Solibündnis spendet 10.500 Euro für Rojava

Nicht erst seit dem Beginn des völker­rechts­widrigen Angriffskriegs, den der türkische Staat zusammen mit dschihadistischen Milizen seit dem 9. Oktober gegen die Auto­no­mie­projekte in Nordsyrien führt, organisiert das Konstanzer Solidaritäts­bünd­nis Rojava Unterstützung für die Menschen, die dort seit 2012 einen basis­demo­kra­ti­schen Aufbruch wagen. Das Bündnis belässt es nicht bei Auf­klä­rung über die emanzipatorischen Gesell­schaftsprojekte und Protest gegen Erdogans Vernichtungsfeldzug: Rund 10.500 Euro haben die AktivistInnen jüngst an Hilfs­organisationen in der Region überwiesen.

Der Löwenanteil dieser Summe ist beim organisierten Verkauf landestypischer Speisen zusammengekommen, den die Bündnisaktiven zusammen mit einer kurdischen Frauengruppe auf die Beine gestellt hatten. Das Solidaritätsbündnis, zu dem sich nach dem Überfall von Erdogans Soldateska auf Afrin im Januar 2018 ortsansässige Deutsche und KurdInnen sowie syrische Geflüchtete zusammentaten, wollte internationale Solidarität praktisch machen. Deshalb beschloss man im Frühjahr, die üblichen Spendensammelaktivitäten um Essensverkäufe bei Veranstaltungen und Festen zu erweitern. Und so waren die Rojava-AktivistInnen seit dem Sommer bei verschiedenen Freiluftveranstaltungen dies- und jenseits der Grenze mit Essensständen präsent, an denen landestypische Leckereien wie Falafel, Hummus & Co offeriert wurden. Ob beim OpenSee-Festival im Konstanzer Stadtgarten, dem Kreuzlinger Stadtfest, beim Neuwerkfest oder dem Flohmarkt im Treffpunkt Petershausen: Stets fanden die syrischen und kurdischen Spezialitäten reißenden Absatz. Zubereitet wurden sie von einer Gruppe Freiwilliger, in der insbesondere Angehörige der kurdischen Frauengruppe mit großem Eifer zu Werke gingen.

Hilfe und Unterstützung für die Menschen in der Region ist nötiger denn je. Schon vor dem erneuten Überfall der Türkei hatte das bemerkenswerte Experiment, ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Ethnien und religiöser Minderheiten auf der Grundlage von Gleichberechtigung, Demokratie und Partizipation zu organisieren, mit den Hypotheken der syrischen Kriegswirren zu kämpfen. Nun sind alle Schrecken des Krieges wieder nach Rojava zurückgekehrt: Die Invasoren zerstörten von Beginn an gezielt zivile Infrastruktur, drangsalierten und vertrieben die Bevölkerung, töteten hunderte ZivilistInnen. Hunderttausende sind auf der Flucht vor den türkischen Bombardements und dem Terror der islamistischen Hilfstruppen. Und obwohl das Geschehen weitgehend aus den Schlagzeilen verschwunden ist, hält dieser Krieg gegen die Bevölkerung unvermindert an (siehe Kasten).

In dieser Situation ist internationale Solidarität ebenso dringend gefragt wie handfeste Hilfe, die das Elend zumindest etwas lindern kann. Die vom Konstanzer Solidaritätsbündnis angehäuften Mittel gelangten auf unterschiedlichen Wegen an den Ort des Geschehens. Einen Teil der Spendengelder überwies man an medico international Schweiz. Die renommierte medizinische NGO wiederum reichte sie an eine kurdische Partnerorganisation weiter, die sich im Kriegsgebiet um die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung bemüht. Der andere Teil floss an Heyva Sor a Kurdistanê, den Kurdischen Roten Halbmond. Der von Kobanê aus operierende Verein leistet in Rojava vielfach und vielfältig humanitäre Hilfe.

Auf der erfolgreichen Kampagne ausruhen wollen sich die Rojava-AktivistInnen angesichts der humanitären Katastrophe im Kriegsgebiet indes nicht. So wird schon über weitere Veranstaltungen und Aktionen nachgedacht, ebenso über eine bessere Vernetzung regionaler Solidaritätsgruppen. Und auch vom Essensverkauf will man nicht lassen. Zuletzt zeigte das Solibündnis vergangene Woche Präsenz an der Uni: An einem Stand verkauften Aktive Waffeln – für Rojava.

