Baumfrevel in Konstanz: Zum Jahresende günstiger

Sie wollten schon immer die Baumkronen vor Ihrem Fenster kappen, weil Ihnen das lästige Geäst den Blick verstellt? Bislang haben Sie davon abgelassen, weil Sie befürchteten, derlei Tun führe zu saftigen Geldstrafen? Alles Mumpitz, greifen Sie umgehend zur Säge und vergessen Sie alle Befürchtungen dieser Art, denn in Konstanz kostet es nur noch ein Nasenwasser, wenn man sich an Bäumen vergreift. Wie folgendes Beispiel belegt.

Vergangenen April ließ der Unternehmensberater Richard Ramdohr im Garten des „Cafe Zeitlos“ am Stephansplatz, ihm gehört die Immobilie, die schattenspendenden Kronen dortiger Bäume umsäbeln (siehe Bild). Daraufhin ermittelte die zuständige Behörde gegen Ramdohr „wegen des wesentlichen Veränderns/Zerstörens eines geschützten Kirschbaums beim Bürgeramt, Abteilung Bußgeld“. Auch das Landratsamt wurde wegen eventueller Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz (Schnittverbot und Artenschutz) von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt, denn die Empörung bei der Bürgerschaft war groß. Ramdohr war sich keiner Schuld bewußt: „Ich musste handeln, denn die Bäume waren von Efeu überwuchert“.

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Auf seemoz-Anfrage erklärte Bürgeramtsleiterin Anja Risse kurz darauf, man könne davon ausgehen, „dass wir begangene Verstöße (…) angemessen ahnden werden“. Die Sache zog sich, auch der Südkurier berichtete. Auf eine erneute Anfrage, was denn nun das eingeleitete Bußgeldverfahren ergeben habe, antwortete Anja Risse in sperrigem Amtsdeutsch: „Der Inhalt einer Bußgeldakte in einem gegen eine bestimmte Person gerichteten Bußgeldverfahren, und zu diesem Akteninhalt gehört auch die Höhe der gegebenenfalls festgesetzten Geldbuße, unterliegt dem Schutz des Landesdatenschutzgesetzes (…), da es sich um personenbezogene Daten handelt. (…) Die Voraussetzungen für eine Übermittlung dieser Daten (…) sind nicht gegeben, es sei denn, Herr Ramdohr würde sein schriftliches Einverständnis dazu erteilen“.

Klartext: Die Bürgeramtschefin weigerte sich standhaft, der interessierten Öffentlichkeit mitzuteilen, in welcher Höhe ein Bußgeld erlassen wurde. Eine Nachfrage bei Ramdohr war da erfolgreicher. Er habe das Bußgeld von 200 Euro (!) längst überwiesen und damit sei die Sache für ihn erledigt. Was lernen wir daraus? Die Baumschutzsatzung, die bei Attacken gegen die Botanik empfindliche Bußgelder androht, ist wohl eher ein ziemlich zahnloser Papiertiger.

H. Reile (Text und Foto)