Protest gegen Horrormieten in Konstanz

„Wir haben zu wenig wirksame Mittel gegen Mietwucher in Konstanz“, ärgert sich der Vorsitzende des Mieterbunds Bodensee, Herbert Weber. „Doch die Politik in Berlin lässt uns mit dem Problem allein.“ Immer wieder machen MieterInnen den Mieterbund auf massiv überhöhte Wohnungsangebote aufmerksam. Einer der Höchstwerte 2019 lag bei 26,21 Euro Warmmiete pro Quadratmeter in Petershausen. Ein Appartement im Paradies sucht derzeit für einen Preis von 22,08 Euro einen Mieter.

Der Mieterbund Bodensee hat den CDU-Bundestagsabgeordneten Andreas Jung jetzt um politische Unterstützung im Kampf gegen den Mietwucher gebeten. Hintergrund ist das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Mietrechts. Dort sollte nach den Plänen des Bundesjustizministeriums auch die Strafbestimmungen bei Mietpreisüberhöhung geändert werden.

Diese sind nämlich ein „stumpfes Schwert“ berichtet Mieterbund-Sprecher Winfried Kropp. Denn aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Mieter mittlerweile beweisen, dass Eigentümer trotz eindeutig überhöhter Mietforderungen die Mangellage am Wohnungsmarkt ausgenutzt haben. „Das ist nicht zu schaffen, daher zeigen wir Mietpreisüberhöhung wegen mangelnden Erfolgsaussichten gar nicht mehr an.“ Für den Mieterbund waren die Regierungsvorschläge ein maßvoller und gangbarer Vorschlag: Anstelle einer Strafvorschrift würde eine Mietpreisüberhöhung zivilrechtlich verboten und Mieter hätten einen Anspruch auf Rückforderung der zu viel gezahlten Miete. Unzulässig wären nach diesen Vorstellungen Mieten, die 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

Auch der Dachverband der baden-württembergischen Wohnungs- und Immobilienunternehmen (vbw) habe sich dieser Forderung angeschlossen, berichtet Kropp.
Der Mieterbund beklagt gegenüber Andreas Jung, dass viele Maßnahmen gegen extrem steigende Mieten oder Mietwucher am Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion scheitern. Dies sei allerdings ein schwerer Fehler: Wer öffentlich-rechtliche Maßnahmen wie einen Mietendeckel vermeiden wolle, müsse wirksam etwas gegen die rasanten Preissteigerungen unternehmen, appelliert der Verband. Nötig sei nicht nur die Neuregelung bei Mietwucher. In Städten wie Konstanz mit hoher Wohnungsnot müsse die Mieterhöhungsspielräume stärker beschränkt werden. Zehn Prozent Mieterhöhung in fünf Jahren sind genug, meinen die Vertreter des Mieterbunds.

MM/hr

Bild: MdB Jung (links) 2018 mit Mieterbund-Vorsitzendem Weber (Mitte) vor einem Vonovia-Gebäude in der Schwaketenstraße (Foto: Mieterbund Bodensee)

Mietwucher wirksam bekämpfen, Wirtschaftsstrafgesetz ändern, Mieterhöhungen begrenzen.

Sehr geehrter Herr Abgeordneter, lieber Herr Jung,

immer wieder wird der Deutsche Mieterbund Bodensee von Mietern auf Wohnungsangebote aufmerksam gemacht, deren Mietpreise weit überhöht sind. Zu viele – wenn auch bei weitem nicht alle – Wohnungsvermittler und Eigentümer nutzen die Mangelsituation am Konstanzer Wohnungsmarkt aus. So haben wir vor einiger Zeit ein kleines Appartement entdeckt, das zu einer Quadratmeter-Miete von 26,21 Euro angeboten wurde.

Gegen diesen Missbrauch wirtschaftlicher Macht auf dem Wohnungsmarkt richtet sich § 5 des Wirtschaftsstrafgesetzbuchs, der Mietpreisüberhöhung unter Strafe stellt. Aufgrund der Rechtsprechung findet diese Strafbestimmung keine Anwendung mehr, da ein Nachweis über den vorsätzlichen Missbrauch der Mangellage auf dem Wohnungsmarkt gefordert wird. Dieser ist für Mieter faktisch nicht zu erbringen.

Mittlerweile schließt sich auch der Verband der baden-württembergischen Wohnungs-und Immobilien-Unternehmen (vbw) der Forderung nach einer Reform des § 5 Wirtschaftsstrafgesetzes an. Aus gutem Grund: Der Ruf der seriösen Wohnungswirtschaft und insbesondere der vielen privaten Vermieter leidet durch skandalöse Praktiken einer ganzen Herde schwarzer Schafe auf dem Wohnungsmarkt.

Bislang scheitert die notwendige Reform des §5 Wirtschaftsstrafgesetz im Bundestag am Widerstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Dabei hatte das Bundesministerium der Justiz, unterstützt auch durch die Bayerische Staatsregierung, einen maßvollen, praktikablen und gangbaren Vorschlag erarbeitet, der die Mietpreisüberhöhung ins Bürgerliche Gesetzbuch integrieren würde. Mietpreisüberhöhung läge nach diesem Vorschlag bei einer Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um 20 Prozent vor. Die Strafvorschrift soll entfallen, stattdessen erhalten die betroffenen Mieter einen Rückforderungsanspruch.

Im Zuge der sehr emotionalen Diskussion um den Berliner Mietendeckel treten Vertreter der CDU/CSU als wortgewaltige Kritiker der Berliner Vorschläge zur Bekämpfung der Mietpreisexplosion auf.

Wir vermissen auf Seiten der Union – wenn man von Ihnen und wenigen anderen Vertretern absieht – jedoch jeglichen Einsatz für Mieter, die durch die steigenden Mieten aus den Städten verdrängt werden. Stattdessen erleben wir, wie alle Vorschläge blockiert oder im Gesetzgebungsverfahren beinahe bis zur Wirkungslosigkeit verwässert werden.

Wer landesrechtliche öffentlich-rechtliche Preisbremsen wie einen Mietendeckel ablehnt, muss die Schutzregelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch an die derzeitige Marktsituation anpassen und auf der Bundesebene handeln. Dazu zählen längere Betrachtungszeiträume für die ortsübliche Vergleichsmiete, eine abgesenkte Kappungsgrenze von zehn Prozent innerhalb von fünf Jahren und natürlich die erwähnte Reform des Wirtschaftsstrafgesetzes.

Gerne erläutern wir Ihnen unsere Positionen in einem persönlichen Gespräch, das auch Gelegenheit bieten würde, über aktuelle Entwicklungen bei Vonovia in Konstanz zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Herbert Weber | Winfried Kropp