.
Bravo für die LLK, dass sie das Recht auf diese Ungleichbehandlung gerichtlich nachprüfen lässt!
Aber die Frage, wer in der Stadtverwaltung und warum überhaupt auf eine solch absurde Idee gekommen ist, ist damit noch nicht beantwortet! Das interessiert mich: Wie kann man sich so etwas überhaupt ausdenken, ohne dass die Warnanlagen rot blinken?
Angeblich soll die Begründung darin liegen, dass es darum geht, die Luftlinie anstelle der Anzahl von Stationen zu berechnen. Die Kurzstrecke bestehe aus einer Luftlinie von hier nach da, und die könne nur ein Computer berechnen. Eine Strecke mit dem Bus als Luftlinie berechnen? Stammt die Information vielleicht aus der Abteilung „schrill und schräg“ der Stadtwerke?
Diese „Neuerung“ der Stadtwerke ist schon daher abzulehnen, weil sie vom Komfort einfach schlecht ist. EIn Blick über die Landesgrenzen nach London hätte mal geholfen: Dort ist einfach in jedem Bus ein Kartenleser, wo man schnell seine Karte ranhält (dauert keine halbe Sekunde) und bei uns könnte man beim aussteigen dann auch einfach auschecken – Dann könnte man auch jeden beliebigen Nahverkehrstarif ausrechnen: Noch besser: Als Kunde muss man sich nicht mit den ganzen Tarifen rumschlagen, weil es wird automatisch das günstigste Ticket genommen, d.h. auch wenn man im Laufe des Tages mehrmals fällt wird dann am Ende nur ein Tagesticket abgerechnet. Und das beste: Das funktioniert per NFC, d.h. wer will kann es mit seinem Handy machen (wenn es das unterstützt und man Google oder Apple vertraut…), mit seiner Bankkarte oder wenn man das nicht will einfach eine Karte im EC-Kartenformat einmal holen (für bspws 10€, die dann gleich Guthaben sind) und fertig. Ironischerweise habne die Stadtwerke ja sogar schon eine Karte im passenden Format (kärtle für die Fähre).
Man müsste lediglich in den Bussen pro Eingang einen solchen Kartenleser installieren, dafür könnte man aber alle Kassenautomaten an den Haltestellen abbauen.
Und nicht nur wäre das für Senioren einfacher, da kein handy notwendig, es wäre auch für alle Touristen und Auswärtige einfacher (kein Studieren von Tarifinfos, einfach die eigene Bankkarte verwenden).
Man muss kein Senior sein um KEIN Smartphone für diese Zwecke zu benutzen. Selbst ich als Technik-Begeisterter „nicht Senior“ benutze im Alltag kein Smartphone. Für Geld-/Bezahlaktionen schon gleich gar nicht. Meine Lebensgefährtin ebenfalls nicht.
Ich habe prinzipiell nichts gegen die eingeführte APP. Ich habe aber etwas gegen die Ausgrenzung der nicht Smartphone-Benutzer!
Das Verhalten der Stadt & Stadtwerke zum Kurzstreckentarif nur für eine, in dem Fall eingegrenzte Personengruppe, halte ich für diskriminierend und untragbar.
…und falls es richtig ist, dass es stimmt, dass ohne Einwilligung, (sinnlose) Werbung ertragen zu müssen, das Kurzstreckenticket auch nicht erhältlich ist, geht das für mich schon gleich gar nicht.