Abschaffung des Heilpraktiker-Berufs?
In den letzten Jahren wurde intensiv über eine Reform des aus dem Jahr 1939 stammenden Heilpraktiker-Gesetzes diskutiert. Jetzt will das Bundesgesundheitsministerium juristisch prüfen lassen, wie die Qualität alternativer Heilmethoden verbessert werden kann. Alleine in Konstanz sind rund 60 HeilpraktikerInnen gemeldet .Womöglich soll dieser Berufsstand gänzlich abgeschafft werden, mutmaßt unser Autor.
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Dazu wurde die Ausschreibung für ein Rechtsgutachten veröffentlicht, das als Grundlage für weitere Entscheidungen dienen soll. Das erinnert an die historischen Umstände der Einsetzung dieses Gesetzes vor 80 Jahren – es sollte Patienten vor Kurpfuschern und Quacksalbern schützen und die Schulmedizin stärken.
Eine zentrale Kritik am geltenden Recht lautet, dass in der Zulassungsprüfung nur nachzuweisen ist, dass vom Behandler keine Gefahr für die Gesundheit der sie aufsuchenden Klienten ausgeht. Eine Ausbildung oder staatliche Prüfung über die angewendeten Heilmethoden, die klassischerweise die Qualifikation von Heilberufen kennzeichnen, ist im Heilpraktikergesetz nicht geregelt.
Immer wieder sind Fälle bekannt geworden, bei denen Menschen durch die Therapie eines Heilpraktikers geschädigt wurden. Vor drei Jahren starben drei Krebspatienten eines Heilpraktikers, der ihnen ein gefährliches, vermeintliches Krebsmittel auf fahrlässige Weise als Infusion gegeben hatte. Das Rechtsgutachten soll nun klären, welchen rechtlichen Gestaltungsspielraum der Gesetzgeber bei der Reform des Heilpraktikerrechts hat, um die Patientensicherheit zu stärken. Die Ausschreibung wirft die Frage auf, ob sich eine zukünftige Heilpraktikerausbildung hinsichtlich Dauer und Inhalten an der Medizinerausbildung orientieren müsse und ob und inwieweit es möglich wäre, Heilpraktiker von der Behandlung bestimmter Erkrankungen auszuschließen. Angebote für das Rechtsgutachten will das Bundesgesundheitsministerium bis Ende 2019 vorgelegt bekommen, nach sechs Monaten soll das Gutachten fertiggestellt sein.
Alternative Heilverfahren sind beliebt – laut dem Bund Deutscher Heilpraktiker praktizieren in Deutschland rund 47.000 Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker in Voll- oder Teilzeitpraxen. Allerdings ist das Spektrum der Behandlungsmethoden zwischen traditioneller Naturheilkunde und esoterischer Energieheilung überaus vielfältig und undurchsichtig. Der Heilpraktiker-Markt gleicht der Psychoszene der 1990er Jahre. Durch ein lange diskutiertes Psychotherapeutengesetz wurde 1999 die Qualität der psychotherapeutischen Versorgung durch die Begrenzung auf sog. Richtlinienverfahren verbessert. Es ist zu hoffen, dass der Gesetzgeber auch bei den alternativen Heilmethoden Wege findet, sowohl die Patientensicherheit zu schützen als auch die freie Arzt- und Therapiewahl zu gewähren.
Dr. Michael Utsch
Wenn man schon auf die historischen Umstände der Einsetzung eines Gesetzes vor 80 Jahren, 1939, verweist, dann sollte man redlicherweise auch erwähnen, dass im Herbst 1938 mehr als 3.000 jüdische Ärzte ein Berufsverbot erhielten. Dass das Gesetz die Schulmedizin stärken sollte, erscheint vor diesem Hintergrund eher fragwürdig. War es nicht eher so, dass die alternativen Heiler diese Ärzte ersetzen sollten?