Krieg beginnt hier – Protest gegen Waffenschmiede Diehl Defence

Vor den Werkstoren der Firma Diehl Defence in Überlingen demonstrierten am Samstag rund 100 Menschen gegen Waffengeschäfte deutscher Unternehmen. Redner der ver­an­staltenden Gruppen, darunter das Konstanzer Solidaritätsbündnis Rojava, der Lindauer Verein „Keine Waffen vom Bodensee“ und Die Linke, forderten neben einem sofortigen Waffenembargo gegen die Türkei auch den generellen Stopp von Rüstungsexporten. Anlass für die Protestaktion war der Krieg der Türkei gegen die kurdischen Autonomie­pro­jekte im nordsyrischen Rojava.

„Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“ war eine der immer wieder angestimmten Parolen bei dem Demonstrationszug, der von Diehl aus entlang des Seeufers in die Überlinger Innenstadt führte. Sie bringt auf den Punkt, was die TeilnehmerInnen am Samstag trotz stürmischen Wetters auf die Straße trieb: Die Produktion von Mordinstrumenten, mit deren Export in der Region rund 20 Firmen im Wortsinn bombensicher Profite realisieren.

Beim Auftakt vor den Werkstoren des größten Unternehmens der Kleinstadt am Nordufer des Sees erinnerte ein Redner des Rojava-Solidaritätsbündnisses daran, dass im Krieg des Erdogan-Regimes gegen Städte und Dörfer in Nordsyrien auch viele Waffen aus deutscher Produktion zum Einsatz kommen. Damit beteiligten sich die Herstellerfirmen, unterstützt von der Bundesregierung, an Erdogans verbrecherischem Versuch, die fortschrittlichen Gesellschaftsprojekte zu zerstören. Mit Blick auf das Arbeitsplatzargument, mit dem solche Geschäfte häufig gerechtfertigt werden, forderte er auf, sich den umgekehrten Fall vorzustellen. Wohl niemand am Bodensee werde Verständnis dafür aufbringen, wenn die Autoritäten einer vergleichbaren Stadt in Nordsyrien das Abfeuern von Raketen und Bomben auf Überlingen mit dem Verweis auf „sichere Arbeitsplätze“ rechtfertigen würden.

In die gleiche Kerbe hieb später bei der Abschlusskundgebung in der Innenstadt Lothar Höfler vom Verein „Keine Waffen am Bodensee“: Er beklagte eine Kultur des Schweigens und Wegschauens, weil die Waffenindustrie als Wohlstandsgarant gesehen werde. Niemand sei aber in der wohlhabenden Region gezwungen, für Rüstungsunternehmen wie Diehl zu arbeiten, ist der Friedensaktivist überzeugt. Wenn sich rund um den See trotzdem „einer der größten, wenn nicht der größte Rüstungs-Cluster“ Deutschlands zusammenballe, sei das der Beweis, dass man „aus der eigenen Vergangenheit nichts gelernt hat“. Es dürfe aber nicht hingenommen werden, dass der wirtschaftliche Wohlstand am Bodensee mit dem Tod von Menschen weltweit erkauft werde. Höfler kritisierte insbesondere auch die Politik, die der Rüstungswirtschaft zu Diensten sei und mit Bundeswehr-Auslandseinsätzen selbst auf kriegerische Lösungen setze. Wenn ein Staat, „mit einem Grundgesetz, das den Einsatz militärischer Gewalt nur für die Landesverteidigung“ erlaube, so agiere, „kann etwas nicht stimmen“.

Auch ein Linke-Vertreter griff die staatliche Genehmigungspraxis für die Ausfuhr von Militärgütern scharf an. In diesem Jahr steuerten die Rüstungsexporte auf ein neues Rekordhoch von 7,4 Milliarden Euro zu, die kriegführende Türkei sei dabei „klar die Nummer eins der Empfängerländer“. Die von der Regierung behauptete restriktive Handhabung der Ausfuhr von Rüstungsgütern sei nur eine „hohle Phrase“. Von knapp 10.000 Anträgen zwischen dem 1. Januar und dem 31. Oktober seien gerade mal 56 abgelehnt worden – „Wer bei dieser Regierung einen Waffenexport beantragt, bekommt ihn auch genehmigt“, so der Linke-Vertreter.

Wie die anderen Kundgebungsredner forderte er ein sofortiges, umfassendes Waffenembargo gegen die Türkei. Darüber hinaus sei ein generelles Verbot von Rüstungsexporten nötig. „Dieses obszöne Geschäft mit Tod und Gewalt muss endlich aufhören“. Stattdessen brauche es Investitionen für eine Umstellung der Produktion bei den Rüstungsproduzenten auf sinnvolle zivile Güter.

jüg (Text und Fotos)