J. Geiger (Fotos: Heyva Sor a Kurdistanê e. V., Z. Blank-Antakli)

Klare Kante gegen Erdogans Angriffskrieg jetzt!

Linke-MdB Ulla Jelpke hat zusammen mit anderen PolitikerInnen und AktivistInnen am 19.11. eine an die Bundesregierung gerichtete Online-Petition gestartet.

Seit dem 9. Oktober 2019 führt der NATO-Staat Türkei einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Nord- und Ostsyrien. Die Angriffe der türkischen Armee und ihrer unter dem Feuerschutz von Leopard II-Panzern vorrückenden dschihadistischen Söldnertruppen dauern trotz der mit den USA und Russland vereinbarten Waffenstillstände unvermindert an. Dschihadistische Banden, darunter viele ehemalige Mitglieder des sog. Islamischen Staat (IS) und der Al Qaida, verschleppen und massakrieren Zivilisten, plündern Häuser und Läden in den besetzten Orten und verwüsten Kirchen. Gezielt wird zivile Infrastruktur zerstört, hunderte Zivilisten wurden getötet, hunderttausende Kurden und Araber, Christen, Muslime und Jesiden sind auf der Flucht.

Der US-Sonderbotschafter für den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) William V. Roebuck warnt in einem Memo an das US-Außenministerium vor einer „ethnischen Säuberung“ durch den NATO-Staat Türkei. Ziel sei es, die kurdische Bevölkerung zu vertreiben, um arabische Flüchtlinge aus der Türkei in das Gebiet umzusiedeln. Auch den assyrisch-aramäischen und armenischen Christen – Nachfahren der Überlebenden des jungtürkischen Völkermordes von 1915/16 – droht die endgültige Vertreibung aus Nord- und Ostsyrien.

Die Bundesregierung hat selbst eingestanden, dass der Krieg der Türkei gegen Nordsyrien völkerrechtswidrig ist. Wir fordern von der Bundesregierung daher, es nicht nur bei hohlen Phrasen zu belassen, sondern endlich klare Kante gegen den türkischen Präsidenten Erdogan zu zeigen.

Notwendig ist ein sofortiges und vollumfängliches Waffenembargo gegen die Türkei. Hermes-Bürgschaften für Türkei-Investitionen deutscher Unternehmen müssen eingefroren werden. Gegen die türkische Staatsführung müssen Sanktionen ergriffen werden. Wir erwarten zudem von der Bundesregierung, dass sie ihre Teilnahme an dem Syrien-Gipfel, zu dem die Türkei am Rande der NATO-Tagung am 3. und 4. Dezember in Großbritannien einlädt, absagt. Die Bundesregierung muss klipp und klar erklären, dass es von deutscher Seite keinerlei politische oder finanzielle Unterstützung für die türkischen Besatzungs-, Vertreibungs- und Umsiedlungspläne bezüglich Nordsyrien geben wird.

Erstunterzeichnerinnen und -unterzeichner: Leyla Acer, Ko-Vorsitzende der Mesopotamischen Konföderation (Kon-Med); Gökay Akbulut, MdB DIE LINKE; Elke Dangeleit, Ethnologin, Journalistin, Bezirksverordnete der Partei DIE LINKE in Friedrichshain-Kreuzberg v. Berlin; Martin Dolzer, Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft DIE LINKE; Dr. Rolf Gössner, Rechtsanwalt und Publizist; Ulla Jelpke, MdB DIE LINKE; Tahir Köcer, Ko-Vorsitzender der Mesopotamischen Konföderation (Kon-Med); Niema Movassat, MdB DIE LINKE; Norman Paech, Prof. em. für Verfassungs- und Völkerrecht; Cansu Özdemir, Ko-Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft; Helin Evrim Sommer, MdB DIE LINKE; Mehmet Tanriverdi, stellv. Bundesvorsitzender der Kurdischen Gemeinde Deutschland e.V.; Dr. Michael Wilk, Arzt/Autor

Die Petition kann hier unterschrieben werden.